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[00:00:01]

Mal angenommen, wir werfen kein Essen mehr weg, wie könnten uns Kühlschränke dabei helfen? Und was bringt das dem Klimaschutz?

[00:00:15]

Ich bin Markus am wÃhle und ich bin Christin Becker.

[00:00:18]

Wir arbeiten beide hier im ARD-Hauptstadtstudio und machen in diesem Podcast wie jede Woche ein Gedankenexperiment. Schön, dass Sie mit dabei seid.

[00:00:26]

Weihnachten, das wird ja in diesem Coruña Jahr für uns alle vermutlich sehr anders werden. Aber was es trotzdem gibt bei den meisten. Das ist wahrscheinlich gutes Essen.

[00:00:36]

Auf jeden Fall. Vielleicht bleibt ja sogar mehr übrig als sonst, weil man nicht das eine große Weihnachtsessen in großer Runde hat, sondern jeder sein eigenes.

[00:00:45]

Genau. Und wir fragen uns Wie wäre das eigentlich, wenn von den Resten von Lebensmitteln insgesamt nichts im Müll landen würde? An Weihnachten nicht, aber auch sonst nicht.

[00:00:55]

Wenn das so wäre, dann könnte sich die Tagesschau in der Zukunft vielleicht so anhören.

[00:01:01]

In Deutschland ist die Verschwendung von Lebensmitteln auf ein Minimum gesunken. Wie eine Untersuchung im Auftrag des Bundes Ernährungs Ministeriums ergab, wurden im vergangenen Jahr durchschnittlich nur noch circa 200 Gramm Essensreste pro Person weggeworfen. Experten führen das auf den Einsatz von künstlicher Intelligenz zurück, die beim Einkaufen und bei der Vorratshaltung hilft. Ein weiterer Faktor sei zudem das flächendeckend eingeführte Foodsharing. Die Bundesregierung sprach von einem entscheidenden Beitrag, um den CO2-Ausstoß zu drosseln.

[00:01:35]

12 Millionen Tonnen, so viel Lebensmittel landen jedes Jahr in Deutschland im Müll. Das ist echt eine unfassbare Zahl. Wir haben versucht, das umzurechnen. Das wären 480 000 Sattelschlepper, wenn man die Stoßstange an Stoßstange stellt. Und das wäre eine Strecke. Einmal von Berlin bis nach Ulan Bator in der Mongolei. Eine riesige Müll Kolonne.

[00:01:56]

Und das ist ja nur geschätzt, weil es ist ganz schön schwierig, das genau zu messen, sagen Expertinnen und Experten. In jedem Fall wäre wohl mindestens die Hälfte davon vermeidbar. Das sind also keine Kartoffelschalen oder so, sondern Lebensmittel, die man hätte essen können.

[00:02:11]

Und Deutschland will deshalb auch die Lebensmittelverschwendung entsprechend reduzieren und hat sich sogar dazu verpflichtet bis 2030. Das ist nämlich auch ein gemeinsames Ziel der Vereinten Nationen. Aber am Ende ist das in Deutschland nur eine Absichtserklärung und freiwillig.

[00:02:27]

Es gibt aber auch Länder wie Frankreich oder Tschechien, die versuchen es mit Verboten, zumindest mal bei den Supermärkten. Die dürfen nämlich nichts mehr wegschmeißen, was noch gut ist, sondern müssen es an Bedürftige abgeben.

[00:02:39]

Das ist ein Ansatz. Aber mehr als die Hälfte der Lebensmittel wird in Privathaushalten weggeworfen. Also von uns, den Verbrauchern und Verbraucherinnen.

[00:02:49]

Ja, da muss ich mich leider auch schuldig bekennen. Also ich gebe mir schon Mühe, aber irgendwie klappt das dann doch nicht immer.

