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[00:00:04]

Hallo und herzlich willkommen bei Handelsblatt Today, Ihrem Börsen täglichen Podcast direkt aus unserem Newsroom in Düsseldorf. Wir sprechen von Montag bis Freitag über wichtige Nachrichten und ihre Bedeutung für die Finanzwelt. Heute ist Mittwoch, der sechste Januar und ich bin Lena BoJack.

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So klingt es, wenn der Big Ben sein ganz eigenes Time to say Goodbye einläutet. Eine Stunde vor Jahreswechsel schlugen die Glocken des Londoner Wahrzeichens zum Zeichen des Abschieds. Ein Abschied, der am Ende vier Jahre gedauert hat. Nach 47 Jahren Mitgliedschaft hat Großbritannien zum 1. Januar nun endgültig die EU verlassen.

[00:00:56]

Wie sie so eine Maisie mit Quatre. We have a freedom in Hans Antis obd as to make the wild. Das entscheidende Abkommen dazu. Das war an Heiligabend für Premierminister Boris Johnson das wohl schönste Weihnachtsgeschenk. Da nämlich war der Brexit-Deal perfekt. Wobei perfekt unperfekt, muss man wohl sagen. Nicht nur, weil Johnson in einigen Verhandlungsrunden dann doch zurückstecken musste, sondern auch, weil es noch einige offene Fragen gibt. Kein Wunder, denn auf einmal ging ja alles ganz schnell.

[00:01:33]

Kaum beschlossen, gelten die neuen Regeln nun auch. Schon seit Beginn des neuen Jahres soll Formulare, Grenzkontrollen, Luftfahrt, Beschränkungen, nationale Anerkennung, Pflicht von Fachkräften wie Ärzten, Ingenieuren und Anwälten und zu guter Letzt natürlich die Marktzutritt Barrieren für britische Finanzdienstleister. Über all diese Dinge, da bin ich mir ziemlich sicher, haben Sie in den vergangenen Tagen und Wochen schon ziemlich viel gehört. Deswegen verschonen wir Sie heute mit einem durchgekaut ein Referat darüber, was in dem knapp 1250 Seiten langen Abkommen drinsteht.

[00:02:07]

Stattdessen spreche ich mit unserem Korrespondenten in London, Carsten Voll Kaegi, über das, was zwischen den Zeilen steht. Die ungeklärten Fragen und Schwierigkeiten, die der Deal nun hinter sich herzieht.

[00:02:21]

Während die einen ihren Pakt nun geschlossen haben, sind die anderen noch verzweifelt auf der Suche danach. Die deutsche Pflegeversicherung lechzt förmlich nach einer Reform. Wenn in der Pflege nicht endlich etwas passiert. So lauten die Mahnungen, büßt dafür spätestens im nächsten Jahr der Steuerzahler. Lässt sich ein solcher Beitrag Schock noch verhindern? Wenn ja, wie? Darüber spreche ich am Ende der Sendung mit meinem Berliner Kollegen Gregor Vakzine Akki.

[00:02:55]

Von einem Schock zum nächsten. Und zwar einem, der den meisten noch frisch in den Knochen sitzen dürfte. Die Regierung hat gestern beschlossen, den Lockdown zu verlängern und die Maßnahmen weiter zu verschärfen. Mir zugeschaltet ist. Für unseren täglichen Markt bricht nun unsere Finanz Redakteurin aus Frankfurt Andrea Können. Andrea hat diese Nachricht aus dem Kanzleramt auch Einfluss auf die Börse? Erstaunlicherweise nicht Lena. Im Gegenteil Der DAX liegt rund ein Prozent im Plus. Das sieht ganz solide aus. Und ausgerechnet die Aktien, die vom verlängerten Lockdown profitieren.

[00:03:29]

Die stehen heute unter Druck. Die meisten Coruña Profiteure findet man in Deutschland unter den Nebenwirkungen im MDAX und dem Estag. Und hier haben heute zumindest zwischenzeitlich die Aktien von z.B. Teamviewer, Schrob, Apotheke oder Zalando deutlich nachgegeben. Allerdings hatten diese Aktien seit Montag ihre massiven Gewinne des vergangenen Jahres noch weiter ausgebaut. Ganz ähnlich ist es im DAX bei der Aktie von Delivery Hero, wobei Delivery Hero ja in Deutschland gar kein Essen ausliefert. Aber auch hier machten Investoren jetzt erst einmal Kasse.

