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[00:00:04]

Herzlich willkommen zur Handelsblatt Today. Wir sprechen von Montag bis Freitag über aktuelle Nachrichten und ihre Bedeutung für die Finanzwelt. Heute haben wir Dienstag, den 9. Februar und ich bin Mary Abdelaziz Deezer.

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Wen auch immer Sie fragen, hierbei sind sich wohl alle Politiker einig. Die Welt ordnet sich allmählich neu. China und die USA kämpfen vehement um die wirtschaftliche Vorherrschaft. Besonders in Sachen Technologie, Strafzölle sonder Zölle, Schutzzölle, viele Begriffe. Und je nachdem wen sie fragen, fällt die Definition auch leicht anders aus. Fakt ist Der Handelsstreit begleitet die Welt seit Monaten und daran wird auch der neue Präsident Joe Biden so schnell nichts verändern. Zeitgleich bröckelt die transatlantische Freundschaft zwischen Europa und den USA vor sich hin und das nicht zuletzt wegen der Kooperation mit Russland beim Gas Pipeline-Projekt Nord Stream 2.

[00:01:11]

Mal ganz davon abgesehen, dass uns alle eine weltweite Pandemie in Schach hält und Europa als politische Institution heftig herausfordert. Die Verhandlungen um finanzielle Rettungspakete, Grenzschließungen, Lockdown Verlängerung und die Debatte über Impfstoff Lieferung. Wir stehen alle vor großen Aufgaben. Und ja, die Welt verändert sich. Wie muss sich Europa nach innen und nach außen hin aufstellen, um auch in Zukunft eine bedeutende Rolle zu spielen? Der siebte deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder hat genau darüber mit dem Historiker Professor Gregor Schöllgen ein neues Buch geschrieben.

[00:01:51]

Letzte Chance. Warum wir jetzt eine neue Weltordnung brauchen? So der Titel. Und wie genau Herr Schröder sich diese neue Weltordnung vorstellt, darüber sprechen wir gleich mit ihm.

[00:02:07]

Und wir starten die Sendung erst mal wie gewohnt mit einem Börnsen Update. Dafür sind wir jetzt verbunden mit meinem Kollegen Christian Schnell inMünchen Christian. Der DAX hat ja mal wieder, muss man sagen, diese Woche ein neues Rekordhoch erreicht. Ziemlich zu Wochenbeginn. Jetzt geht es allerdings wieder bergab. Was ist da los?

[00:02:25]

Ja, dafür gibt's heute eine Reihe von Gründen. Wesentlich ist aber, dass vor der neuerlichen Runde der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin am Mittwoch vieles auf eine Verlängerung des Lockdown hindeutet. Für die Wirtschaft ist das natürlich ein weiterer herber Einschnitt. Erst heute kamen Zahlen zum deutschen Export im vergangenen Jahr. Und da ging es um mehr als neun Prozent nach unten. So stark wie seit der Finanzkrise nicht mehr. Und dieses ganze Thema Grenzschließungen, Störungen der Logistik oder eben auch der Lieferketten, das belastet die Wirtschaft jetzt immer noch.

[00:02:57]

Und das dürfte sie noch eine ganze Weile belasten.

[00:03:00]

Ein weiterer Lockdown, das wäre ja tatsächlich auch den Einzelhandel betreffen. Standen diese Aktien heute auch unter Druck?

[00:03:07]

Ja, und das gilt besonders für den Elektronik Händler Economy. Dahinter verbergen sich die beiden bekannten Namen Mediamarkt und Saturn. Und deren Mutter hat heute Zahlen zum vergangenen Quartal bestätigt, aber auch einen Blick nach vorn geworfen. Und der war besonders spannend. Nämlich Dabei hieß es, dass der jetzige Lockdown auch für die Ziele dieses Jahres gefährlich werden könnte. Und Analysten interpretierten da gleich rein, dass es womöglich mit den Prognosen nochmal nach unten gehen müsste. Jetzt bei Economy. Man kann bei Cicerone mir sagen, man hat mit dem Online-Handel auch im Weihnachtsgeschäft vieles wettmachen können.

