Transcribe your podcast
[00:00:00]

Deutschlandfunk Hintergrund. Trauer und viele offene Fragen. Ein Jahr nach dem Anschlag von Hanau eine Sendung von Ludger FedCon. Die Ermordeten hießen Ferhat Unver Mercedes Kirchplatz, Sedat Görlitz, Gülcan gültig in Hamsa Chotjewitz, Carlo Jan Wilco, Willy Viorel Powern Seitenanzahl Haschem und Fati Sarah Schlu Bundeskanzlerin Angela Merkel erinnert vor wenigen Tagen in einer Video Ansprache an die rassistischen Morde in Hanau.

[00:00:38]

Ich habe es vor einem Jahr gesagt und wiederhole es voller Überzeugung heute. Rassismus ist ein Gift. Der Hass ist ein Gift.

[00:00:45]

Dieser Vergiftung des gesellschaftlichen Klimas werde man sich mit aller Kraft entgegenstellen, verspricht die Kanzlerin erneut. Doch wenige Tage vor ihrer Video Ansprache wurde in einer Debatte im Hessischen Landtag zum Jahrestag der Morde deutlich. In der Tatnacht am 19. Februar 2020 funktionierten offenbar einfache Dinge nicht ausreichend. Die Bürgerinnen und Bürgern Sicherheit geben sollen, etwa der Notruf 1 1 0 könnte wie Liviu Rel.

[00:01:13]

Pfauen noch leben, wenn der Notruf in der Nacht erreichbar gewesen wäre.

[00:01:17]

Meine Damen und Herren, fragt in dieser Debatte. Die hessische SPD-Landesvorsitzende nennt sie Fetzer. Der Kurierfahrer Willi Viorel Pfauen ist 22 Jahre alt, als in Hanau Kassel statt sieben Kugeln auf den Wagen abgefeuert werden, indem er am Lenkrad sitzt. Drei Projektile durchschlagen die Windschutzscheibe und treffen Willy Viorel, Pfauen im Oberkörper und im Kopf. Er gehört damit zu den neuen Menschen, die der Hanover Tobias R. aus rassistischen Motiven am 19. Februar vergangenen Jahres ermordet, bevor er seine Mutter und sich selbst tötet.

[00:01:52]

Der Täter steuerte binnen weniger Minuten in der Stadt zwei Tatorte an zunächst die Shisha-Bar Midnight in der Hanauer Innenstadt. Dort tötet er vier Personen. Anschließend fährt er in den Stadtteil Kessel statt, wo vier Menschen in der Arena Bar angreift. Ein Lokal mit angeschlossenem Kiosk. Dort und in einem PKW in der Nähe erschießt Tobias R. fünf weitere Menschen. Indizien sprechen dafür, dass Willi Viorel Pfauen den Attentäter mit seinem Auto verfolgt hat. Während der kurzen Fahrt von der Hanauer Innenstadt in den Vorort Kessel Stadt versuchte er mehrmals, die Polizei über den Notruf 1 1 0 zu erreichen.

[00:02:31]

Vergeblich.

[00:02:32]

Es ist tragisch, wenn man spekulieren kann oder muss, ob Willi Viorel Pfauen noch am Leben sein könnte, wenn einer seiner abgesetzten Notrufe erfolgreich durchgekommen wäre und irgendwas schreiend aufgefordert worden wäre, den Attentäter nicht weiter zu verfolgen, sagt Stefan Müller, der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende im Hessischen Landtag.

[00:02:50]

Seine Fraktion hatte die Debatte ein Jahr nach dem Anschlag in Hanau beantragt. Erst kurz zuvor war durch journalistische Recherchen ein schon länger schwelender Verdacht bestätigt worden. Dass Notruf Telefon der Hanauer Polizei war in der Tatnacht nur unzureichend besetzt. Das räumt in der Debatte auch der hessische Innenminister Peter Beuth von der CDU ein.

[00:03:12]

Es ist richtig, dass die Polizeistation in Hanau nur eine begrenzte Anzahl von Anrufen in dieser Nacht entgegennehmen konnte. Das gesamte Notrufe aufkommen Freebie Polizeistation Hanau beträgt täglich durchschnittlich 80 Anrufe.

[00:03:25]

Eine Weiterleitung von vielen gleichzeitig eintreffenden Notruf war zum Zeitpunkt der Tat nachts technisch nicht möglich.