[00:04:01]

Okay, das ist jetzt eine Antwort, mit der ich so erst mal nicht gerechnet habe. Warum spielt in der längere Lockdown für Investoren nun erst einmal keine Rolle? Ja, dafür gibt es vor allem drei Gründe. Zum einen hatten sich die Anleger genau auf dieses Szenario eingestellt und in der Hoffnung, dass sich das Leben in diesem Jahr dank der Coruña Impfung wieder normalisiert und sich die Wirtschaft erholt. Daran ändert jetzt der längere Lockdown im Prinzip auch nicht viel. Und außerdem haben sie die Hoffnung auf Impfung verstärkt, weil heute die europäischen Çay Mittel Behörde grünes Licht für die Zulassung des Impfstoffes von Moderna gegeben hat.

[00:04:37]

Und drittens gab es dann auch noch für die europäischen Börsen heute mal wieder positive Impulse aus den USA mit den positiven Impulsen. Meinst du die Senatswahlen oder genau bei den Stichwahlen im Senat im US-Bundesstaat Georgia? Da zeichnet sich immer deutlicher ab, dass die Demokraten beide Senat Sitze gewinnen werden. Damit hätte dann der künftige demokratische US-Präsident mehr Spielraum bei der Umsetzung seiner Politik. Und genau darauf setzen Investoren schon seit Monaten. Die Investoren hoffen dabei vor allem auf höhere Staatsausgaben für die Infrastruktur.

[00:05:09]

Und das hilft auch Deutschland. Aktien von z.B. Heidelberg Zement sind heute deutlich gestiegen, weil der Baustoff Konzern viele Geschäfte in den USA macht. Allerdings die Freude ist nicht ungetrübt. Die US Technology Börse Nasdaq, die hat mehr als ein Prozent im Minus eröffnet. Investoren fürchten unter den Demokraten eine stärkere Regulierung der Tech-Giganten an der Wall Street. Amazon, Facebook, Microsoft, Alphabet sie alle geben an der Wall Street heute nach lieben Dank, Adrià. Ich danke.

[00:05:45]

Bevor wir gleich mit unseren großen Interviews starten, möchte ich Ihnen noch eine Empfehlung ans Herz legen, denn das Handelsblatt hat neben der Zeitung, der Website und natürlich den Podcasts noch andere spannende Produkte zu bieten.

[00:05:58]

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[00:06:34]

Ein Abschied zwischen zwei langjährigen Partner ergibt drei große Fragezeichen. Das ist eine Gleichung, die zumindest beim Brexit aufgeht. Und die werde ich nun mit unserem Korrespondenten in London, Carsten v. Kaegi, durch kalkulieren. Denn Sorge und Unklarheit herrschen trotz Abkommen noch immer in Bezug auf die Situation Nordirlands. Die Zukunft internationaler Lieferketten und den Verbleib der britischen Finanzdienstleister. Carsten Ich würde gerne mit der Nordirland Frage beginnen. Das ist ja einer der Faktoren, der deshalb für Unsicherheit sorgt, weil eben hier etwas völlig Einzigartiges entstanden ist.

[00:07:13]

Nordirland genießt einen Sonderstatus, den es so bislang noch nicht gibt. Das Land gehört ja weiterhin beiden Binnenmärkte an, also dem britischen und dem europäischen. Der britische Vizepremierminister Michael Gove hat das mit Das Beste aus beiden Welten überschrieben. Und so klingt das ja auch erstmal, wenn man die Rechte beider Seiten genießt. Auf der anderen Seite klingt diese Situation aber auch ein bisschen nach einem Tauziehen zwischen den Briten und den EU-Mitgliedern, allen voran Irland mit Nordirland als Thau. Die Frage ist natürlich Wie berechtigt ist die Sorge um solch ein Kräftemessen?

