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Mal angenommen, wir steigern unser Brutto National Glück, werden wir dann alle zufriedener. Und was würde das für die Wirtschaft bedeuten?

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Mein Name ist Justus Claes und ich bin Birthe Sanis. Und wir beide arbeiten hier im ARD-Hauptstadtstudio in Berlin. Schön, dass ihr dabei seid bei einer neuen Folge von mal angenommen dem Zukunfts Podcast der Tagesschau heute. Ein Thema, das sich vielleicht nicht aufs erste Wort erschließt, aber super spannend ist. Brutto National Glück würde das Wort haben wir uns nicht ausgedacht, obwohl ich es ein bisschen so klingt. Das klingt vielleicht ein bisschen so, aber das gibt es wirklich.

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Weit weg von uns wurde es erfunden, nämlich in Butan für alle, die jetzt hektisch ihren digitalen Atlas rausholen. Das liegt zwischen China und Indien. Das ist ein Land, über das die meisten wahrscheinlich wenig wissen. Es lässt ja auch nicht viele Touristen ins Land.

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Aber wenn man irgendwas über Bhutan weiß, irgendwas, dann hat das meistens irgendwas mit Glück zu tun. Ja, und da gibt es sogar ein Grundrecht auf Glück. Das steht sogar in der Verfassung und dort wird das Brutto National Glück gemessen.

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Wir sind auch ganz glücklich, nämlich dass wir mit jemandem sprechen konnten, der uns mitnimmt genau in diese Gedankenwelt und einer, der es wissen muss. Er war nämlich so etwas wie der Glucks Minister in Bhutan.

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Und inzwischen beschäftigen sich nicht nur die Menschen in Bhutan mit dem Brutto National Glück. Auch andere Länder und auch Unternehmen haben das Prinzip dahinter ausprobiert. Zum Beispiel in der Schweiz. Ja, da ist ein bisschen geografisch klarer, wo das liegt. Das schaffen wir auch ohne Atlas brutto National Glück vielleicht nicht ganz so selbsterklärend, oder Nani. Die Grundidee dahinter, dass man eben nicht nur aufs Wirtschaftswachstum guckt, so wie wir das ja meistens tun, sondern da geht es darum, politische Entscheidungen an anderen Zielen auszurichten.

[00:01:42]

Zum Beispiel auch zu gucken, was bedeutet politisches Handeln z.B. für die Gesundheit, für Bildung? Oder mit welchen Folgen hat die Umwelt dann zu kämpfen? Und wie zufrieden sind die Menschen eigentlich?

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Und mal angenommen, auch wir würden versuchen, das Brutto National Glück zu steigern, dann könnte die Tagesschau in Zukunft vielleicht so klingen.

[00:02:02]

Die Bundesregierung korrigiert die Prognose des Brutto National Glücks für dieses Jahr nach oben. Das Brutto National Glück steht damit zum fünften Mal in Folge und liegt nun bei 109 Punkten. Der Bundeswirtschaftsminister lobte die deutsche Wirtschaft. Der Umbau zu gemeinwohlorientierten Wirtschaften sei auf einem guten Weg, auch wenn einige Branchen noch mit Anpassungsschwierigkeiten wie Arbeitsplatzverlusten zu kämpfen hätten. Also brutto national Glück. Klingt ja viel positiver als Bruttoinlandsprodukt, allein deswegen müsste man das schon machen. Das Wort BIP Bruttoinlandsprodukt, das wird man ein paar Mal auftauchen in diesem Podcast.

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Aber wir versprechen, das wird kein trockenes Seminar in Volkswirtschaftslehre. Ne, ne Weltreise. Denn wir haben festgestellt, viele stellen sich ja die Frage Wie kann Wirtschaft in Zukunft funktionieren, ohne dass wir den Planeten dabei runter rocken?

[00:02:55]

Wer jetzt denkt Mensch, über was für ein unrealistisches Zukunftsszenario reden die denn da heute? Brauchen wir nicht eigentlich sowas wie Wirtschaftswachstum, damit wir nicht ganz viele Jobs verlieren und Glück? Das muss man sich ja irgendwie auch leisten können. Und dieses Butan. Mensch, das ist schon ziemlich weit weg. Stimmt. Aber die Idee dahinter Die diskutieren Politikerinnen und Politiker, Wirtschaftswissenschaftlerin und Wirtschaftswissenschaftler auf der ganzen Welt schon ziemlich lange. Frankreich z.B. Schon vor 10 Jahren haben die ein Gremium drangesetzt, da waren viele Nobelpreisträger drin.