[00:03:43]

Aber durch die Schließung des stationären Handels fällt es schwer, das wieder wettzumachen. Und das dürfte auch noch eine Weile so weitergehen. Verstehen?

[00:03:52]

Stark betroffen ist ja tatsächlich seit einem Jahr mittlerweile auch der Reise Konzern TUI. Gibt es denn zumindest hier Hoffnung auf naja, in absehbarer Zeit? Bessere Zeiten?

[00:04:02]

Ja, ich würde mal sagen, zumindest mittel bis langfristig. Ja, die aktuelle Lage bleibt aber erstmal schwierig. Das zeigen schon allein die jüngsten Quartalszahlen. Da war der Verlust bei über 800 Millionen. Und wenn man doch sieht, dass der Umsatz um 88 prozent eingebrochen ist, dann hat man in diesem Quartal fast doppelt so viel Verlust wie Umsatz gemacht. Das ist ja schon mal ein riesen Hammer letztendlich. Jetzt ist es allerdings so Der weltgrößte Reise Konzern setzt auf den Sommer und sagt, da könnte es womöglich besser werden.

[00:04:33]

Da müssten vielleicht viele Menschen bis dahin geimpft sein. Schon jetzt hat man 2,8 Millionen Buchungen für den Sommer. Das ist im Vergleich zu dem vor Krisenjahr 2009 in etwa die Hälfte dessen, was man zu der Zeit hatte. Das stimmt halbwegs optimistisch. Das meiste kommt allerdings aus Großbritannien. Dort ist man mit dem Impfen schon deutlich weiter. Und deswegen sagt topische Fritz Joussen zu Recht auch in Deutschland. Da muss einfach der Impro richtig vorangehen. Und dann kommt auch die Reisetätigkeit wieder.

[00:05:02]

Christian, ganz herzlichen Dank für dein Börsen Update gerne.

[00:05:13]

Jetzt folgt ein kurzer Beitrag unseres Sponsors. Wir sind gleich wieder da. Der Fokus war sehr stark auf den Anleihemärkten der Verwaister gekreist. Welche Auswirkungen an den Finanzen? Wenn man sich mal die sogenannte Peak Performance.

[00:05:27]

Hallo, mein Name ist Philipp Gestanks. Ich bin Chef Anlagestrategie bei der HypoVereinsbank. Mein Job ist es, jeden Tag erneut abzuwägen, welche Anlagestrategien wir in unseren Vermögensverwaltung verfolgen. Dabei ist es gleich, ob es um monatliche Sparpläne, die Altersvorsorge oder um größere Vermögen geht, die Sie nachhaltig für Ihre Firma oder Nachkommen investieren möchten. Wir sind für Sie da mit unserer Erfahrung, mit unseren Angeboten und mit kompetenten Kollegen, die sich jeden Tag Gedanken darüber machen, was für Sie wichtig ist.

[00:05:57]

Dafür sind wir rund um die Uhr am Puls der Wirtschaft und der Finanzmärkte. Wir halten die Folgen der Pandemie genauso im Blick wie Rohstoffpreise, Handelskonflikte oder aktuelle politische Ereignisse. Und die drängendsten Fragen, die sich Unternehmer, Investoren und interessierte Hörer dazu stellen. Die beantworte ich zusammen mit Andreas Ries, unserem Chefvolkswirt. Alle zwei Wochen in unserem HVB Market Briefing Podcast hören Sie doch mal rein. Mehr dazu in den Shownotes.

[00:06:31]

In seiner Zeit als Bundeskanzler wurde Gerhard Schröder aufgrund seiner wirtschaftsfreundlichen Politik hin und wieder auch mal Genosse der Bosse genannt und in der Tat versteht er viel von Wirtschaft. Schließlich ist er auch noch Anwalt auf dem Gebiet und gewissermaßen selbst aktiv. Er ist Vorsitzender des Gesellschafts Ausschusses der Nord Stream AG. Und noch dazu Aufsichtsratsvorsitzender des größten russischen Ölkonzerns Rosneft. Kein Geheimnis also, dass er sich klar für eine Fertigstellung der Ostseepipeline ausspricht. Wie eben schon kurz angesprochen, hat der Schröder seinen geopolitisches Wissen in einem neuen Buch verschriftlicht.