[00:07:52]

Ja tatsächlich. Dieser einzigartige Zwitter Status bedeutet, dass Nordirland wohl immer ein Zankapfel bleiben wird zwischen den beiden Seiten. Denn die britische Regierung ist ja sehr bedacht darauf, dass die neue Zollgrenze, die da in der Irischen See nun errichtet wurde, nicht ihr Staatsgebiet zerteilt auf Dauer. Und sie will verhindern, dass der Landesteil Nordirland vom Rest des Landes abgeschnitten wird. Auf der anderen Seite will die EU sicherstellen, dass Nordirland nicht zum Einfallstor für für Schmuggelware wird in den Binnenmarkt.

[00:08:24]

Sie ist sehr daran interessiert, dass an dieser Seegrenze auch ordentlich kontrolliert wird. Und diese beiden Faktoren werden dafür sorgen, dass es halt immer Spannungen gibt. Wahrscheinlich in Nordirland.

[00:08:34]

Und was glaubst du, wer dieses Kräftemessen am Ende gewinnen könnte? Ja, das wird sich zeigen.

[00:08:40]

Die Neuen waren Kontrollen in der Irischen See. Die werden dazu führen, dass ein nordirische Unternehmen ihre Lieferketten umstellen. Sie werden künftig sicherlich lieber Produkte aus Irland bestellen, also aus dem Süden als aus Großbritannien, weil das weniger Bürokratie bedeutet. Und wirtschaftlich werden die beiden Insel Teile wahrscheinlich enger verzahnt in den kommenden Jahren.

[00:09:04]

Die Frage ist, ob das früher oder später auch zur politischen Vereinigung führt. Denn das Karfreitagsabkommen, mit dem der Bürgerkrieg 1998 beendet wurde, sieht ja eine Volksabstimmung vor, wenn eine Mehrheit in Nordirland eine Vereinigung mit der Republik Irland will. Das ist laut Umfragen im Moment noch nicht der Fall. Die Mehrheit der Nordiren will im Vereinigten Königreich bleiben. Man wird sehen, wie sich das in den kommenden Jahren entwickelt.

[00:09:29]

Du hast schon Lieferketten angesprochen. Das ist ein ganz gutes Stichwort, um jetzt weiterzumachen. Zu Wochenbeginn wurden ja ellenlange Staus am Fährhafen in Dover und dem Eurotunnel im benachbarten Folks Down vorhergesagt, weil hier der ganze Verkehr zum Festland lang fließt, der jetzt nun wegen Zollkontrollen auf EU-Seite natürlich ins Stocken geraten kann. Diese Staus sind jetzt erst einmal ausgeblieben. Weniger Fahrer als sonst haben die Grenze passiert. Ich nehme aber an, aufgeschoben ist hier auch nicht aufgehoben, oder die Staus kommen bestimmt noch.

[00:10:01]

Ja, das ist zumindest die Erwartung. Bisher ist es so, dass seit dem Neujahrstag so ungefähr täglich nur 1000 Lastwagen die Grenze passieren in Dover. Normalerweise sind es 6000 bis 10 000 spricht. Das ist ein deutlich geringeres Volumen. Und dazu kommt, dass auf der französischen Seite offenbar auch durchgewunken wird. Zum großen Teil. Also so richtig ernste Test scheint noch zu kommen. Manche in den Verbänden Wirtschaftsverbänden sagen auch Das ist jetzt die Ruhe vor dem Sturm. Unternehmen haben aufgestockt vor Weihnachten, brauchen jetzt erst einmal keine Lieferungen.

[00:10:36]

Spediteure warten ab. Man wird sehen, wie sich das in den kommenden Wochen entwickelt, wenn sich der Verkehr normalisiert.

[00:10:44]

Um mal eine Vorstellung von der Situation zu bekommen. Was erwartet denn die Fahrer, die die Grenze passieren wollen?