[00:02:55]

Ich kenne das leider auch. Aber es gibt Leute, die nicht nur versuchen, selbst möglichst nichts wegzuschmeißen, sondern die auch verhindern wollen, dass Essen woanders einfach so entsorgt wird. Also die Menschen, die containern gehen, zum Beispiel die Lebensmittel aus Müllcontainern vor Supermärkten rausholen. Da gibt's ja auch viele Diskussionen, weil das in Deutschland weiterhin strafbar ist. Und es gibt auch die Tafeln fast 1 000 in Deutschland. Und die sammeln ja ganz offiziell Lebensmittel ein, die nicht mehr verkauft werden sollen, obwohl sie noch gut sind.

[00:03:25]

Die Sachen werden dann an Menschen abgegeben, die wenig Geld haben.

[00:03:28]

Und dann gibt's noch Food Sharing. Da tauschen sich Privatleute auf einer Online-Plattform aus und auf der sieht man Wer hat Lebensmittel übrig? Wer braucht gerade welche? Und das kann für die eigene Familie sein. Das kann bei größeren Mengen aber auch sein, dass man sie noch wieder weiter an andere Leute verteilt.

[00:03:44]

Ja, wobei der Gedanke im ersten Moment für mich schon auch ein bisschen seltsam ist. Richter Na, so eine angebrochene Milch oder wie der andere die Lebensmittel gelagert.

[00:03:54]

Ja, da gehört natürlich Vertrauen zu. Also wenn die Milch schlecht ist, dann merkt man es ja. Aber es gibt Leute, die haben dieses Vertrauen und keine Berührungsängste. Und eine ist Gyne. Seifert Sie sagt von sich selbst, dass sie Lebensmittel Retterin ist, zynisch, lebt in München und ist Gründerin von mehreren Startups. Und sie hat mir erzählt, wie das in ihrer Familie mit dem Lebensmittel retten konkret funktioniert.

[00:04:19]

Meine Kinder sind ja noch kleiner 711 und sie noch kleiner waren. Waren das lustig, weil es gab das Wort Einkaufen nicht bei uns, sondern für die war immer, wenn ich was mit Lebensmitteln zu tun hatte, auch wenn es einkaufen war, haben die mir gesagt Mama geht retten. Also es war sehr lustig, dass das schon so ins Dagon übergegangen ist. Und es ist tatsächlich so, man kann sich das nicht vorstellen, wie man es nicht macht. Aber du rettest alles.

[00:04:42]

Du rettest von Gewürzen, Milchprodukten, Wurst, Fleisch, Gemüse, Obst, Nudeln, Mehl alles. Das heißt, irgendwann hast du einen kompletten Haushalt da und rettest ja andauernd weiter. Und meine Kids sind eher so ein bisschen immer so Schauen wir mal, was du gerettet hast, was du nicht kaufen würdest. Lustig ist auch und was sie lieben, ist immer Pommes aus dem Backofen, Kartoffeln, Rettich. Fast immer.

[00:05:06]

Wie kriegst du denn mit, wo gerade Lebensmittel übrig sind? Letztlich organisiere ich mich über Foodsharing. D Also über die Plattform kann man sich einfach anmelden, ist kostenfrei und hat dann verschiedene Ebenen der Rettung, sag ich mal, die man machen kann. Die Basics sag ich mal, wenn ich morgen in Urlaub fahre als Mensch und habe können, was derzeit nicht passieren wird. Aber mal angenommen ich fahre wieder in Urlaub und habe drei Liter Milch, die würden mir kaputt gehen in der Zeit.

[00:05:31]

Dann kann ich das da reingehen und sagen wer möchte das bis morgen Abend abholen. Und dann findet sich eigentlich immer jemand, der sagt Ich würde die Milch gerne haben, damit rette ich schon. Und das andere wäre aber tatsächlich da geht man dann durch einen Ausbildungs Prozess, dass man sagt ich gehe jetzt wirklich zum Handel und rette dort dann auch größere Mengen. Das wäre dann so die nächste Stufe, die man da machen kann.

