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[00:00:01]

Eine gewaltige Explosion reißt 13 Menschen in den Tod. Also wenn ich damals nicht etwas länger vor so einem wilden Karussell stehengeblieben wäre, dann wäre ich möglicherweise nicht mehr am Leben. Mein Name ist duelliert, Marischka. Ich arbeite bei Antenne Bayern in der Nachrichtenredaktion und das Oktoberfestattentat ist auch Teil meiner ganz persönlichen Geschichte rechtsextremer Terror auf der Theresienwiese. Die Bilder von damals bleiben immer in meinem Kopf. Heute, vier Jahrzehnte später, gibt es noch immer unzählige Fragen.

[00:00:33]

Ich bin Christoph Lemmer. Ich begleite Giulietta durch diesen Podcast und begebe mich auf Spurensuche. Denn es wurden Beweise vernichtet und Zeugen ignoriert. Was wussten Geheimdienste und Spitzenpolitiker? Der schwerste Anschlag in der Geschichte der Bundesrepublik 40 Jahre. Ein trauriger Jahrestag. Geheimakten Oktoberfestattentat. Ein Podcast von Antenne Bayern. Episode 2. Freitag, der 26. September 1980. Wie lange ist das schon wieder her? Und trotzdem sehe ich einige Bilder noch ganz genau in meinem Kopf. Immer noch irre ich in dem Bereich herum, den die Polizei abgesperrt hat.

[00:01:18]

Rund um den Tatort. Mir geht's gut. Ich habe nicht mal eine kleine Schramme abbekommen. Viel schlimmer geht's den Menschen, die überall auf dem Boden liegen, um mich herum. Ich stehe plötzlich in einer kleinen Gruppe, die bei einer verletzten Frau kniet. Daneben liegt, starr vor Schreck und ebenfalls blutend. Ein großer Schäferhund, der seinen Kopf auf den Boden drückt. Ein Mann spricht mich an, ob ich mich bitte um seinen Hund kümmern könnte. Er selbst müsse bei seiner verletzten Frau bleiben und sein Kind suchen.

[00:01:47]

Ich glaube, er sprach von seiner Tochter, die auch irgendwo liegen muss. Der Mann drückt mir seine Visitenkarte und 50 Mark in die Hand und dann hebt er mir dieses riesen Tier auf den Arm. Der Hund hält total still, wehrt sich nicht und lässt alles mit sich geschehen. Ich habe zu der Zeit selbst einen großen Schäferhund. Den hätte ich nie tragen können. Viel zu schwer. Unglaublich, welche Kräfte man entwickelt, wenn es darauf ankommt.

[00:02:13]

Überraschend schnell wurden die Ermittlungen zum schlimmsten Terrorattentate der deutschen Nachkriegsgeschichte eingestellt. Das Ergebnis war bequem. Der 21 jährige Geologie Student Gundolf Köhler aus Donaueschingen habe alles allein gemacht, den Plan geschmiedet, die Bombe gebaut, den Anschlag verübt, sich selbst versehentlich mit in die Luft gesprengt, zufällig eine Woche vor der Bundestagswahl. Die abgerissene Hand eines Möglichen mit Täters wurde vernichtet, bevor man DNA-Spuren sichern konnte. Und sie waren nicht das einzige Beweisstück, das den Ermittlern abhanden kam.

[00:02:48]

Es fehlten zum Beispiel auch Dutzende Zigarettenkippen aus dem Auto, mit dem Gundolf Köhler von Donaueschingen nach München gefahren war.

[00:02:56]

Sechs unterschiedliche Marken, mutmaßlich erst kurz vor dem Anschlag geraucht.

[00:03:02]

Das Auto gehörte Köhlers Vater. Der war Nichtraucher und hatte verboten, dass in seinem Auto geraucht wird. Als Zigarettenstummel klebt Speichel Speichel mit DNA Fragmenten. Man hätte herausfinden können, wer diese Zigaretten geraucht hat. Hätte, wenn die Kippen nicht auch verschwunden wären.

[00:03:20]

Verrückt? Oder hat sich da jemand bemüht, Spuren zu verwischen? Jemand, der mächtig genug war und dazu in der Lage? Jemand, der nicht wollte, dass die Hintergründe aufgeklärt werden. Jemand, der nicht wollte, dass Hintermänner Köhlers gefunden werden. Oder jemand, der Verschwörungstheorien befeuern wollte.