[00:10:50]

Ja, es ist so. Ich war vor ein paar Tagen mal da und habe mit ein paar Fahrern gesprochen. Die müssen halt im Moment Coruña Test vorweisen, einen negativen, um in die EU einreisen zu dürfen. Sie brauchen eine Zufahrt Erlaubnis für die Grafschaft Kent. Beides haben viele Fahrer nicht. Die britische Regierung hat es Informationsstelle eingerichtet, ein Autobahnraststätten und die sagen, die Mehrheit der Fahrer hat davon nie was gehört. Und die müssen dann halt sich immer wieder hinten anstellen an der Schlange.

[00:11:20]

Und das ist relativ schnell gemacht. Die britische Regierung bietet Coruña Test an der Straße an. Die werden da schnell fünf Minuten gemacht und dann können die auch weiterfahren. Genauso mit dieser Online Zufalls Erlaubnis für Kent. Also ist auch binnen Minuten gemacht. Also das sind so die die Kinderkrankheiten, die es da jetzt noch gibt in dem System. Und dann wird man eben sehen, wie sich das jetzt in den kommenden Wochen entwickelt.

[00:11:46]

Wie will man denn dieses drohende Chaos da an den Grenzen in den Griff bekommen? Gibt's da irgendwelche Pläne?

[00:11:52]

Ja, es soll eine Smart Border werden. Das heißt, es soll grossenteils mit IT geregelt werden. Und zwar müssen die. Und bzw. die Firmen Zoll Formulare online ausfüllen und das soll an der Grenze dann nur noch per Nummernschild Erkennung gecheckt werden, ob LKW halt alle nötigen Formulare ausgefüllt haben. Für einige Sachen wie Lebensmittel und Gefahren Güter sind allerdings physische Text tatsächlich erforderlich und das wird sich sicherlich dann mit Stichproben zum Teil auch erledigen. Um den Verkehr fließen zu lassen.

[00:12:30]

Wir sprechen jetzt natürlich, wenn wir von den Problemen sprechen, noch im Konjunktiv. Du hast ja erwähnt, dass noch ganz geordnet dort zugeht. Angenommen, die Probleme verschärfen sich und sie dauern länger. Anderen ist eine logische Konsequenz. Natürlich, dass Unternehmen ihre Lieferketten umstellen. Das ist jetzt nicht völlig neu. Deutschland exportiert schon seit dem Referendum 2016 weniger nach Großbritannien. Es könnte dann aber natürlich ganz andere Dimensionen annehmen, oder? Ja, sicher.

[00:12:58]

Die Lieferketten werden schon umgebaut werden. Seit dem Referendum schon umgebaut. Das ist natürlich, dass Unternehmen sich umgucken, wenn sie wissen Okay, an der Grenze wird es künftig schwieriger und teurer und umständlicher. Dass man sich nach alternativen Zulieferern umguckt, das ist schon passiert. Das wird weiter passieren. Außerdem werden alternative Transportwege auch gesucht. In Irland z.B. wird jetzt gerade probiert, neu Routen direkt zum europäischen Festland zu verstärken. Der Seeweg ist zwar länger als der Landweg über Großbritannien, also bisher fahren die meisten Lastwagen von Dublin über Holy Head und Dover bis nach Calais.

[00:13:45]

Und in Zukunft könnte es halt passieren, dass mehr Fracht über dem Seeweg direkt von einem irischen Hafen nach Frankreich mit der Fähre gebracht wird. Es teurer nehmen aber dann die Unternehmen im Zweifel in Kauf, wenn sie dafür die Sicherheit haben, dass ihre Güter auch rechtzeitig ankommen.

[00:14:05]

Carsten, einer der großen Verlierer der Debatte ist wohl bislang die Finanzbranche. Die wurde nämlich gar nicht im Deal berücksichtigt. Mit Beginn des Jahres haben sie nun aber sogar ihre sogenannten Passport hinreichte verloren, die ihnen einen automatischen Zugang zum EU-Markt erlaubt haben. Welche Marktzutritt es? Barrieren gibt es denn nun für britische Finanzdienstleister? Also was müssen Sie tun, um Ihre Dienste in der EU wieder anbieten zu dürfen?