[00:07:12]

Europa braucht in vielerlei Hinsicht ein Update, so der Kerngedanke. Und wie genau das aussehen soll, darüber sprechen wir jetzt mit ihm. Hallo Herr Bundeskanzler, guten Tag.

[00:07:23]

Sie können weiter Schröder sagen. Es hat sich ausgehen. Kanzler. Okay. In Ordnung, Herr Schröder. Bevor wir tiefer in Ihr Buch eintauchen, lassen Sie uns erst mal einen kurzen Blick in die USA werfen. Es ist noch nicht mal ein Monat her, dass Joe Biden sein neues Amt angetreten hat. Und viele glauben nicht daran, dass die Außenpolitik der USA eine völlig andere wird. Besonders das Verhältnis zu China, sagen viele, wird sich nicht verändern. Was denken Sie?

[00:07:48]

Das kann ich nicht wirklich beurteilen, ob sich das Verhältnis zu China wirklich grundlegend verändert. Angesichts der wirtschaftspolitischen Auseinandersetzungen, die es nun einmal gibt, glaube ich eher nicht. Allerdings denke ich, dass der Ton und die Art und Weise, wie mit der, wie man miteinander umgeht, schon verbindlicher wird und das kann ja helfen. Dann das ein oder andere Problem auch diplomatisch zu lösen. Der Stil wird sich ändern. Ob sich der Inhalt wirklich ändert, wird man sehen müssen.

[00:08:18]

Wird eine der wichtigen Probleme auch für Deutschland sein. Denn Deutschland vor allen Dingen kann sich ja eine Teilnahme an einem wie immer gearteten Handelskrieg mit China überhaupt nicht leisten. Und dabei geht es nicht nur um die Großen der Automobilindustrie, sondern um unglaublich viele mittelständische Unternehmen, die den chinesischen Markt brauchen, um in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten überleben zu können.

[00:08:43]

Ja, in der Tat. Und trotzdem Deutschland ist in einer schwierigen Situation. China und die USA liefern sich ein Wettrennen um die wirtschaftliche Vorherrschaft. Besonders im Bereich Technologien soll jetzt erwarten die USA Loyalität von Europa, besonders von Deutschland. Wie soll sich Deutschland, wie soll sich Europa hier positionieren?

[00:09:03]

Ich finde, wir müssen als Europäer, auch als Deutsche unsere eigenen Interessen vertreten. Natürlich mit Rücksicht auf Freunde wo auch immer. Insbesondere auch in den USA. Aber wir sollten uns nicht in eine Auseinandersetzung hineinziehen lassen, die vor allen Dingen aus welchen Gründen auch immer zwischen den USA und China läuft. Nicht zuletzt die deutschen Mittelständler, die in China produzieren, die auf dem chinesischen Markt Interessen haben, brauchen die Unterstützung der Bundesregierung, brauchen die Unterstützung ihrer ihres eigenen Landes.

[00:09:39]

Und deswegen? Der Markt in China ist für uns viel zu wichtig, als dass wir ihnen aus ideologischen oder welchen Gründen auch immer in Frage stellen lassen könnten. Es geht um europäische, um deutsche Interessen. Lassen Sie mich hinzufügen Das Abkommen, was die Europäer gerade mit China geschlossen haben, ist ein wichtiger Schritt auf dem Wege zu einer Verbesserung der Beziehungen, auch in Hinblick auf gelegentliche Probleme, die man in China hat. Mit geistigem Eigentum zu kommen, begrüße das außerordentlich und man sollte daran festhalten.

[00:10:18]

Ja, verstehe. Wenn wir jetzt mal von China auf Russland blicken Sie sagen in Ihrem Buch Ohne ein belastbares Verhältnis zu Russland hat Europa keine Zukunft. Sie sagen, Russland bildet die Brücke Europas zum asiatischen Raum und sei wegen seiner immensen Reserven an fossilen Rohstoffen für Europa eines schwer ersetzbar. Quelle Sie beziehen sich hier wohl auf die Erdgaslieferungen. Da ist es ja in der Tat so, dass circa ein Drittel unseres Bedarfs aus russischen Lieferungen stammt. Aber im Grunde ist das doch eine eine gegenseitige Abhängigkeit.