[00:03:31]

Solche Notruf Weiterleitungen sind aber in den meisten Bereichen der hessischen Polizei längst üblich. Die Angehörigen der Opfer von Hanau hatten deshalb schon deutlich früher als der Wiesbadener Landtag gefragt Könnte Willi Viorel Pfauen noch leben, wenn er die Polizei erreicht hätte? SPD Oppositionsführerin nennt sie Fasar, kritisiert in der jüngsten Landtagsdebatte zu Hanau scharf, dass der Innenminister Peter Beuth sich erst so spät dazu äußert.

[00:03:58]

Es ist allein der Beharrlichkeit der Angehörigen, die nämlich Strafanzeige gestellt haben, weshalb es überhaupt dazu kam, dass über die Frage der nicht Erreichbarkeit des Notrufe überhaupt debattiert wird. Überhaupt Öffentlichkeit hergestellt werden. Und das, meine Damen und Herren, wäre der Job des Innenministers gewesen, und zwar seit vielen Monaten.

[00:04:20]

Hessens Innenminister wehrt sich in der Debatte gegen den Vorwurf der Opposition, er reagiere immer erst dann auf Fragen zu den Hintergründen des Attentats von Hanau, wenn der öffentliche Druck zu groß werde. Er sei bereits vor Monaten bei den Gesprächen dabei gewesen, die der hessische CDU-Ministerpräsident Volker Bouffier mit den Hinterbliebenen der Opfer von Hanau geführt habe, so Beuth.

[00:04:41]

Ich muss Ihnen aber auch sagen, dass weder die hessische Polizei noch das hessische Innenministerium aufgrund der nach wie vor laufenden Ermittlungen umfänglich zu konkreten Fragen, die die Taten betreffen, Auskunft geben darf. Die Auskunft liegt alleine bei der Staatsanwaltschaft bzw. beim Generalbundesanwalt.

[00:04:58]

Der Generalbundesanwalt hat zwar seine Ermittlungen inzwischen abgeschlossen, doch die Ermittlungsakten werden aktuell von den Rechtsanwälten der Opfer Angehörigen geprüft. Erst danach soll das Verfahren offiziell abgeschlossen werden. Wann genau das sein wird, ist noch offen.

[00:05:14]

Das Leben von mir und meiner Familie hat sich innerhalb von wenigen Sekunden komplett verändert. Man hatte auf einmal ich weiß es nicht so, wie ich sagen soll. Wenn einem der liebste oder einer der liebsten Menschen genommen wird auf die Art und Weise, wenn man seinen Bruder auf die Art und Weise verliert und Ayla Curto VIKZ stockt.

[00:05:41]

Die 25-Jährige ist die Schwester des am 19. Februar ermordeten Hamsa. Ihr Bruder war gerade 23 Jahre alt geworden, als er in der Hanauer Innenstadt starb.

[00:05:50]

Und wenn das Leben eigentlich komplett auf den Kopf gestellt wird, wenn auf einmal nichts mehr so ist, wie es einmal war. Und wenn auch elf Monate nach der Tat eigentlich alle Fragen unbeantwortet geblieben sind, Fragen, die ja eigentlich für die Aufarbeitung und Verarbeitung von Trauer sehr wichtig sind. Und man fühlt sich schon ein Stück weit alleingelassen. Alleingelassen von der Polizei, alleingelassen von den Ermittlungsbehörden und auch alleingelassen von der Politik. Weil ich ehrlich gesagt finde, dass ziemlich wenig passiert ist nach dem Anschlag von Hanau und dass die Aufarbeitung der Fragen eigentlich gar nicht stattgefunden hat.

[00:06:35]

Das betreffe nicht nur den unzulänglichen Polizei Notruf, der nun endlich auch im. Landtag diskutiert werde, so Ayla Curto quietsch. Für sie gibt es viele weitere unbeantwortete Fragen zur Tatnacht, warum es überhaupt soweit kommen konnte.

[00:06:51]

Warum der Täter von einem Tatort zum anderen Tatort fahren konnte. Warum der Täter anschließend nach Hause fahren konnte. Warum ist alles so lange gedauert hat, obwohl der Täter ja mit seinem Fahrzeug, mit seinem amtlichen Kennzeichen gefahren ist, obwohl das Kennzeichen bereits in der Stadt durchgegeben worden ist, obwohl der Täter ja eigentlich nur 300 Meter entfernt vom zweiten Tatort wohnt?

[00:07:12]

Diese Fragen stellen noch andere Mitglieder der Familie Curto, Wieck und viele weitere Opfer Angehörige seit fast einem Jahr. Immer wieder beantworten könnten sie wohl am besten die hessischen Behörden. Aber von da kommt bisher nicht viel, sagt auch Andreas Jäger, der Opfer Beauftragte der Stadt Hanau.