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Die sollten eine Alternative entwickeln, aber auch die sind gescheitert. Ja, Deutschland hat es ja auch versucht, hat aber auch nicht geklappt. Gucken wir uns gleich noch genauer an. Aber es gibt Länder, die versuchen, es gerade schon anders zu machen. Und erstes Ziel unserer Weltreise Neuseeland. Denn die diskutieren nicht mehr, die machen einfach mal Dinge anders. Deren oberstes Ziel ist jetzt das Welby, also das Wohlbefinden der Bevölkerung. Also Wohlbefinden klingt gut, aber was bedeutet das jetzt konkret?

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Neuseeland hat ein Welby Budget eingeführt und wie genau das funktioniert, was dahinter steckt, das habe ich mir erklären lassen. Von Lena Bode Wein. Sie berichtet als ARD-Korrespondentin aus Südostasien und damit auch für Neuseeland zuständig. Und da sie auch immer wieder unterwegs.

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Es heißt eigentlich, es gibt ein großes Budget, das sich um das Wohlergehen der Bürger kümmert, nämlich um Schulen und Krankenhäuser, um Infrastrukturprojekte, die aber dann eben CO2 ärmer durchgeführt werden sollen, und dass es vor allem um das psychologische Wohlergehen der Menschen gehen soll. Für Mental Health, wie Sie das nennen, ist ein riesen Budget vorgesehen von 1,9 Milliarden Neuseeland Dollar. Es ist ungefähr eine Milliarde Euro. Die geht dann auch an Vorsorge, an Jugendschutz an ja auch einfach so.

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Selbsthilfe stellen, wo man sich dann melden kann. Es gibt einfach ein großes Problem in Neuseeland, was Selbstmord von Jugendlichen angeht und vor allem von jugendlichen Angehörigen der Maori Minderheit. Da gibt es auch große Kinderarmut und eine große Versagensangst, weil die eigentlich sehr gefeierte Wirtschaft von Neuseeland einfach sehr viele zurückgelassen hat in den letzten Jahren. Und das eben genau soll mit diesem Helbing Budget geändert werden sagte das in der ÂDer nochmal. Wir gucken nicht auf das große Ganze, auf unsere super Wirtschaft, sondern wir gucken wie kommt das denn bei den Menschen an, bei jedem einzelnen?

[00:05:17]

Was können wir dann machen, um seine einzelne Situation zu verbessern?

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Wie würde ich als Neuseeländer merken, dass da plötzlich meine Regierung was komplett anders macht? Ich glaube, das muss man nochmal erläutern. Es soll nicht komplett anders sein im Ergebnis, es soll komplett anders sein. Im Ansatz, in dem Denken. Nicht die Wirtschaft steht über allem, sondern das Wohlergehen. Wozu natürlich auch eine gut funktionierende Wirtschaft gehört, die es möglich macht, dass man solche Projekte unterstützt, dass man die Krankenhäuser verbessert, dass man die Schulen verstärkt.

[00:05:52]

Und das soll dann eben bei den Menschen ankommen, dass es z.B. eine bessere ärztliche Versorgung auf dem Land gibt. Das ist das, was viele beklagt haben. Oder dass die Lehrer unterbesetzt sind, dass man, wenn man Hilfe sucht, eben genau in solchen Notsituationen auch in psychischen Notsituationen keine Hilfe findet. Da soll es viel mehr Anlaufstellen geben und das merkt man dann natürlich. Es ist aber jetzt nicht so, dass es heißt A. Welby Budget super. Kriegen jetzt ein Spar Gutschein zugeschickt.

[00:06:18]

Jeder findet den in seinem Briefkasten. Ne, das ist es nicht. Es soll aber dann auch so gemessen werden, dass man als Neuseeländer dann merkt Oh, ich habe gute Straßen, mein Schulsystem ist super. Niemand wird zurückgelassen. Und das soll dann halt funktionieren.

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Das ist wahrscheinlich ein Ziel, was viele Regierungen auf dieser Welt verfolgen. Ist das nicht einfach etwas, was jetzt einen anderen Namen hat oder glaubst du das doch schon? Doch grundlegend ein anderer Anfang ist.