[00:03:41]

Max Yusef Strauß ist einer von denen, die diese Frage nie losgelassen hat.

[00:03:46]

Nur stimme ich der These nicht zu, dass das alleine die Rechtsradikalen waren. Das ist für mich ich glaube, dass es eine Involvierung der DDR und deren Auslandsgeheimdienst gibt.

[00:04:00]

Gibt es irgendetwas, was sie dazu bringt zu dieser Vermutung?

[00:04:05]

Es ist relativ einfach. Das war ein perfekter Mord. Ich glaube nicht, dass es bei den Rechtsradikalen und bei Köhler selbst dem Attentäter selbst das technische Know how gab, eine Bombe zu erzeugen, die mit Sicherheit den Täter auch tötet. Ein Beweis dafür gibt's nicht, sagt Max Josef Strauß auch selber. Freilich ein Beweis für eine andere Version gibt's auch nicht. Also wie könnte das gewesen sein?

[00:04:38]

Für mich ist die Frage nicht zu beantworten Hat die die Professionalität, so eine Bombe zu bauen, die die Stadt Spuren perfekt verschleiert hat? Sie hatten einen Attentäter, der garantiert nicht Selbstmord begehen wollte. Der ist es, der mit Sicherheit selber die Bombe nicht so gebaut hat, dass er selber umkommt. Schlagendes Argument der macht eine Woche vorher noch einen Bausparvertrag, obwohl er finanziell knapp war. Und sollte auch noch. Ja, ja. Also das ist die Zukunft zu irdische Zukunftshoffnung schlechthin.

[00:05:14]

Ja und dann gibt's ja diverse andere Anzeichen.

[00:05:17]

Auch Sanger sagen alle Ja, wieso zündet der eine Bombe vor, der von der Bauart her er selber beim Zünden umkommen muss? Die Frage kann bis jetzt niemand richtig beantworten. Dann sage ich nur Okay, wer kann da der Täterkreis an? Welcher Profi kann das sein? Und da ist natürlich die Hoffer auf die erste Adresse.

[00:05:40]

Muss aber klar sagen Meine Theorie und so weiter hat den Nachteil, dass unter anderem auch durch den nachlässigen Ermittlungen in der ganzen Angelegenheit und die Fokussierung auf diese ein Täter theoria ist, hierfür keine Tatsachen gibt, die man, die man in irgendeiner Form also keine harten Tatsachen hat. Das sind jetzt Schlüsse, die ich ziehe. Die und natürlich ist es auch so gewesen, dass die schlimmsten Taten des DDR Auslandsgeheimdienst der HV A mit Sicherheit schon ganz am Anfang vernichtet wurden und zwar mit entsprechender Gründlichkeit vernichtet wurden.

[00:06:20]

Strauß vertritt freilich eine Außenseiter Theorie. Ermittler, Nebenkläger, Autor Chaussy und auch der heutige bayerische Innenminister Joachim Herrmann halten das Wisen Attentat für das Werk eines oder mehrerer Rechtsextremisten.

[00:06:34]

Wir haben eine klare Erkenntnis Gundolf Köhler hat wohl klar auch aus rechtsextremistischen Motiven heraus diesen Anschlag begangen. Die Fragen, ob er dabei Mittäter hatte und ähnliches konnten nicht abschließend beantwortet werden. Jedenfalls gibt es keine Belege dafür, keine wirklichen Beweise. Insofern bleibt die Frage des Einzeltäters zunächst einmal im Raum.

[00:07:04]

Keine Ahnung, wie ich das jetzt schaffe, aber ich gehe mit diesem großen Schäferhund auf dem Arm an der Absperrung entlang und frage ein paar Menschen, ob sie mir helfen können. Alle starren mich nur erschrocken an oder drehen sich weg. Kaum einer antwortet Dem Tier läuft das Blut hinten am Bein runter. Zwei Polizisten heben die Plastik Absperrung hoch, um mich durchzulassen und nehmen uns mit. Der blutende Hund in Schockstarre und ich auf dem Rücksitz in einem Polizeiauto mit Blaulicht bringen sie uns zur Tierklinik am Englischen Garten.

[00:07:33]

Die Schranke ist zu.