[00:07:29]

Der Oberbürgermeister hat mit dem Polizeipräsidenten mehrfach telefoniert und gesprochen im persönlichen Austausch. Und es wird sehr oft auf andere Stellen verwiesen. Oder es wird darauf verwiesen, dass man im Ermittlungsverfahren ist, man so manchen Dingen nicht sagen kann. Abschlussbericht abwarten will. Und nun kommt er an der Stelle auch nicht als Oberbürgermeister der Stadt Hanau weiter. Es ist genau wie bei den Familien auch. Es gibt da einfach Grenzen in den Behörden, die auch wir erreichen. Und deswegen kann man nur einfach immer wieder appellieren zu sagen Bitte beantworte die Fragen.

[00:07:55]

Wir erwarten das auch, weil ich glaube, das ist der Staat und das Land auch den Familien einfach schuldig.

[00:08:00]

Doch nicht nur Aufklärung ist Ayla Katowice wichtig. Es müsse auch konsequent politisch gehandelt werden. Ayla Katowice erinnert noch einmal daran, dass die Täter sowohl in Hanau als auch im Fall Lübke in Schützenvereinen aktiv waren. Der Hanauer Mörder Tobias R. soll zwei Pistolen in einer Waffenbesitz Karte eingetragen haben.

[00:08:20]

Ich würde mir wünschen, dass das Gesetz nicht nur als streng betitelt wird, sondern dass es tatsächlich auch in der Realität so streng ist, wie es immer gesagt wird. Das wäre mein Wunsch. Mein Hobby ist nicht das Schießen. Also ich weiß nicht, wie es ist, wenn man Schießen als Hobby hat, aber ich glaube nicht, dass in Deutschland irgendjemand Waffen braucht, außer die Sicherheitsbehörden und die Polizei.

[00:08:41]

Die Zahl der Erlaubniss pflichtigen Waffen und von Waffen Zubehör in Privatbesitz hat jedoch in den letzten Jahren zugenommen. Laut Bundesinnenministerium waren im nationalen Waffen Register Mitte 2017 insgesamt rund 5,3 Millionen Waffen oder Waffen Teile gespeichert. Drei Jahre später waren es schon 200 000 mehr. Auch die Zahl der Rechtsextremisten, die Zugang zu Waffen hat, steigt Laut Bundesregierung Ende 2020 gab es bundesweit rund 1200 tatsächliche oder mutmaßliche Rechtsextremisten mit legalen Waffen. Ein Anstieg um knapp 35 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der Journalist Roman Grafe hatte bereits nach dem Schulmassaker von Winnenden 2009 mit 15 Toten die Initiative Keine Mordwaffen als Sport Waffen gegründet.

[00:09:32]

Auch damals hatte der Täter Zugang zu Sport Waffen gehabt.

[00:09:36]

In Deutschland ist es erlaubt, dass Sportschützen mit Mosch Waffen schießen, sogenannten Gebrauchs Waffen. Und solange Sportschützen mit solchen tödlichen Waffen schießen dürfen, werden sie damit nicht bloß aufs Scheiben schießen, sondern immer wieder Sportschützen geben, die sie dafür gebrauchen, wofür sie gemacht sind zum Töten und Verletzen von Menschen.

[00:09:53]

Die Behörden sollen künftig mehr Möglichkeiten bekommen, Informationen über psychische Erkrankungen von Menschen zu erlangen, die legal Waffen besitzen. Das wollen die Innenminister von Bund und Ländern. Entschieden werden soll darüber voraussichtlich im Juni.

[00:10:09]

Der rassistisch motivierte Täter von Hanau litt laut einem psychiatrischen Gutachten aber wohl auch an krankhaften Wahnvorstellungen die für seine Waffen Erlaubniss zuständige Behörde in Gelnhausen bei Hanau wusste jedoch davon nichts. Das kritisiert Peter Linnemann. Er ist einer der Überlebenden des Attentats von Hanau und Sprecher der Initiative 19. Februar Hanau, in der sich viele Angehörige der Mordopfer zusammengeschlossen haben. Peter Linnemann erinnert auch an den Mordanschlag im benachbarten Wächters Bach wenige Monate zuvor. Dabei wurde der aus Eritrea geflüchtete Bilal Emm von einem rassistischen Sportschützen angegriffen.

[00:10:48]

Bilal wurde schwer verletzt und überlebte nur knapp. Auch hier war der Täter im Schützenverein und seine Tatwaffe war legal in seinem Besitz. Sollte das die zuständige Behörde, also das Waffenschmied in Gelnhausen Linsengericht nicht nochmal besonders aufgerüstet haben? Wie ist es möglich, dass wenige Wochen später von der gleichen Behörde Waffen Erlaubnisse ohne wirkliche Zuverlässigkeit Prüfung verlängert bzw. erweitert werden, wie die des späteren Attentäters von Horno Helmut 5 Sinn der Opfer Beauftragte des Landes Hessen unterstützt die Forderungen der Hanauer Initiative aufzuklären, warum der Täter von Hanau legal Zugang zu Waffen bekommen konnte.