[00:14:31]

Ja, aktuell müssen britische Firmen der EU Tochter haben, um ihre europäischen Kunden bedienen zu können. Das haben die meisten auch längst, weil ja lange bekannt war, dass es keinen Deal für den Finanzsektor geben wird. Der EU Aktienhandel zum Beispiel ist jetzt am Neujahrstag komplett aus London nach Paris und Amsterdam gewandert. Dort haben die Londoner Anbieter alle Töchter etabliert. Sie hoffen aber natürlich darauf, dass die EU-Kommission trotzdem bald den britischen Finanzplatz als gleichwertig anerkennt. Das ist die Voraussetzung.

[00:15:06]

Dass sie dann auch künftig aus London wieder ihre Kunden bedienen können. Diese sogenannten Äquivalenz Entscheidungen trifft die EU im Verhältnis zu Drittstaaten. Großbritannien ist jetzt ja Drittstaat und damit wie die USA oder die Schweiz jetzt abhängig davon, dass die EU-Kommission das Regelwerk als gleichwertig anerkennt.

[00:15:29]

Diese Äquivalenz Entscheidungen, die zögern, die aber noch ein bisschen hinaus. Das klingt nach einem cleveren Schachzug der EU. Ist das Berechnung, um den eigenen Markt zu stärken?

[00:15:39]

Ja, die EU Kommission kann frei entscheiden. Sie ist da vollkommen unabhängig, wann sie einen Drittstaat für Equivalent erklärt. Sie hätte doch schon letztes Jahr machen können mit Großbritannien, wenn sie gewollt hätte. Denn das britische Regelwerk ist ja aktuell identisch mit dem europäischen. Also inhaltlich spricht überhaupt nichts dagegen. Und das ist nicht getan. Hat zeigt eben, dass es sich hier um eine politische Entscheidung handelt. Weil die EU die Finanzplätze der EU stärken möchte. Also möglichst viele Aktivitäten sollen aus London auf den Kontinent wandern.

[00:16:15]

Und je länger man die Äquivalenz Entscheidung hinauszögert, desto mehr wird das wahrscheinlich passieren. Dann würde ich gerne zum Schluss noch eine Frage mit dir klären, die so ein bisschen wie ein Elefant im Raum steht. Karsten London war bislang das europäische Finanzzentrum. Spreche ich hier jetzt mit der Gächter in der Vergangenheit?

[00:16:35]

Ja, also London hat sich immer schon als globales Finanzzentrum gesehen und und weist auch jetzt natürlich besonders darauf hin, dass nur ein Drittel des Geschäfts überhaupt einen EU Bezug hat. Also man will das jetzt so ein bisschen herunterspielen, die Bedeutung dieses EU Geschäfts und sagen, dass man noch viel größer ist und Asien USA Rest der Welt handelt. Das wird sicher auch nach dem Brexit so bleiben, denn die Stadt hat ein gewachsenes Ökosystem in allen relevanten Akteuren. Sie hat die englische Sprache, das englische Rechtssystem, also viele Vorteile, die es in der EU eben nicht gibt an die EU.

[00:17:12]

Finanzplätze spielen in einer anderen Liga als London und da müssen schon sehr viel passieren, dass sich das Kräfteverhältnis bald umkehrt.

[00:17:21]

Und dennoch sehen wir hier so eine kleine Chance. Vielleicht für Frankfurt? Ja, auf jeden Fall.

[00:17:26]

Also alle europäischen Finanzplätze haben schon vom Brexit profitiert, weil es eben Verlagerungen gegeben hat, vom Kapital und von Arbeitsplätzen. In Frankfurt haben sich viele Auslandsbanken angesiedelt, neue Töchter gegründet oder ihre Präsenz ausgebaut. Und das wird sicher auch weitergehen. Allerdings geht das alles nicht so schnell, wie man zunächst erwartet hatte, weil London eben doch noch eine große Anziehungskraft hat. Ja, meine sehr verehrten Damen und Herren! Pflege ist die soziale Frage der 20er Jahre. Ein gut funktionierendes, ein leistungsfähiges Pflegesystem gibt einer alternden Gesellschaft Sicherheit und Halt.