[00:07:34]

Über die Gegensprechanlage will uns der Nachtfahrt nicht reinlassen. Er hat noch nichts von einer Explosion auf der Wisen gehört. Facebook, Internet all das gibt's ja noch gar nicht. München hat von dem Attentat noch nichts mitbekommen. Erst als die zwei Polizeibeamten die Sirene an ihrem Auto aufheulen lassen, geht die Schranke hoch. Der Notdienst bringt den Hund sofort in den OP ein. Bomben Splitter hat ihn offenbar am hinteren Oberschenkel getroffen. Aber es scheint nicht allzu schlimm zu sein. Die Tierärzte beruhigen mich und schicken mich heim.

[00:08:03]

Rechtsextremisten. Rechtsradikale Täter Gundolf Köhler war Rechtsextremist, Wehrsportgruppe Hoffmann. Bei denen hatte er zu tun.

[00:08:14]

Es wird Zeit, sich mit der militanten Szene der damaligen Zeit zu beschäftigen und einem Mann, der jahrelang als Deutschlands militantes Der Nazi galt. Karl-Heinz Hoffmann, der, der die Wehrsportgruppe gründete, eine Gruppe, die wenige Monate vor dem Attentat von der Bundesregierung verboten wurde, gegen den Willen der damaligen bayerischen Regierung unter ihrem Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß. Heute sieht man, dass in München nachträglich als Fehler, sagt der jetzige Innenminister Joachim Herrmann.

[00:08:46]

Man muss heute auch klar sagen, dass auch in der Bewertung der Wehrsportgruppe Hoffmann, wie intensiv die Verbindungen zu Gundolf Köhler auch war, sicherlich auch damals 89 in Bayern Fehler gemacht wurden. Franz-Josef Strauß war ein großartiger Ministerpräsident, aber auch in der politischen Bewertung dieser Werte Sportgruppe In der Gefährlichkeit hat er sich ganz eindeutig geirrt. Der Bundesinnenminister Baum hat die Wehrsportgruppe Hoffmann im Frühjahr 1980 verboten. Und das war richtig so. Und wir müssen ja vor allen Dingen sehen Ja, nur einen relativ kurzen Zeitraum.

[00:09:26]

Nach diesem Oktoberfestattentat ist er dann im Dezember 1980, dieser schreckliche Mord an Shlomo Lewin und Frieda Peschke in Erlangen verübt worden. Da war dann die Zuordnung klar ein Täter, der unmittelbar aus der Wehrsportgruppe Hoffmann stammte, der dann auch später selbst zu Tode kam. Und da muss man natürlich insgesamt schon sehen, was hier rund um jedenfalls diese Wehrsportgruppe Hoffmann sich offensichtlich an ja auch hochgefährlichen Entwicklungen in puncto Rechtsextremismus und brutaler Gewalt entwickelt habe.

[00:10:10]

Dass die Staatsregierung das damals, 1980, noch nicht so sah, das ist heute unumstritten. Anwalt Dietrich sieht darin eine der Gründe für die schwierigen Ermittlungen und die vielen bis heute ungeklärten Details.

[00:10:25]

Politisch wird organisierter Rechtsradikalismus in Deutschland, speziell in Bayern, nicht gern gesehen. Das war so damals selbst diese hochgefährliche Gruppe. Hoffmann wurde von Strauß und Tandler und allen anderen systematisch verharmlost als Spinner, die mit Holz warfen und mit Uniform im Wald trainieren. Wenn sie das wollen, sollen sie das machen. So wurde es gesagt. Und wenn es wirklich organisierten Rechtsradikalismus in Deutschland geben sollte, dann sind das Gruppen, die vom KGB oder aus der DDR finanziert oder initiiert wurden.

[00:11:02]

Das war die gängige Einschätzung bzw. auch die Handlungsanweisung für die einzelnen Polizeistationen oder Staatsanwaltschaften, wie man gegenüber Rechten vorgehen soll, nämlich anders als bei den Linken. Bei Linken war es immer der. Der Zusammenhang. Die. Die. Die Gruppenzugehörigkeit. Die kriminelle oder terroristische Vereinigung. Kann man dutzende von Beispielen. Wenn bei Rechten war es immer der verwirrte Einzeltäter, die Amok tat mit Privaten privat, mit privater Motivation. Und das deswegen beispielsweise auch gerade in Bayern, aber auch in anderen Bundesländern, weil man vorher immer gesagt hat, es gibt in Deutschland oder in Bayern keinen organisierten Rechtsradikalismus.