[00:10:50]

Wir erhalten die Rohstoffe und Russland eben das Geld.

[00:10:53]

Ja, keine Frage, natürlich. Die Russen brauchen die Bezahlung des Gases für ihr Budget. Das ist nicht unwichtig. Insofern haben sie völlig recht. Es ist eine gegenseitige Abhängigkeit. Und im Übrigen Historisch war es ja immer so, dass selbst in Zeiten der Sowjetunion die Gaslieferungen auch die Öllieferungen im Übrigen bestimmt haben und pünktlich beachtet worden. Wir hatten nie Liefer Probleme mit Russland und Russland, nie Bezahlungen, Probleme mit uns. Ist überhaupt nicht einsichtig, wieso sich da etwas ändern soll.

[00:11:28]

Es geht um bei Russland. Übrigens nicht nur um ökonomische Fragen, auch um politische. Wir wissen doch aus unserer eigenen Geschichte immer dann, wenn wir ein gutes Verhältnis mit Russland hatten, war es friedlich auf diesem Kontinent. Und wenn das anders war, wurde es leicht unfriedlich, bis hin zu Kriegen, über die wir ja alle gelegentlich nachdenken. Das ist doch das Problem, was wir haben. Und dabei geht es übrigens nicht nur um Öl und Gas, sondern es geht um ganz viele, ganz wichtige Grundstoffe wie Seltene Erden, wie besondere Edelmetalle, die wir für unsere industrielle Entwicklung einfach brauchen.

[00:12:08]

Und im Übrigen Ein Markt wie Russland, wo immerhin 4 bis 6000 das ändert sich gelegentlich deutsche mittelständische Unternehmen präsent sind, ist nicht ganz unwichtig für den Wohlstand und die Arbeitsplätze in Deutschland.

[00:12:21]

Verstehe. Ja, Nord Stream 2 ist ja momentan ich sag mal der politische Krisenherd in Sachen Russland 150km, die fehlen noch, dann wäre die Pipeline fertiggestellt und das Pipeline Schiff verlege Schiff Fortuna. Das hat die Arbeiten ja jetzt sogar wieder aufgenommen in den letzten Tagen. Was denken Sie Herr Schröder, wann oder wird Nordstream 2 dieses Jahr fertiggestellt?

[00:12:42]

Ich kann Ihnen das nicht sagen, weil ich bin kein Ingenieur, der etwa einschätzen könnte, wie lange man zur Rest Auferlegung braucht. Wichtig ist, man hat begonnen, die Verlegung, die ja im Einklang mit allen Genehmigungen steht, die man national wie international bekommen hat. Diese Verlegung fortzusetzen. Ich hoffe, dass das bald zu Ende gebracht werden kann, dass im Interesse Deutschlands, im Interesse Europas. Übrigens was gerade der österreichische Bundeskanzler ebenso wie der französische Präsident gerade noch einmal bestätigt haben, natürlich auch im Interesse Deutschlands.

[00:13:19]

Wir haben bereits darüber geredet und das mit irgendeiner anderen Frage zu verknüpfen, hielte ich für völlig falsch. Ich bin im Übrigen mit dem Herrn Bundespräsidenten der Auffassung, dass die Brücke, die wir argumentativ auch aus ökonomischen Gründen, aber nicht nur zu Russland brauchen, nicht abgebrochen werden sollte. Dazu ist dieses Land für die internationale Politik, für die Lösung internationaler Fragen viel zu wichtig, als wenn wir das außer Acht lassen dürften.

[00:13:53]

Ja, jetzt haben Sie ja indirekt den Fall Nawalny, denke ich, auch damit angesprochen und gemeint. Ich weiß, Herr Schröder, Sie können es sicher nicht mehr hören, aber es interessiert unsere Hörer sehr und das glaube ich gar nicht mal so sehr.