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Ich glaube, von der Idee her ist es ein anderer Angang. Aber der Inhalt ist natürlich schon so. Die Wirtschaft muss funktionieren, damit all das auch finanziert werden kann. Aber das sozusagen das ja sozusagen die Parameter sind, an denen Projekte und Entscheidungen über die Finanzen des Landes ausgelegt werden. Das ist natürlich ein großer Unterschied, dass man auch sagt, ich behalte die Umwelt im Blick, wenn wir jetzt dieses und jenes Projekt fördern. Das bringt uns vielleicht wirtschaftlich in diesem Jahr total super voran.

[00:07:14]

Aber es zerstört Wälder, es zerstört einfach unsere ganze CO2-Bilanz und es hinterlässt nur Ungemach für die Generationen nach uns.

[00:07:24]

Jetzt ist natürlich Neuseeland ziemlich weit weg und wir haben gehört, das Land hat auch andere Probleme, als wir sie hier haben. Aber im Kern haben wir ganz ähnliche Probleme in Europa, z.B. bei dem, was Lena zuletzt gesagt hat Stichwort Klimawandel. Auch wir stellen uns ja die Frage Welchen Planeten wollen wir unseren Enkeln, unseren Urenkeln, unseren Ururenkel hinterlassen?

[00:07:44]

Und da spielt Wirtschaft eine zentrale Rolle und die ist ja total auf Wachstum ausgelegt. Die Wirtschaft. Und um uns vergleichen zu können, schauen ja alle hauptsächlich auf dieses Bruttoinlandsprodukt, das BIP. Aber die Frage ist Können wir das auch in Zukunft so machen oder müssen wir nicht auf andere Faktoren gucken z.B. Umwelt, Gesundheit, Zufriedenheit der Bevölkerung? Mit der Frage beschäftigen sich ja auch schon Wirtschaftsinstitute in Deutschland ziemlich lange. Ich habe mit Marcel Fratzscher gesprochen. Er ist Präsident am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung hier in Berlin und da ist man auch überrascht, dass das BIP bei uns so im Mittelpunkt steht.

[00:08:14]

Vielleicht kannst du nochmal kurz erklären Was ist das BIP überhaupt? Vereinfacht gesagt gibt es BIP ja letztlich nur an, wie groß die Wirtschaftsleistung innerhalb eines Landes ist. Und Marcel Fratzscher habe ich gefragt Wie sinnvoll ist es eigentlich, daran festzuhalten?

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Ich glaube, von dieser Idee müssen wir uns verabschieden, dass man all das, was uns als Gesellschaft, als Menschen wichtig ist, in einen Indikator packen kann. Und das ist vielleicht auch die Erklärung, weshalb der BIP Indikator so populär ist, weil er ja auf eine Zahl versucht, Wachstum Wohlstand zu bringen. Nur ist es eben grundfalsch und Mißlichen ist komplex. Die Welt ist komplex und wir müssen uns einfach mehr Mühe geben, diese Komplexität auch abzubilden. Also wie gesagt, es gibt alle Indikatoren.

[00:08:57]

Wir können viele dieser Dinge messen. Wir verstehen viele dieser Dinge. Es ist einfach die Aufgabe auch von uns Wissenschaftlern und Wissenschaftlern, aber eben auch von der Politik und den Medien die Übersetzung zu machen. Sozusagen. Was heißt das? Wo sind wir schlecht? Wo sind wir gut? Wo ist es nachhaltig? Wo sind wir nicht nachhaltig?

[00:09:15]

Wenn wir Ressourcen sparen, da und schonender wirtschaften würden, dann hieße das ja vielleicht auch, einen anderen Konsum zu machen. Also nicht nur alle zwei Jahre, sondern alle vier Jahre ein neues Smartphone kaufen oder Autos oder Fahrräder eben nicht mehr kaufen oder besitzen, sondern leihen oder teilen. Oder ist Ihnen das zu utopisch?

[00:09:33]

Nein, es ist Teil der neuen Realität und anders ausgedrückt unser Verhalten, so wie wir uns verhalten. Wir verursachen einen Schaden. Wie vielen unserem Verhalten nehmen Sie Reisen? Nehmen Sie Flugreisen, nehmen Sie auch Verbrennungsmotor vom Auto. Nehmen Sie viele andere Dinge an unserem Konsumverhalten, was einen dauerhaften Schaden für heutige Generation, aber auch künftige Generationen verursacht und wofür wir nicht zahlen oder nicht die Verantwortung übernehmen. So sollte ich vielleicht besser nennen. Und eine wirklich nachhaltige Wirtschaftspolitik bedeutet, dass ich oder dass jeder Mensch, aber auch ich für mein Verhalten Verantwortung übernehme, also dass ich eben nicht für wenig Geld verreisen kann, sodass der CO2 Fußabdruck, der dadurch entsteht, eben von künftigen Generationen getragen wird.