[00:11:56]

Inzwischen ist auch in der Tierklinik große Hektik ausgebrochen. Als ich rausgehe, steht da ein Pferd, ein Schimmel. Ganz ruhig, aber mit weit aufgerissenen, panischen Augen und einem Golfball großen Loch in der Seite. Kein Blut.

[00:12:11]

Der Schimmel hatte mit seinem Kutscher vor dem Haupthaus Gang der Wiesen auf Kunden gewartet, als die Bombe hochging. Irgendwo habe ich später gelesen, dass das Pferd nicht mehr gerettet werden konnte. Ich habe keine Ahnung mehr, wie ich an diesem Abend nach Hause gekommen bin.

[00:12:27]

Bombenleger Köhler habe die anstehende Bundestagswahl manipulieren wollen, sagen die Behörden heute. Sollte Köhler Hintermänner gehabt haben, dann gelte das für die natürlich auch. Und genau darum, sagt der Rechtsextremist Hoffmann habe ja eben gerade kein Motiv gehabt.

[00:12:45]

Jeder wusste doch, dass mir die Demokratie sozusagen am Arsch vorbeigeht. Mich haben doch die Wahlen überhaupt nicht interessiert. Ich war nie in einer Partei. Ich habe nie für eine Partei Stellung genommen, schon gar nicht für den Strauß. Wer bin ich denn? Und der Köhler, wenn er denn der Rechtsextremist gewesen wäre, dann hätte er doch an einem Wahlergebnis auch kein Interesse gehabt.

[00:13:10]

Was ja aufschlussreich ist. Da antwortet der Wehrsportgruppe Hoffmann für seinen toten Kameraden Köhler quasi gleich mit, von dem er sich irgendwie immer zu distanzieren versucht habe, der halt nur vereinzelt mal bei ihm bei Sport Übungen dabei gewesen sei, der vielleicht gern mehr gewesen wäre, den er Hoffmann aber nicht gelassen habe.

[00:13:30]

Köhler hat mir irgendwann mal auch lange zurückliegen einen Brief geschrieben und hat sich erboten, in seinem Heimat Bereich eine Wehrsportgruppe aufzubauen. Ja, das ist natürlich eine tolle Sache. Nein, ist es nicht, weil man meine Antwort verschweigt. Ich habe sofort geantwortet Habe ich jetzt. Kommt nicht in Frage. Ich will das nicht. Das gehört doch dazu. Und das ist die Schweinerei an der Janze. Und das haben sie immer so gemacht.

[00:13:59]

Haben Sie vor diesem Schreiben, das Sie dem Köhler geschickt haben, noch eine Kopie, aber jedenfalls nicht griffbereit.

[00:14:05]

Nein, eigentlich nicht. Ich habe das nicht. Aber die Behörden haben es.

[00:14:13]

Die nächsten Tage sind die Nachrichten voll. 13 Menschen sind gestorben. Zu den vielen Verletzten zählt auch meine Freundin. Nachdem wir Kitty geholfen und uns dann aus den Augen verloren hatten, musste sie mit einem Schock in einem Krankenwagen versorgt werden. Die Jungs hatten Gott sei Dank nichts abbekommen. Sie haben im Gegensatz zu mir sehr schnell gerafft, dass es eine Explosion gab und sich dann in Sicherheit gebracht, bevor vielleicht noch mehr passiert. Später haben wir ihr lange bei Kerzenschein zusammengesessen und versucht zu verstehen.

[00:14:41]

Und jeder von uns hat sich Vorwürfe gemacht. Zu wenig gefühlt, zu viel gefühlt, nicht geholfen oder falsch geholfen. Nicht cool genug gewesen zu sein oder zu cool. Merkwürdig, wie man bei sich selbst die Schuld sucht, wenn man etwas nicht begreifen kann.