[00:14:04]

Es interessiert wahrscheinlich in allererster Linie sehr, sehr. Aber ich will in der Breite nicht nur mehr sagen Das Thema ist so auf einen Moment ein Moment. Herr Söder, lassen Sie mich die Frage bitte kurz zu Ende bringen, damit Sie mich richtig verstehen. Es interessiert viele Menschen, nicht nur mich, wie sie ihre Einstellung begründen. Sie trennen klar zwischen Wirtschaft und Politik in Sachen Russland, okay. Aber was wäre aus Ihrer Sicht ein korrekter politischer Umgang im Fall Nawalny?

[00:14:28]

Schauen Sie, ich kritisiere, dass man versucht, mit Sanktionen Politik zu machen. Das hat doch nie funktioniert und erst recht nicht im Verhältnis zu Russland nicht funktioniert. Wir haben uns verständigt, über das Buch, das ich zusammen mit Herrn Professor Schöllgen geschrieben habe, zu reden. Dieses Buch handelt von Russlands internationaler Rolle, nicht von Herrn Nawalny. Und alles, was dazu zu sagen ist, habe ich gesagt. Und im Übrigen mit viel Kritik, die ich teilweise nachvollziehen kann, teilweise nicht, mit der ich aber leben muss.

[00:15:03]

Also bitteschön erlauben Sie mir an zu erinnern, was bereits gesagt worden ist.

[00:15:08]

Und dabei bleibt tatsächlich Herr Schröder geht es nur um etwas anderes.

[00:15:11]

Schauen Sie mal, wir wollen doch über unser Buch reden wir noch, Herr Schröder nicht mehr. Und ich würde diesen Gedanken gerne einmal zu Ende führen. Ist das in Ordnung? Bitte gerne. Natürlich.

[00:15:20]

Wissen Sie, die Welt ist selten bis nie schwarz oder weiß und Ihre Argumentation ist wirtschaftlich nachvollziehbar. Und dennoch Sie sind doch der Inbegriff von Demokratie. Sie sind Sozialdemokrat und Sie pflegen gute Beziehungen zu Herrn Putin. Also könnte man diesen Zustand, den ja viele kritisieren, nicht ins Positive drehen, wären sie nicht das perfekte Bindeglied zwischen Deutschland und Russland, um den politischen Dialog, den wir aus ihrer Sicht ja auch so dringend brauchen, wieder mehr herzustellen?

[00:15:47]

Interessante Frage, aber Sie sollten mich auch nicht überschätzen. Die politischen Beziehungen zwischen einem Land wie Deutschland und Russland müssen Gegenstand der offiziellen Politik sein. Die können nicht Gegenstand von Menschen sein, jedenfalls nicht in erster Linie. Die offizielle Politik wie in meinem Fall nicht mehr betreiben. Deswegen ist es so wichtig und ich freue mich auch darüber, dass die Bundesregierung klar gesagt hat Nordstream 2 dient unseren Interessen. Wir möchten, dass das fertig gebaut wird und europäische andere europäische Länder ebenso.

[00:16:24]

Und im Übrigen ist es Sache der Bundesregierung, die politischen Beziehungen zu einem Land. Für Russland entlang der deutschen Interessen zu bestimmen. Da kann man gelegentlich hilfreich sein. Was ich in anderen Fragen auch schon mal war. Wie im Übrigen nicht nur dort, sondern auch bezogen auf die Türkei. Aber man sollte sich als ehemaliger Bundeskanzler nicht anmaßen, an Stelle der Bundesregierung irgendein politisches Problem im Verhältnis Deutschland zu einem anderen Land lösen zu können, auch nur lösen zu wollen.

[00:16:58]

Das ist nicht oder ich habe zu sagen nicht mehr meines.

[00:17:02]

Okay, okay, eine letzte Frage dazu noch Herr Schröder, bitteschön. Gibt es so etwas wie eine rote Linie? Also gibt es einen Punkt, an dem Sie sagen würden Lieber Wladimir, mir reicht's.

[00:17:13]

Schauen Sie, rote Linien aufzustellen. Da sind viele schon gescheitert. Zum Beispiel der frühere amerikanische Präsident in Syrien. Wissen Sie, ich verstehe, dass Journalisten immer gerne rote Linien sehen wollen, deren Überschreitung dann die eine oder andere Konsequenz hat. Aber ich kann mir keine vorstellen.