[00:18:10]

Trotz der bedeutungsschwangeren Botschaft, die Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hier an die Bevölkerung gerichtet hat, herrscht bei der deutschen Pflegeversicherung Alarmstufe Rot. Die steht nämlich vor großen finanziellen Schwierigkeiten. Sowohl für Beitragszahler als auch für Pflegebedürftige steigen die Kosten nämlich seit Jahren. Das war schon zu Beginn des vergangenen Jahres längst klar. Damals hat Spahn eine große Reform angekündigt. Jetzt, nach einem Jahr, lautet das Resümee allerdings Viel passiert ist nicht. 2020 galt es natürlich erst einmal, die Pandemie irgendwie in den Griff zu bekommen.

[00:18:48]

Da blieb nicht so viel Zeit für andere Dinge. Jetzt aber mahnt der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung GKV, das noch vor der Bundestagswahl Reformen und ein Steuerzuschuss von bis zu neun Milliarden Euro nötig seien. Aber was, wenn nicht? Damit hat sich unser Experte für Gesundheitspolitik in Berlin, Gregor War Kinsky, auseinandergesetzt. Gregor Die GKV prophezeit, dass spätestens 2022 die Beiträge zur Pflegeversicherung angehoben werden müssten. Wenn nicht endlich was passiert, dann drohe ein Beitragssatz Schock. Nach Informationen des Handelsblatts wird aber doch mit einem Plus von 300 Millionen Euro im Finanz Ergebnis der Pflegeversicherung gerechnet.

[00:19:34]

Wie passt das jetzt zusammen?

[00:19:37]

Diese 300 Millionen Euro, die beziehen sich auf das abgelaufene Jahr, also auf 2020. Und auch da steht das endgültige Finanzer Ergebnis noch aus. Und wenn man sich jetzt die Prognose für dieses Jahr anschaut, für 2021, dann erscheint das schon ziemlich düster. Und zwar mit einem Minus von 2,5 Milliarden Euro erwartet in den Pflegekassen. Und diese 300 Millionen Euro für 2020 als Plus, die klingt vielleicht nach viel Geld. Sie stehen aber auch nur da, weil vor zwei Jahren schon einmal kräftig die Beiträge erhöht wurden.

[00:20:08]

Und dieses finanzielle Polster, das mit der Beitragserhöhung 2019 erreicht werden sollte, ist jetzt schon vor Ende dieser Legislaturperiode praktisch aufgebraucht.

[00:20:17]

Okay, das klingt natürlich schon anders. Jetzt hat Spanier im Herbst zumindest schon mal umrissen, wie er sich diese Pflegereform, die er da angekündigt hat, vorstellt. Wie lauten da die Eckpunkte? Kannst du uns das einmal zusammenfassen?

[00:20:30]

Das ist ein ziemlich umfangreiches Papier, das Sparende ausgearbeitet hat. Und da geht es zum einen um Vorschläge, wie die Finanzierung der Pflege dauerhaft gesichert werden kann. Dazu gehört dann vor allem, der Pflegeversicherung einen jährlichen Zuschuss aus dem Bundeshaushalt zu geben. So einen Steuerzuschuss erhalten bereits die Rentenversicherung und die gesetzliche Krankenversicherung. Das soll jetzt auch in der Pflege passieren. Außerdem will Spahn ein Pflege Vorsorge Fonds stärken. Das ist ein Topf, der schon einige Jahre existiert, wo die Bundesbank einen Teil der Beitrags Gelder anlegt, um künftige Ausgaben in der alternden Gesellschaft besser abzufedern.

[00:21:07]

Und schließlich Was er auch plant, ist, Beitragserhöhungen oder den Zuschlag bei den Beiträgen zur Pflegeversicherung für Kinderlose zu erhöhen, also Kinderlose stärker zur Kasse zu bitten.

[00:21:20]

Okay, dann stellt sich natürlich die Frage Reicht das, um die allgemeinen Beitragserhöhungen zu vermeiden?