[00:14:57]

Ein paar Tage vergehen. Der Alltag hat mich wieder. Meine Teenager Welt rückt sich fast wieder ein bisschen gerade die 50 Mark, die mir der Hundebesitzer in die Hand gedrückt hatte, die werden in der Schule in der Umkleidekabine beim Sportunterricht geklaut. Und deshalb drücke ich mich auch davor, mich bei dem Mann zu melden. Eigentlich hätte ich gerne das Geld zurückgegeben. Und es ist mir peinlich, dass es jetzt nicht mehr habe. Aber irgendwann rufe ich doch an, freue mich, ihm sagen zu können, dass es seinem Hund gut geht und erwarte eine ebenso gute Nachricht, als ich mich nach seiner Frau und seinem Kind erkundige.

[00:15:28]

Und es ist erst dieser Moment, indem er die ganze Katastrophe wirklich bewusst wird, indem aus Opferzahlen Schicksale werden.

[00:15:37]

Der Mann, dem ich die gute Nachricht über seinen Hund überbringe, ringt nach Worten. Sein Kind hat den Anschlag nicht überlebt, zeigte mir und seine Frau ist schwer verletzt. Wie verabschiedet man sich nach so einem Telefonat? Alles Gute! Wie grotesk die Ermittlungen liefen, während die Opfer gerade begraben waren oder überhaupt begannen, den Schrecken zu verarbeiten. Wie aberwitzig gerade Geheimdienstler vorgingen, das zeigt das Beispiel von Hans Langemann. Langemann war Abteilungsleiter im bayerischen Innenministerium und Chef des Landes Verfassungsschutzes.

[00:16:21]

Langemann lebt schon lange nicht mehr. Aber jeder, der sich mit dem Wisen Attentat näher beschäftigt hat, kennt seinen Namen auch Autor Ulrich Chaussy.

[00:16:30]

Dr. Hans Langemann war ein Agent des BND, der dann zur Olympiade wechselte wurde der Sicherheits als Beauftragter der Olympischen Spiele und dann wechselte er ins bayerische Innenministerium als sogenannter Staatsschutz Chef. Das hieß, er war der politische Aufseher des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz.

[00:16:57]

Schon gleich nach dem Anschlag lag der Verdacht nahe, dass der Bombenanschlag politisch motiviert sein könnte. Über ein Behoerden weites Daten Netzwerk stieß Langemann auf den Namen Gundolf Köhler. Erste Informationen über Köhlers rechtsextreme Gesinnung und seine dubiosen Kontakte zu Hoffmann.

[00:17:15]

Daraufhin ist das Verfahren überhaupt erst vom Generalbundesanwalt, also vom obersten politischen Staatsanwalt, der für Extremismus Taten allein zuständig ist, an sich gezogen worden. Und das erste, was der gesagt hat absolute Nachrichtensperre.

[00:17:36]

Dass die dann von dem von dem Staatsschützer gebrochen wird, das ist schon merkwürdig.

[00:17:45]

Denn Langemann gab ausgewählten Reportern Tipps, etwa einer Illustrierten, die heute nicht mehr existiert. Die Quick ein eher krawallig Scandal Blatt Langemann verriet Reportern Köhlers Namen und die Namen und Anschriften seiner Familie und seiner Freunde. Im Nu waren die Journalisten vor Ort. Alle Namen waren schlagartig öffentlich bekannt. Jeder aus Köhlers Umfeld konnte sich ausrechnen, dass die Polizei demnächst bei ihm erscheinen würde. Wer etwas zu beseitigen hatte, der hatte jetzt die Gelegenheit dazu. Ausgerechnet Geheimdienstmann Langemann hatte dafür gesorgt.

[00:18:26]

Max Josef Strauß, der Sohn des damaligen bayerischen Ministerpräsidenten, kannte Langemann, erinnert sich Also ich habe ihn ein paarmal Grüß Gott gesagt.

[00:18:39]

ZAD tat fürchterlich verschwörerisch auf und mit dem höheren Wissen ausgestattet. Und er hat in gewissen Abständen immer irgendwelche geheimen Unterlagen bei meinem Vater durch persönliche Übergabe sozusagen abgegeben. Ja, sag ich bei meinem Vater. Diese persönliche Übergabe fand bei uns zu Hause statt. Sprich der tauchte dort auf. Ja, und das war schon fast Slapstick artigen, sich so ein Film zu vorstellen. Wie sieht ein Geheimdienstler aus? Das hat ja alles so gut auf Böhle erhofft. Es hat alles so viel.