[00:17:33]

Okay, kommen wir mal zu Europa. In Ihrem neuen Buch sprechen Sie sich für eine europäische Armee aus. Sie sagen, die NATO hat ihren einstigen Zweck, sich gegen die Sowjetunion zu stellen, längst erfüllt. Und Sie sprechen von einer dreißigjährigen Orientierungslosigkeit der NATO. Wie müsste sich die NATO aus Ihrer Sicht denn verändern?

[00:17:52]

Was wir brauchen, ist nicht nur eine europäische Wirtschaft und möglicherweise auch Sozialpolitik. Was wir brauchen, ist auch eine europäische Außen und Sicherheitspolitik. Und dazu gehört dann auch eine europäische Armee. Die Aufgaben in unserer unmittelbaren Nachbarschaft, wenn sie denn militärisch notwendig sind, lösen kann. Das ist der Kern dessen, was wir versucht haben, deutlich zu machen.

[00:18:19]

Sie sagen an anderer Stelle ja auch wir müssen als Europa in jederlei Hinsicht mehr zusammenwachsen, also einheitlich und stark genug werden, um gegen andere Weltmächte standzuhalten.

[00:18:28]

Das ist völlig richtig. Das betrifft insbesondere natürlich den wirtschaftlichen Bereich und im wirtschaftlichen Bereich vor allen Dingen die Eurozone. Schauen Sie, wir haben in der Eurozone eine gemeinsame Währung und in der Geldpolitik koordiniert die Europäische Zentralbank das, was notwendig ist. Übrigens sehr erfolgreich. Gelegentlich kann man sich über die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank durchaus kritisch unterhalten. Aber alles in allem hat diese Bank der Politik auch Spielräume verschafft, die sie leider nicht hat nutzen können. Was wir nämlich brauchten, mindestens in der Eurozone, ist nicht nur die Koordination der Geldpolitik, sondern auch die Koordination, die größere Koordination der Wirtschaft und der Finanzpolitik.

[00:19:17]

Das wird die Aufgabe der nächsten Jahre für die Generation sein, die die europäischen Länder dann führen wird. Wer immer das in Deutschland zu machen hat, wird sich dieser Aufgabe in besonderer Auffassung in besonderem Maße vornehmen müssen. Also wir brauchen mehr Integration mindestens in der Eurozone, um unsere Währung gegenüber Spekulationen von außen besser verteidigen zu können. Eine Aufgabe, die jetzt vor der nächsten Generation der politisch Handelnden unmittelbar steht und die, die anpacken müssen.

[00:19:52]

Absolut und tatsächlich eine sehr schwierige Aufgabe. Wenn wir mal überlegen, das kann man sagen deutet ja. Das bedeutet ja gleichzeitig, dass die Länder tatsächlich ihren oder einen nennenswerten Teil ihrer Souveränität aufgeben müssten.

[00:20:04]

Ja, sicher. Deutschland hat das immer gewusst und war durchaus führend dabei, bereit zu sein. Teile der Souveränität nicht alles, aber Teile der Souveränität zum Beispiel in der Finanz und in der Wirtschaftspolitik auf die europäische Ebene Transe zu transferieren. Dabei geht man natürlich davon aus, dass, was die Europäer dann leisten, auch administrativ gut gemacht wird. Da habe ich aktuell meine Zweifel, wenn ich etwa an die Opfer, an die Beschaffung von Impfstoffen mir da anschaue. Da ist vieles schief gelaufen, was man hätte besser machen können.

[00:20:44]

Aber das heißt ja nicht, dass es in anderen Bereichen auch ähnlich schief laufen kann.

[00:20:50]

Mal eine Grundsatzfrage. Wir sprechen so viel über den sogenannten Westen. Wie definieren Sie den Westen also? Woran machen Sie Ihre Definition fest? Gemessen an Regionen oder eher an Normen?

[00:21:01]

Ja gut, das ist ja vielfach, das ist ja vielfach definiert worden. Das betrifft natürlich insbesondere den NATO Bereich. Nun gibt es Menschen, die sagen, dazu müsste man auch asiatische Länder, wenn sie demokratisch strukturiert sind, zählen. Ich habe da meine Zweifel, ob man den Westen so umfassend diskutieren kann. Bisher ist das so, dass man den den Westen begriffen hat als den Bereich, der die NATO umfasst.