[00:11:29]

Der ehemalige Frankfurter Generalstaatsanwalt 5/10 kümmert sich seit einem Jahr um die Angehörigen der am 19. Februar in Hanau ermordeten Menschen, erklärt er am Telefon.

[00:11:38]

Am Ende ist für die Angehörigen eine Person verstorben und es ist ein unendliches Leid. Und das ist dann die Frage, ob ich das politisch verarbeite oder ob ich es für mich verarbeite.

[00:11:53]

Bundespolitisch verarbeitet wurde das Attentat von Hanau zunächst durch den so genannten Kabinetts Ausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus. Dieses Gremium der Bundesregierung wurde kurz nach dem Attentat in Hanau ins Leben gerufen und hat Ende letzten Jahres einen Katalog von rund 90 Einzelprojekten vorgelegt. Von mehr Stellen für Polizei, Justiz und Verfassungsschutz, über neue Onlineplattformen gegen Hass und Hetze bis zu mehr politischer Bildung vor Ort. In Kooperation mit NGOs reicht das Spektrum der Maßnahmen. Dafür sollen in den nächsten Jahren mehr als eine Milliarde Euro zur Verfügung stehen.

[00:12:32]

Das sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel vor einigen Tagen in ihrer Video Ansprache.

[00:12:37]

Wir verbessern die staatlichen Strukturen zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus. So stellen wir die Sicherheitsbehörden des Bundes für diesen Kampf neu auf und stärken ihre Fähigkeiten. Wir wollen mehr Unterstützung für die Mitbürger, die Opfer rassistischer Diskriminierung werden. Wir tun mehr für Programme, die die demokratische Zivilgesellschaft stärken und fördern.

[00:12:59]

In Hanau wird sich der Bund auch an einem europaweit ausgeschriebenen Wettbewerb zu einem Kunst Denkmal für die Opfer des Anschlags vom 19. Februar 2020 beteiligen sowie am Aufbau eines lokalen Demokratie Zentrums. Das sind wichtige Projekte für eine Stadt, die wohl noch lange brauchen wird, um die Tatnacht vor einem Jahr zu verarbeiten. Der Hanauer SPD-Oberbürgermeister Claus Kaminsky.

[00:13:24]

Es braucht ein Ort des Miteinanders, der Kommunikation, des Diskurses, auch über Wege. Wie bekämpft man denn den Extremismus? Wie setzt man sich denn für eine freiheitlich demokratische Ordnung auch wirklich ein? Und daneben viele weitere Begegnungen mit den Opfern, Angehörigen. All das ist erforderlich.

[00:13:44]

Die Angehörigen fühlen sich durch das anstehende Treffen mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zum Jahrestag des Attentats respektiert. Dennoch ist viel Vertrauen verloren gegangen in Hanau. Insbesondere etliche Bürgerinnen und Bürger mit Migrationsgeschichte blicken seit einem Jahr nicht mehr unbefangen auf das lokale Gemeinwesen und die öffentlichen Institutionen. Selma Yilmaz Alkan, die auch Vorsitzende des Ausländerbeirat von Hanau ist, spricht etwa vom Vertrauensverlust vor allem gegenüber der Hanauer Polizei, die noch heute noch viele Angehörige und Freunde der Opfer empfinden würden.

[00:14:19]

Wir möchten wirklich auch Vertrauen in die Polizei haben, weil wenn nicht die Polizei, wer kann in einem Gefahrensituation einem helfen? Und ich möchte keine Jugendliche in Hanau haben, die sagen oder behaupten, wenn mal etwas passiert, werde ich gar nicht die Polizei anrufen, sondern werde meine Freunde anrufen. Das ist bitter. Das ist schade.

[00:14:40]

Vertrauen verloren. Das haben nicht nur die staatlichen Sicherheitskräfte in Hanau, sondern seit Jahren auch die gesamte hessische Polizei. Das macht Janine Wissler deutlich. Die südhessischen Linken-Politikerin und Kandidatin für den Bundesvorsitz ihrer Partei bekommt seit längerem Morddrohungen unterzeichnet mit dem Kürzel NSU 2.0. Die Daten, die in den Droh Mails verwendet wurden, stammen wahrscheinlich aus hessischen Polizei Computern. Legen erste Untersuchungen der Behörden nahe. Aufgeklärt ist das bis heute nicht. Die Drohungen gegen Janine Wissler begannen etwa zeitgleich zum Hanauer Attentat vor einem Jahr.