[00:21:26]

Das ist in der Tat die große Frage, die sich stellt. Kurzfristig wahrscheinlich wohl, aber wenn man sich mal die Finanz Entwicklung anschaut der vergangenen Jahre. Also allein zwischen 20, 15 und 2020 sind die Ausgaben in der Pflegeversicherung von 29 auf über 50 Milliarden Euro angestiegen pro Jahr. Und da kommen ja noch viel größere Belastungen, wenn man den demografischen Wandel über die nächsten zehn, 15 Jahre weiterdenkt. Und Spahn hat außerdem einige Reformideen vorgelegt, die neue Kosten bedeuten, z.B. will er, dass Bewohner von Pflegeheimen nicht mehr so hohe Beiträge zahlen müssen oder dass die Pflege Anbieter ihre Fachkräfte nach Tarif bezahlen müssen.

[00:22:05]

Und das sind beides politisch sehr wichtige Punkte, aber sie sind eben auch teuer.

[00:22:10]

Und im Gegensatz zu sparen hat der Koalitionspartner SPD natürlich ganz andere Vorstellungen, um die Situation in den Griff zu bekommen, oder?

[00:22:18]

Die SPD strebt tatsächlich eine noch viel weiter gehen Umbau der Pflegeversicherung an. Das Ziel ist da eine Bürgerversicherung, in die alle einbezogen werden, also auch die bisher privat versicherten Gutverdiener. Und die SPD glaubt, dass man eben auf diesem Wege die Finanzprobleme lösen kann, auch bei steigenden Ausgaben. Das Problem ist aber CDU und CSU lehnen eine solche Bürgerversicherung strikt ab. Mit der Union ist das auf keinen Fall zu machen.

[00:22:47]

Gregor Nun bleibt ja bis zur Bundestagswahl am 26. September nicht. Ganz so viel Zeit Coruña bleibt auch weiterhin das beherrschende Thema und irgendwann geht ja dann auch noch der Wahlkampf los. Wie realistisch ist es also, dass aus einer Pflegereform egal jetzt in welcher Form dieses Jahr noch etwas wird?

[00:23:05]

Also den großen Wurf wird es nach meiner Einschätzung nicht geben und die Pflege wird auf jeden Fall zu einem Wahlkampfthema werden. Dafür liegen ja die Positionen von Union und SPD auch viel zu weit auseinander. Zumindest etwas, was die langen Linien der Reform angeht. Und selbst bei einer Deckelung der eigen Beiträge für Pflege Heimbewohner, wo ja beide Seiten im Prinzip ein Ziel verfolgen, unterscheiden sich die Konzepte dann auch wieder im Detail. Was ich mir aber vorstellen kann, das sind erste kleinere Reformschritte, vor allem die Einführung des Steuerzuschuss, über den wir vorhin schon gesprochen haben.

[00:23:38]

Und das wird eigentlich auch schon deshalb unumgänglich sein, um eine Beitragserhöhung zu vermeiden. Und die Bundesregierung hat ja versprochen, die Gesamtbelastung für Arbeitnehmer und Arbeitgeber bei den Sozialabgaben bei 40 Prozent des Bruttolohns zu halten. Und wenn da die Pflege Beiträge steigen, ist dieses Ziel ebenso nicht mehr erreichbar.

[00:23:57]

Gregor, du hältst uns auf jeden Fall weiter auf dem Laufenden. Herzlichen Dank für deine Infos und liebe Grüße nach Berlin. Liebe Grüße. Vielen Dank.

[00:24:12]

Redaktionsschluss für diese Folge war wie gewohnt um 16 Uhr. Handelsblatt Today wird produziert von meinen Kollegen Christian Heinemann und Alexander Voss. Zum Abschluss würde ich Sie, liebe Zuhörer, gerne noch dazu ermutigen, uns zu schreiben, sei es, um Lob oder Kritik loszuwerden oder uns Ihre persönlichen Themen, Wünsche und Anregungen mitzuteilen. Sie erreichen uns dafür unter Today at handelsblatt.com. Wir freuen uns auf Ihre Nachricht. Nun aber einen schönen Feierabend oder einen guten Start in den Tag. Je nachdem, wann Sie eingeschaltet haben, machen Sie es gut.