[00:10:20]

Also diese Externalitäten, Bibel, Ökonomen und Ökonomen das nennen, die müssen wir selber tragen und dürfen die eben nicht auf andere Menschen. Ärgern und über dieses Prinzip befolgen würden, glaub ich, dann würden wir schon ganz ganze Stück weiterkommen. Im Koalitionsvertrag steht Zitat Wir wollen mit den Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft die Voraussetzung dafür schaffen, dass wir auch in 5, 10, 15 Jahren noch Wachstum, Wohlstand und Beschäftigung haben. Wenn wir so weitermachen wie bisher, wird das dann klappen, wenn wir so weitermachen wie bisher?

[00:10:49]

Nein, weil wir nicht wirklich mit dem BIP oder mit dem, was wir wirtschaftlich messen, Wohlstand messen. Wir messen etwas anderes. Wir messen materielle Güter in Euro. Also ist eine finanzielle Messung. Das ist sinnvoll. Also ich will gar nicht sagen, dass das völliger Unsinn ist. Es ist sinnvoll, aber es ist nicht sinnvoll, um wirklich gesellschaftspolitisch zu planen, sondern da müssen andere Dinge eine Rolle spielen soziale Teilhabe, Zusammenhalt einer Gesellschaft. Die Frage Welches Gewicht will man künftigen Generationen in den heutigen Entscheidungen geben und letztlich geben wir gibt die Politik, geben wir als Gesellschaft künftigen Generationen kaum ein Gewicht.

[00:11:29]

Das ist uns ziemlich egal, auch wenn wir natürlich jeder von uns individuell was anderes sagen würde. Aber das sind letztlich das, was die Entscheidungen beinhalten. Und also die kurze Antwort auf Ihre Frage ist Nein. So wie wir uns heute verhalten, werden wir in 15, in 20, 30 Jahren nicht den Wohlstand haben, den wir heute haben. Es wird sehr viele Menschen geben, die deutlich schlechter dran sind in unserem Land, aber auch vielen anderen Länder.

[00:11:54]

Wenn man jetzt alleine nur auf das Thema Klimaschutz, Biodiversität, Umweltschutz schaut, dann sehen wir, dass viele Menschen in 20, 30 Jahren deutlich schlechter dran sein werden.

[00:12:04]

Klingt für mich so, als hätten wir gar keine andere Chance, als uns etwas Neues auszudenken. Zumindest wenn wir für die nächste Generation einen lebenswerten Planeten hinterlassen wollen.

[00:12:13]

Aber es ist ja auch nicht so, als hätte Deutschland das nicht schon versucht, ein neues Messinstrument zu finden, das Umwelt, Gesundheit, Zufriedenheit alles unter einen Hut bringt.

[00:12:22]

Ja, ja, um das zu finden, hat die Bundesregierung sogar eine Kommission eingesetzt vor mehreren Jahren und versucht, da eine Antwort zu finden. Und haben Sie es geschafft? Ein klares Jein. Ich hab nochmal mit der damaligen Vorsitzenden Daniela Kolbe gesprochen.

[00:12:35]

Leider nicht gelungen ist, dass man wirklich eine alternative Wohlstandsmehrung etabliert hat. Das finde ich höchst bedauerlich, weil das war einer der großen Punkte, die die Kette damals vorgeschlagen hat.

[00:12:46]

Warum hat das Ihrer Meinung nach nicht geklappt? Das hat verschiedene Gründe, warum das nicht gelungen ist. Einmal gab es auch in der Kette ein großes Ringen darum, wie man einen solchen Indikator der Indikatoren seht auf stellen sollte, damit er wirklich auf Schlag Distanz zum Dips und dem allgegenwärtigen Indikator kommt. Und wir haben damals einen Indikatoren Seths vorgeschlagen, Indikatoren aus drei Dimensionen. Aber das war schon mir klar, dass das recht unübersichtlich ist und damit womöglich nicht das ist, was sich dann durchsetzt.