[00:15:19]

Und natürlich müssen wir auch die Rolle der Sicherheitsbehörden hinterfragen. Also wenn wir eben offensichtlich rechte Netzwerke innerhalb der Polizei haben, auch innerhalb der Bundeswehr, dann ist das natürlich nochmal gefährlicher als rechte Netzwerke in der Gesellschaft, weil es Menschen sind, die an der Waffe ausgebildet sind, die Zugang zu Waffen haben, die Zugang haben zu sensiblen Daten. Und natürlich ist es notwendig, hier auch anzusetzen und diese rechten Strukturen zu bekämpfen.

[00:15:47]

Die hessische Landesregierung hat das Personal bei Polizei und Justiz in den letzten Jahren schon deutlich aufgestockt. Und auch die Hanauer Zivilgesellschaft wird den Kampf gegen Rechts zukünftig wohl sehr entschlossen führen. Auch weil das hilft, das Trauma nach dem Anschlag zu überwinden.

[00:16:05]

Selmer Yilmaz Völkern 19. Februar hat für mich persönlich schon viel bedeutet, weil in 12 Minuten sind am 19. Februar neun Menschen ums Leben kommen. Ermordet in Hanau in meine Geburtsstadt Selma Yilmaz.

[00:16:19]

Ilka und ihr Mann Ferdi Völkern haben einen türkisch muslimischen Familienhintergrund. Beide sind Mitte 30. Sie haben zwei kleine Kinder. Das Paar wurde nach dem Attentat Teil des städtischen Krisenstab und sie sind gewählte Mitglieder des Hanauer Ausländerbeirat. Beide erzählen, dass sich für die Mitglieder des Ausländerbeirat des persönlich unpolitisch viel verändert hat seit dem Attentat vor einem Jahr.

[00:16:43]

Das ist ein Tag. Was ich auf keinen Fall vergessen werde, das war so ein Schock. Wir haben sozusagen funktioniert. Die ersten Tage waren möglich zu funktionieren. Wir hatten zu funktionieren.

[00:16:54]

Jetzt, Anfang 2021, sitzen die beiden Hanauer mit schwarzen Coruña Atemschutzmasken in den neu eingerichteten Räumen ihres Instituts für Toleranz und Zivilcourage. Das haben sie mit Freunden kurz nach dem Attentat als Verein gegründet, um Bildungsarbeit gegen Rassismus zu leisten.

[00:17:12]

Also die erste Nacht war ja so, dass wir gar nicht wussten, worum es geht. Und am nächsten Morgen, nachdem es dann wirklich klar wurde es hat einen rechtsradikalen Hintergrund rechtsextremistischen dann erst recht haben wir uns verpflichtet gefühlt, da als Personen, die schon seit Jahren in Hanau vernetzt sind, uns aus so einer Beiratsmitglieder unseren Beitrag zu leisten für das Engagement.

[00:17:34]

Nach dem Attentat hat der Verein inzwischen den Integrationspreis des Landes Hessen bekommen. Aber die ehrenamtliche Krisenintervention und auch die Arbeit im Ausländerbeirat nach dem rassistischen Anschlag haben einen Preis, sagt Selma Yilmaz. Viel kann die Vorsitzende des Ausländerbeirat es.

[00:17:52]

Rückblickend merke ich, dass ich meine Plenums Kollegen zu sehr. Auch wie soll ich sagen umgedacht überfordert habe, weil ich einige auch hatte. Clemens Kollegen, die das nach einem Monat immer noch nicht so ganz. Diese Schock oder diese Dauer Stress verarbeiten konnten.

[00:18:10]

Bis heute haben auch Selma Yilmaz Alkan und ihr Mann ver.di die Ereignisse vom 19. Februar 2020 nicht vollständig verarbeitet. Inzwischen bekommt das Paar Trauer, pädagogische Hilfe und ich finde, was auf jeden Fall wichtig ist.

[00:18:26]

Ich hoffe und wünsche mir, dass es kein 19. Februar mehr gibt, weder in Hanau noch in Deutschland, noch auf der ganzen Welt. Weil wir haben hautnah wirklich erlebt, was es mit einer Familie oder mit den Menschen macht. Diesen Schmerz kann man glaub ich, mit keinem Satz oder Wort beschreiben. Das war der Hintergrund. Trauer und viele offene Fragen. Ein Jahr nach dem Anschlag von Hanau, eine Sendung von Ludger FedCon. Die Redaktion hatte Frederik Rother.