[00:19:16]

Immer so verschwörerisch auftreten. Und hat dann irgendwo irgendwelche Unterlagen in die Hand gedrückt. Diese Unterlagen. Ich hab einfach mal reingeschaut. Aber ich hab da nicht weiter. Ich glaube an die Inhalte keine Erinnerung mehr, weil sie einfach so bedeutungslos wurden. Und mein Vater hat sich in meiner Gegenwart mehrfach sehr abfällig über den Langemann geäußert, der wohl auf Betreiben des früheren Finanzministers Huber ins Innenministerium gekommen ist. Auf etwas merkwürdigen Wegen, der dann leider ist Sicherheitsabteilung und aus dieser dann wiederum die die Ermittlungen übernommen hat und der Langemann selber wohl ziemlich weit im weit rechten Spektrum zuzuordnen.

[00:19:58]

Aber nicht im Sinne einer Wehrsportgruppe, sondern eher so, so. So wie die italienische Freimaurerloge Pädo wirklich ist. Das war so eher. Er wäre so eher seine geistige Richtung gewesen. Es ist sicherlich nicht mit dem. Mit diesem primitiven Sport. Hoffmann und. Ich weiß nicht, was da insgesamt gelaufen ist. Es gibt nur einen Grundwiderspruch. Sag ich nochmal. Die Bombe war zu professionell gemacht und sie hat den Attentäter getötet. Dasselbe garantiert nicht sterben wollte bei der Aktion.

[00:20:34]

Diesen Widerspruch hat nur keiner aufgelöst. Lange Jahre verdränge ich den Anschlag, wenn überhaupt, rede ich darüber, wie über eine spannende Episode in meinem Leben. Aber wenn es irgendwo knallt, wenn ein Militär Flieger die Schallmauer durchbricht oder wenn auch nur eine schwere Tür zu kracht, dann ist alles wieder da. Und langsam lasse ich mich auch drauf ein, wehre mich nicht mehr gegen die Bilder in meinem Kopf. An den Jahrestagen des Anschlags gibt's immer wieder neue Berichte darüber.

[00:21:01]

Sehr schnell hatte man sich damals auf die Theorie des Einzeltäters versteift. Die Ermittlungen wurden nach nur zwei Jahren abgeschlossen. Aber viele können das bis heute nicht glauben. Der Autor und Journalist Ulrich Chaussy hat sich in das Thema eingegraben. Er hat recherchiert und nachgebohrt, hat neue Zeugen gefunden und zusammen mit anderen Zweiflern erreicht, dass die Ermittlungen wieder aufgenommen werden. Über seine Erkenntnisse hat er ein Buch geschrieben. In der Zeitung ist ein Bild davon abgedruckt. Das Buch ist rot mit schwarzer Schrift.

[00:21:30]

Oktoberfest. Das Attentat lautet der Titel. Und darüber ist ein Schwarz-Weiß-Foto. Es zeigt zwei junge Mädchen, die sich um eine Verletzte kümmern. Eins hält den Kopf der Frau, das andere mit langen blonden Haaren blickt in Richtung Kamera. Tatsächlich aber auf den Attentäter, der da tot am Boden liegt.

[00:21:48]

Für das Titelfoto des Buches ist das Bild an dieser Stelle abgeschnitten. Man kann die Leiche nicht sehen, aber ich weiß, dass sie da liegt. Ich schaue mir auf dem Foto selbst ins Gesicht. Ich kann dieses Gefühl schwer beschreiben. Aber jetzt hab ich einfach keine Chance mehr, irgendetwas zu verdrängen. Ich rufe Ulrich Chaussy an und melde mich als das blonde Mädchen auf seinem Buchcover. Wir treffen uns und da hört sich meine Geschichte an. Es ist anders, wenn ich die Geschichte jemandem erzähle, der sie in den großen Gesamtzusammenhang setzen kann, der meine kleinen Puzzleteilchen einordnet in das ganze große Bild.