[00:13:22]

Wenn man neben das BIP irgendwie an Indikatoren setzt, von 20 000 anderen Indikatoren setzt, dann wird sich das nicht durchsetzen. Dann wird immer noch das BIP, das Einfache, das Verständliche sein.

[00:13:33]

Geht mir ehrlich gesagt auch so. Indikatoren z. Was meint sie denn damit? Schräges war das völlig recht. Es ging denen da um eine, um die Wohlstands Indikatoren, also Ökonomie, Ökologie und Soziales. Man muss ja wie drei Kreise vorstellen, die man übereinander legt, damit man eine Schnittmenge hat. Und alles ist gleichberechtigt nebeneinander. Und irgendwie wird das dann gerechnet. Naja, also die Staatsschulden sind genauso wichtig wie die Biodiversität. Klimaschutz ist genauso wichtig wie Bildung und Gesundheit.

[00:14:02]

Wie wird das gerechnet haben? Ehrlich gesagt kann ich dir gar nicht sagen, weil es hat sich ja auch nicht durchgesetzt und wird auch nicht benutzt. Genau. Genau. Ja, es ist. Es ist glaube ich tatsächlich zu kompliziert gewesen. Aha. Ja. Und auch wenn Daniela Kolbe ist mit der Kommission nicht geschafft hat, glaubt sie immer noch daran, dass es ein erweitertes Messinstrument statt des BIPs braucht.

[00:14:19]

Diese qualitative Debatte, die braucht es dringend. Und die kann man dann eben nicht eindimensional führen. Das ist nicht nur Wirtschaftspolitik, sondern da geht es um viel mehr um Bildungspolitik, um Arbeitsmarkt, Fragen. Da geht es auch um Klimafragen. Und diese breitere Debatte, die braucht es dringend. Aber ich habe auch den Eindruck, nach der Seelen sich auch die Leute geradezu, wenn man mit den Menschen ein bisschen länger spricht. Dann haben die ein großes Befremden gegenüber der Art, wie wir im Moment wirtschaften.

[00:14:53]

Ich gestehe, das einzige, was ich vor unserer Podcast Recherche über Butan wusste ist da ist doch irgendetwas mit Glück, wenn du glücklich bist, du noch nicht mal das. Okay, dann machen wir jetzt mal ein Crash-Kurs Butan. Also wir reden über ein Land zwischen Indien und China. Das hat viel Natur, hohe Berge, gehört aber laut Vereinten Nationen auch zu den Ländern auf der Welt, die am wenigsten entwickelt sind. Ja, da denke ich, habe im ersten Moment, die wollen doch bestimmt wachsen.

[00:15:21]

Und dann denke ich so an Länder wie Malaysia und Indien. Also Hauptsache billig produzieren für den Weltmarkt. Egal was das für die Umwelt bedeutet. Hauptsache die Wirtschaft wächst. Ja, Butan machts aber total anders. Sie wollen ein bisschen Fortschritt, aber auf keinen Fall auf Kosten der Natur. 60 prozent der Fläche des Landes müssen bewaldet bleiben. Das haben die sich in die Verfassung geschrieben. Und es gibt auch ausländische Investitionen, z.B. aus Indien. Da haben sie jetzt aber nicht einfach Fabriken hochgezogen und produzieren billig, sondern viel Geld z.B. in Wasserkraftwerke gesteckt und exportieren jetzt eben Ökostrom.

[00:15:55]

Klingt jetzt aber trotzdem nicht nach einem starken BIP. Nein. Wenn wir da jetzt unsere Maßstäbe anlegen, dann ist das alles nicht so super. Aber die gucken da in Bhutan gar nicht auf BIP, sondern die haben einfach ihre eigene Maßeinheit erfunden, nämlich das Brutto National Glück.

[00:16:10]

Da ist es wieder. Wie rechnen die das denn? Ja, da spielt Wirtschaft auch eine Rolle. Aber sie gucken eben nicht nur auf die Wirtschaft, das Brutto National Glück. Das beruht eben auf vier Säulen auf Umwelt, auf Wirtschaft. Da geht's aber nicht. Darum ist die Wirtschaft einfach nur stark, sondern sowas. Wie ist das gerecht verteilt und wird auch nachhaltig gewirtschaftet? Die dritte Säule ist Kultur. Da fällt auch Wissenschaft und Kunst darunter. Sie beschreiben das so ein bisschen als die Seele der Gesellschaft und die vierte Säule gute Regierung.