[00:21:29]

Schon. Gibt es ja Dinge, über die man nachdenken muss. Wie ist das Verhältnis innerhalb der NATO, zum Beispiel zwischen Griechenland und der Türkei? Sind ja alles Probleme, die diskutiert und gelöst werden müssen. Und deswegen kann man ja nicht von einem monolithischen Block ausgehen, sondern das ist ja der Versuch, zum Nachdenken aufzufordern in diesem Buch auch über solche Probleme, die wir in dieser Form des Westens ohne Zweifel, wenn Sie fünf Jahre in die Zukunft schauen.

[00:22:05]

Was glauben Sie, was wird sich? Was wird sich in Europa verändert haben?

[00:22:09]

Was wir brauchen, ist eine europäische Migrationspolitik. Die kann nicht nur im nationalen Maßstab gemacht werden. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, denn wir sehen ja die Probleme, die mit den Migrationswellen aus Afrika z.B. nicht nur aus Afrika verbunden sind. Was wir brauchen, ist im Bund. Im Buch angesprochen worden. Eine stringente Außen und Verteidigungspolitik auch der Europäischen Union. Und was wir zum Brieten Dritten brauchen, ist mehr Integration, jedenfalls in der Eurozone, um zwischen den beiden Polen, die weltpolitisch das Sagen behalten werden, nämlich Amerika auf der einen Seite, Asien und China auf der anderen Seite und vielleicht einem dritten Russland zum dritten als Europäer eine ökonomisch und politische Rolle zu spielen.

[00:23:02]

Das wird die Aufgabe der kommenden Generationen politischer Führung in Europa sein. Und wer immer das von Deutschland aus wird, muss wissen Er kann Europa nur zusammen mit Frankreich führen. Er muss es aber auch wollen, denn es sieht so aus, dass es als nächsten, wer auch immer es werden wird, ein Er ist und nicht eine Sie und deren politische Rolle einzuschätzen, ist nicht Sache ihres Vorgängers, sondern ist Sache der Historiker.

[00:23:34]

Eine gute europäische Migrationspolitik. Wie sieht die aus aus Ihrer Sicht?

[00:23:39]

Was wir brauchen, ist natürlich eine gemeinsame Einwanderungspolitik. Die muss zwischen Ost und West abgestimmt werden. Und da müssen die Bedenken, die es in einigen osteuropäischen Ländern gibt, auch überwunden werden, dass das eine das zweite ist. Wir müssen wissen, wer kommt und wer kommen darf. Das heißt, wir brauchen einen Ausbau von Frontex, einen Ausbau von Grenzsicherung, die wir machen müssen. Und wir werden erhebliche Anstrengungen nicht nur innerhalb Deutschlands, da sind wir auf einem gar nicht so schlechten Wege zu machen haben, um diejenigen, die gekommen sind und möglicherweise noch kommen werden, in den Arbeitsmarkt einzugliedern.

[00:24:20]

Das sind die Aufgaben, die vor uns stehen.

[00:24:22]

Hoffen wir, dass wir sie alle bewältigen können. Herr Schröder, ganz herzlichen Dank für das Gespräch. Bitteschön. Gern geschehen.

[00:24:35]

Und das war's für heute von Handelsblatt Today. Redaktionsschluss war wie gewohnt um 16 Uhr. Die Producer dieser Sendung sind Christian Heinemann und Alexander Voss. Haben Sie weitere Fragen, Anmerkungen, Lob oder Kritik für uns? Dann teilen Sie uns Ihre Gedanken gerne mit. Sie erreichen uns unter Today at Handelsblatt Punkt. Kommen. Und wenn Ihnen die Folge heute gefallen hat, dann schreiben Sie uns doch gerne eine kurze Bewertung auf Ihrer Podcast Plattform. Und jetzt wünsche ich Ihnen einen schönen Feierabend und wenn Sie uns morgens hören, einen guten Start in den Tag.

[00:25:10]

Bleiben Sie gesund.