[00:22:26]

Ich denke, ich habe nichts Wichtiges zu erzählen, nur meine eigene, ganz persönliche Geschichte. Ich kam mir erst nach der Explosion dazu, habe nicht gesehen, ob und mit wem sich der Attentäter vorher getroffen hat. Aber ganz so ist es offenbar doch nicht. Ein Detail scheint doch wichtig zu sein. Die Hand, dieser eine kleine Fleischverzehr mit dem Finger dran, auf den ich getreten bin. Er untermauert offenbar die These, dass es doch mehr als einen Täter gegeben haben muss die Hand Nach dem Anschlag wurde in der Nähe eine andere Hand gefunden, eine ganze Hand kaum beschädigt.

[00:22:59]

Und obwohl die Fingerabdrücke und die anderen Hinweise nicht zum Attentäter passen, wird diese Hand ihm zugeordnet. Auch ein Sprengstoff Experte bezweifelt, dass nach seiner Ansicht müsste die Hand des Attentäters in alle Einzelteile zerfetzt sein, so wie eben das Stückchen, auf das ich getreten bin. Aber auch das taucht in keinem Bericht auf.

[00:23:19]

1982 werden die Ermittlungen beendet. Gundolf Köhler habe alles allein gemacht, die Bombe gebaut, nach München gebracht und gezündet. Warum er selber mit in den Tod gerissen wurde, blieb ungeklärt. Akte zu Fall erledigt. Nur nicht vom Anwalt Dietrich verdienen. Fängt es da erst an? Die Haupt Vorwürfe gegen die Ermittler bringt er so auf den Punkt.

[00:23:44]

Die Ermittler haben sich zu früh auf die These Gundolf Köhler alleine festgelegt und haben sozusagen alles, was auf Mittäterschaft von anderen Personen hingedeutet hat. Haben Sie eigentlich Ausgeblendeten? Damals schon. Das bedeutet, sein Umfeld ist nicht gründlich durchleuchtet worden. Die Verbindungen, die die Köhler sonst zu anderen Gruppen gehabt hat, oder beispielsweise die Fahrten in die Schweiz oder so, das ist alles nur am entweder gar nicht Aussage aus eruiert worden oder nur am am Rande behandelt worden. Das ist so der, der.

[00:24:29]

Der Hauptvorwurf. Dass man zu schnell. Auf. Auf diese einzeltäter these und die privat individuelle motivation. Aufgesprungen ist. Und alles weitere. Ob möglicherweise sonstige Hintermänner noch da sind oder Gruppen, die davon gewusst haben oder mitgemacht haben oder wo er konkret die Einzelteile der der der Bombe her gekriegt hat. Das hätte man damals sicherlich gründlicher ermitteln können und hätte da auch mehr rausbekommen können.

[00:25:03]

Bei der Polizei gemeldet habe ich mich nicht, dazu erschienen mir meine Erlebnisse zu unwichtig und es hat mich auch niemand gefragt. Aber es wäre auch nicht sehr schwer gewesen, mich zu finden. Die Daten meiner Freundin hatten sie ja. Sie hatte einen Schock erlitten und zählte damit zu den Verletzten, die behandelt wurden. Und irgendein Journalist einer Tageszeitung hat sich auch bei mir gemeldet. Er hat mich ja auch gefunden. Aber dafür erzähle ich meine Geschichte jetzt hier. Vielleicht hört sie ja Gitti, die wir später vergeblich in den Krankenhäusern gesucht haben Ich würde mich freuen zu erfahren, wie es ihr heute geht.

[00:25:34]

Und vielleicht hört sie ja auch der Mann mit dem Schäferhund. Wenn ich an ihn denke, kommen mir heute noch die Tränen. Autor Ulrich Chaussy schreibt weiter über das Oktoberfestattentat. Dieser Tage erscheint sein neues Buch. Titel Das Oktoberfestattentat und der Doppelmord von Erlangen.

[00:25:56]

Der Rechtsanwalt Werner Dietrich hat nach jahrzehntelangem Nachbohren erreicht, dass die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen noch einmal begonnen hat. Dass der jetzige bayerische Innenminister ihn dabei unterstützte, dürfte wohl geholfen haben. Mit den neuen Ermittlungen ist der Anwalt zufrieden. Auch wenn die Hintermänner nach der langen Zeit nicht mehr enttarnt werden konnten.