[00:16:41]

Und dann gibt's noch ein paar weitere Faktoren, sowas wie Gesundheit und Bildung. Und dann werden die Menschen in Bhutan eben alle drei Jahre befragt, wie sie das alles so finden. Na ja, ich hab mir das aber noch ein bisschen genauer erklären lassen. Von H. Windhorst Super spannender Gesprächspartner. Der hat eine ganz interessante Lebensgeschichte und die hat ihn auch nach Bhutan geführt. Da war er mehrere Jahre so eine Art Glücks Minister. Er war auf jeden Fall für dieses Institut zuständig, was sich darum kümmert.

[00:17:07]

Jetzt lebt er wieder in der Schweiz, berät Unternehmen und er kennt sich eben in beiden Welten aus.

[00:17:13]

Wenn man unterscheidet zwischen Bruttoinlandsprodukt und Brutto National Glück, das man merkt. Hier im Westen gehen wir davon aus, dass je reicher, je besser und je reicher ihr glücklicher. Aber wenn man sich das wirklich wissenschaftlich anschaut, merkt man das stimmt nicht. Das stimmt bis zu einem gewissen Grad, bis alle Grundbedürfnisse gedeckt sind. Das ist klar. Wenn jemand nicht genug zu essen hat, dann hat er genug zu essen. Er ist glücklicher, er hat kein Haus.

[00:17:38]

Dann hat er ein Haus, der ist glücklich. Das ist ganz klar. Aber bei solche entwickelten Gesellschaften wie Deutschland, EU, Amerika und so weiter ist die Steigerung des Bruttoinlandsprodukts nicht korreliert mit einer Verbesserung des Wohlbefindens, weil sehr oft Elemente mitgerechnet werden, die eigentlich negative Wirkung haben z.B. Gewisse wirtschaftliche Entscheidungen sind für die Wirtschaft gut, für die Umwelt sehr schlecht.

[00:18:07]

Wenn wir jetzt zum Beispiel mal nach Amerika gucken, da ist das BIP in den vergangenen Jahren gestiegen, die Lebenserwartung aber nicht. Also mir ist bei der Recherche klar geworden Ab einem gewissen Level heißt z.B. ein höheres BIP nicht unbedingt, dass eine Gesellschaft immer gesünder wird. Ja, ich sage es jetzt mal böse Wenn ich so wenig Wirtschaftskraft hätte wie Bhutan, dann würde ich mir auch einfach einen anderen Index ausdenken. Klar. Genau das hab ich. Habe ihn auch gefragt und er streitet das auch nicht ab.

[00:18:33]

Er sagt das ist so. Trotzdem ist er von der Idee überzeugt und er glaubt, dass auch der Rest der Welt davon lernen kann.

[00:18:40]

Ich glaube, gerade die westliche Welt kann was davon lernen. Denn für Entwicklungsländer ist es ja eine große Herausforderung, weil die müssen tatsächlich schauen, dass die Grundbedürfnisse wirklich gedeckt sind. Deswegen Es ist sehr mutig zu sagen Okay, wir wollen nicht nur die Grundbedürfnisse erfüllen, sondern wir wollen auch uns auf Wohlbefinden und Glück der Bevölkerung konzentrieren. Abril in der EU Beispiel, die ja trotz allem reiche Länder sind und gerade in reiche Länder wäre es an der Zeit, dass man eben seine Aufmerksamkeit nicht immer nur auf wirtschaftlichen Wachstum richtet, sondern tatsächlich überlegt, was kann dazu beitragen, das eigentliche Wohlbefinden der Bevölkerung und der Umwelt zu verbessern.

[00:19:22]

Und inzwischen ist das nicht mehr nur eine vielleicht verrückte Idee aus einem kleinen Land irgendwo zwischen Indien und China, sondern having Tod. Der berät auch Firmen und auch Länder in der ganzen Welt, in Asien, z.B. in der Schweiz. Da haben Schulen und Unternehmen auch schon die Philosophie, die hinter dem Brutto National Glück steckt, umgesetzt.

[00:19:41]

Aber heißt denn jetzt Wohlbefinden weniger Wachstum?

[00:19:44]

Ich frage mich das ja auch die ganze Zeit, denn irgendein Preis, so mein Gefühl, muss man ja dafür zahlen. Das klingt so, als müssten wir irgendwie lernen. Mit weniger zurechtzukommen, vielleicht weniger zu reisen, seltener ein neues Handy zu kaufen, auf weniger Klamotten kaufen, vielleicht aber mit Verzicht begeistern. Das könnte schwierig sein.