[00:26:16]

Das Verfahren ist jetzt mit dem Ergebnis, dass seit dem 6. Juli bekannt ist, eingestellt. Die Bundesanwaltschaft hat gesagt Wir haben keinen anderen Täter gefunden, keine weiteren Täter. Aber ob es weitere gibt, ist eine offene Frage. Es kann sein, dass jemand auf dem Totenbett nochmal ein Geständnis ablegt. Aber mit dem jetzt noch möglichen Ermittlungs Aufwand, der in sehr gründlicher Weise und kompetent betrieben wurde, konnte man nichts weiter rausbekommen. Ich gehe seitdem nicht mehr gerne auf das Oktoberfest.

[00:26:54]

Lange bin ich gar nicht mehr gegangen. Aber jetzt hab ich Kinder. Da kommt man nicht drumrum. Ich bin inzwischen sogar auch schon mal wieder durch den Haupteingang gegangen. Kein besonders schönes Gefühl. Aber es sieht jetzt alles anders aus als damals. Kein Kopfsteinpflaster mehr. Die Straße davor wurde neu asphaltiert und dort, wo der Papierkorb mit der Bombe war, ist jetzt eine Gedenkstätte. Die Ermittlungen zum Oktoberfestattentat sind erneut eingestellt worden. Es sei zu lange her, um noch Neues herauszufinden, heißt es.

[00:27:21]

Das ist also keineswegs ein für die Mandanten, für die Opfer ein abgeschlossener Sachverhalt, sondern bei Oktoberfest. Denken Sie natürlich immer noch an dieses Lebensereignisse Attentat und das beeinträchtigt ziemlich heute immerhin die These, ein liebeskranken Einzeltäter hätte sich den Frust von der Seele gesprengt.

[00:27:40]

Ist widerlegt. Der Anschlag auf das Oktoberfest am 26. September 1980 wird jetzt ganz offiziell als rechter Terrorakt eingestuft. Für die Opfer bedeutet das, dass ihnen damit endlich eine Entschädigung zusteht.

[00:27:54]

Aus einem extra Fonds für Terroropfer. Das ist gut.

[00:27:59]

Der Bund und die Stadt München haben den Opfern schon vor längerer Zeit Entschädigungen bezahlt. Und jetzt, zum 40. Jahrestag des Oktoberfest Anschlags hat auch der Freistaat Bayern 500 000 Euro zum Opfer Form beigesteuert.

[00:28:13]

Innenminister Herrmann Ich freue mich sehr über die klare Entscheidung der bayerischen Staatsregierung, dass wir uns an einem gemeinsamen Fonds für die Opfer des schrecklichen Oktoberfestattentat 1980 beteiligen, gemeinsam mit dem Bund und der Landeshauptstadt München. Es gibt Hinterbliebene, es gibt damals schwerverletzte Opfer, die auch heute noch schwer an den Folgen dieses Attentat zu tragen haben. Und denen müssen wir wenigstens eine etwas stärkere finanzielle Entlastung zukommen lassen. Deshalb ist das eine wichtige und richtige Entscheidung. Anlässlich des vierzigsten Jahrestages dieses schrecklichen Attentats.

[00:28:58]

Aber es sind noch viel zu viele Fragen offen. Wie kann es sein, dass wichtige Beweisstücke spurlos verschwunden sind oder sogar einfach vernichtet wurden, wo doch sonst als Erwarte oft jahrzehntelang aufbewahrt werden, um sie vielleicht später mit neuen Methoden nochmal zu untersuchen? Was hätte man damit den jetzigen forensischen Möglichkeiten alles herausfinden können? Welche Rolle hatten die Behörden damals bei den großen Ermittlungs Fehlern? Wer hat die Ermittlungen behindert und den rechten Hintergrund vertuscht? Und wer hat dem Attentäter damals geholfen?

[00:29:26]

Sind die Hintermänner möglicherweise noch heute aktiv?

[00:29:29]

Man kann nicht völlig zufrieden sein. Man wird mit ein bisschen ja bedauern, dass da nicht noch mehr Kriminologische möglich ist. Tatsächlich jetzt aber wohl den Aktendeckel schließen müssen. Irgendeiner weiß es.

[00:29:44]

Und ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass es vielleicht doch erst in ein paar Jahren doch noch Antworten geben wird.

[00:29:52]

Der schwerste Anschlag in der Geschichte der Bundesrepublik 40 Jahre. Ein trauriger Jahrestag. Geheimakten Oktoberfestattentat Ein Podcast von Antenne Bayern.