[00:20:01]

Das findet Havena toll. Auch ich persönlich glaubt, es ist nicht so etwas, was wirklich begeisternd ist. Also wenn man sagt Okay, wir müssen mit weniger auskommen und asketischer leben. Und ich glaube, es begeistert die Menschen nicht. Aber geht es anders? Das ist ja die Frage. Ramp ist, es geht unbedingt anders. Es geht eben anders. Also nicht das Gleiche. Aber weniger. Sondern anders. Zum Energie Wir brauchen Energie und wir können nicht sagen Okay, wir werden jetzt mit ganz wenig Energie auskommen und wir werden keine Elektrizität oder ganz wenig.

[00:20:33]

Oder nein. Zurück zum Kerzenschein. Nein, aber wir können systematisch die Energie auf Nachhaltigkeit. Und das schafft Arbeitsplätze. Das schafft Innovation. Und in vielen, vielen Gebieten ist es so. Ich weiß, es ist eine Sache der Prioritäten. Es ist nicht so, dass eine gesündere, eine auf Glück orientierte Wirtschaft eine schlechtere Wirtschaft ist. Im Gegenteil, es ist eine Wirtschaft, die tatsächlich ihren eigentlichen Ziel erfüllt. Das Ziel der Wirtschaft ist nicht mehr und mehr Profit.

[00:21:04]

Das Ziel der Wirtschaft ist, die tatsächlichen Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen. Und wir machen vieles heute, was nicht wirklich ausgerichtet ist auf die eigentliche Befriedigung der Menschen, weil andere Sachen mehr Profit bringen. Also z.B. Waffenhandel ist profitabler als was für sich Bildung in der Bildung investieren. Aber auf lange Zeit ist natürlich Bildung macht ein viel reichere Gesellschaft als Waffenhandel. Aber auf lange Sicht gesehen wenn wir wirklich ein echtes Wachstum, also ein wirkliche Evolution haben wollen, dann ist es notwendig, diese Paradigmenwechsel zu machen.

[00:21:45]

Und das wird das Leben nicht schlechter machen. Das wird das Leben besser machen. Vielleicht ein bisschen einfacher, aber besser.

[00:21:58]

Also die Idee des Brutto National Glücks. Das klingt erst mal sympathisch, aber das ist jetzt eins zu eins auf Deutschland zu übertragen. Ehrlich gesagt, ich kann mir das immer noch nicht vorstellen. Alle drei Jahre mal die Leute befragen und danach dann politisches Handeln auszurichten. Und es ist ja nicht so, als hätten wir gar keine Daten oder andere Daten. Es gibt ja ganz verschiedene vom Statistischen Bundesamt. Es gibt dieses sozioökonomische Panel vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Marcel Fratzscher Empfohlen, mitgesprochen.

[00:22:25]

Wir müssen es halt anders, ich sage mal zusammen puzzeln. Und das ist, glaub ich, nicht so leicht. Ich habe mit Professor Henrik Jorgos gesprochen. Er ist Ökonom und wir haben mal versucht, das durchzuspielen und zusammen zu puzzeln, was es bedeuten würde, wenn wir mal nicht nur aufs Wirtschaftswachstum gucken, sondern andere Faktoren wie Umwelt oder Gesundheit mit in so eine Gleichung zu packen. Da ist mir klar geworden Das ist nicht nur eine unglaublich komplizierte Gleichung, die zu finden, sondern die Wissenschaft.

[00:22:50]

Die weiß einfach noch nicht darüber gnug, wie sich diese Faktoren aufeinander auswirken können. Also zum Beispiel, wenn wir jetzt mehr Geld in Umwelt investieren, dann könnte das ja auch Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Wir wissen nur nicht, welche und wie doll die sind. Und wenn man das dann auch noch in eine Gleichung packen will und ausrechnen will ganz schön kompliziert. Und da reden wir ja über Staaten, die hochentwickelt sind. Da ist ja auch klar, dass alles mit allem zusammenhängt.

[00:23:14]

Aber wie genau die Auswirkungen sind, dass es in vielen Teilen offensichtlich Spekulation.

[00:23:18]

Die zweite Schwierigkeit die Ergebnisse von Befragungen. Die lassen sich nur schwer miteinander vergleichen, sagt Professor Henrik Georges.

[00:23:25]

Wir kommen dann in das Problem rein. Gerade im internationalen Vergleich wissen wir, dass die Menschen neigen dazu, solche Fragen anders zu beantworten, also die Dänen, die eine sehr niedrige Lebenserwartung haben im europäischen Vergleich, sind aber auch die glücklichsten, wenn man sie fragt.

[00:23:42]

Dänen lügen nicht, fällt mir in einer kürzlich kürzeres Leben aber trotzdem glücklicher. Das klingt aber auf jeden Fall nach einem intensiven Leben.

[00:23:49]

Ja, und wie intensiv so ein Leben ist oder sein soll, das kann ja in Teilen auch jeder und jede für sich beantworten. Und da sind wir genau an dem Punkt Glück, Wohlbefinden, Zufriedenheit. Das ist ja irgendwie auch immer subjektiv. Schwer vorstellbar, dass es da so eine BIP Alternative gibt, die für die ganze Welt gelten soll als der Ökonom Adam skeptisch.

[00:24:08]

Deutschland ist natürlich keine Insel. Wir leben in einer globalisierten, vernetzten Welt. Also ich habe Schwierigkeiten, mir vorzustellen, wie eine Welt aussehen soll, in der wir jetzt dem Wachstum abschwören zugunsten anderer Faktoren, aber rund um uns herum die Menschen noch nicht so schlau sind wie wir. Sagen Sie mal, bei den Chinesen können wir lange davon ausgehen, die werden partiell Dinge wie Umwelt und dergleichen einen Blick nehmen, aber die haben viel nachzuholen. In Indien hat man sehr viel nachzuholen.

[00:24:37]

Also das läuft also ein bisschen darauf hinaus, dass wir unter Umständen jetzt irgendwann in der Welt wiederfinden, wo wir ökonomisch sehr schwach sind. Nur noch, und das ist wirklich auch Spekulation. Ich weiß nicht, ob das sinnvoll ist.

[00:24:57]

Ich hoffe, wir haben es hinbekommen, dass das jetzt kein langweiliges VWL Seminar wird. Könnte geklappt haben. Ich hoffe, du bist nicht der einzige, der das denkt. Lass uns doch zum Schluss das ganze nochmal ein bisschen zuspitzen, Justus.

[00:25:09]

Also mal angenommen, wir würden nicht mehr vor allem aufs Wirtschaftswachstum schauen, sondern hätten ein anderes Messinstrument. Vielleicht sowas wie das Brutto National Glück. Wie könnte es im schlechtesten Fall laufen?

[00:25:22]

Im schlechtesten Fall schrumpft die Wirtschaft in Deutschland deutlich, im internationalen Vergleich wird Deutschland abgehängt und ist nicht mehr Exportweltmeister. Es gibt weniger Steuereinnahmen. Dadurch hat die Politik weniger Handlungsmöglichkeiten. Und obwohl mehr auf den Umweltschutz, auf Gesundheit und auf andere Faktoren geachtet wird, steigt die Lebenszufriedenheit der Deutschen nicht. Aber so muss es ja nicht kommen. Dann lass uns doch mal anschauen, was würde im besten Fall passieren?

[00:25:51]

Im besten Fall einigt sich die Weltgemeinschaft auf ein gemeinsames neues Messinstrument wie z.B. das Brutto National Kluck. Dadurch wird auf der ganzen Welt umweltschonender produziert. Die Menschen werden zufriedener und gesünder. Der Klimawandel wird deutlich verlangsamt und damit wird die Grundlage gelegt, dass auch die nächsten Generationen noch gut auf der Erde leben können.

[00:26:10]

Das wäre natürlich die Idealvorstellung und wir haben uns beide Seiten angeschaut und das habt ihr euch auch gewünscht, z.B. Matthias Müller. Der hat uns nämlich eine Mail geschrieben. Mal angenommen tagesschau.de und hat geschrieben Könnt ihr mal bitte durchspielen? Mal angenommen, die Politik schaut nicht nur auf das Wachstum der Wirtschaft, sondern auch auf die Zufriedenheit der Menschen. Das haben wir gemacht.

[00:26:29]

Das könnt ihr auch machen, wenn ihr Feedback habt oder ein Thema vorschlagen möchtet. Vielen Dank fürs Zuhören. Auf jeden Fall bis nächste Woche. Dann gibt es eine neue Folge von mal angenommen. Macht's gut.

[00:26:39]

Tschüss.