[00:05:51]

Welche Unternehmen machen damit? Wie viele sind das? Also fängt an beim Bauern können das nach Ernten sein. Geht über große Verarbeiter. Also auch jemand, der Produzent ist, z.B. von Lebensmitteln, über Weiterverarbeitung, Gastronomie, Kantinen, Events eben bis hin zum Endverbraucher. Also überall wo Lebensmittel anfallen, retten wir. Und das ist dann immer so ein bisschen. Am Ende des Tages machen ja zwei Menschen ein Geschäft. Es ist dann wirklich so Wieviel Ressource haben wir an ehrenamtlichen Menschen, die das machen können und wieviel bedarf es da?

[00:06:23]

Du sprichst vom Geschäft. Fließt da irgendwo Geld eigentlich?

[00:06:27]

Nein, das ist eine große Voraussetzung bei Foodsharing, dass es nie um Geld geht. Das heißt, wir bezahlen nichts für die Lebensmittel und wir nehmen nichts für die Lebensmittel. Wenn. Weiter verteilen Essen, Lebensmittel das hat ja auch viel mit Emotionen zu tun. Fehlt hier nicht manchmal auch so Spontanität, so ein Gefühl von Freiheit? Jetzt das zu kaufen, das zu essen, worauf du gerade Lust hast?

[00:06:47]

Ja, ich gebe zu, tatsächlich ist es manchmal so, aber ich rette auch ganz viel, was ich nicht kaufen würde. Das heißt, ich bin da schon so ein bisschen auf einmal Produkttest da gefügt, ohne dass ich es wollte, dass ich dann den oder den Joghurt halt jetzt nicht gekauft. Haben wir den Madaya jetzt probieren wir den mal. Ich habe Chili Paste eingekocht, die mir dann explodiert ist. Also man macht ganz vieles und lernt daran. Und das ist das, was mich dazu bringt, das seit über 7 Jahren zu machen.

[00:07:11]

Wieviel kaufst du extra pro Woche?

[00:07:14]

Also wir als fünfköpfige Familie. Wir geben keine 100 Euro im Monat mehr aus für Lebensmittel.

[00:07:19]

Wow, das ist ja mal echt eine Bilanz in 5 Personen Haushalt und dann weniger als 100 Euro für Lebensmitteleinkauf im Monat. Und das mit den Slip hast du fand ich auch schön ab.

[00:07:29]

Ja, man lernt dazu, was so alles passieren kann und es zeigt Foodsharing kann funktionieren. Und dann landet eben nicht nur weniger Essen im Müll, sondern man kann auch richtig viel Geld sparen.

[00:07:41]

Ja, und das gilt ja auch, wenn man selbst so kocht, dass möglichst keine Reste bleiben. Zero weiße Küche heißt das Konzept. Es gibt ja immer einen schönen englischen Namen und dazu gibt's reihenweise Blogs, Apps, Kochbücher, Restaurants und so weiter und so fort. Das Motto ist da alles verwerten vom Blatt bis zur Wurzel bei Gemüse z.b.

[00:08:05]

Eine Frage bleibt ja, wenn man Lebensmittelverschwendung verhindern will. Wie schaffen wir es eigentlich nur so viel einzukaufen, wie wir dann auch verbrauchen?

[00:08:13]

Es gab und gibt ja große Kampagnen, auch hier in Deutschland. Zu gut für die Tonne heißt eine die vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Aber die Expertin, mit denen ich gesprochen habe, die sagen Diese Kampagnen bringen gar nicht so viel. Denn sie sagen Wir wissen ja eigentlich gerade beim Thema Nachhaltigkeit, was richtig ist. Besser als Flieger, besser laufen als Kurzstrecke mit dem Auto und eben Lebensmittel wegschmeißen ist einfach nicht richtig.

[00:08:39]

Klar, das würden die meisten von uns sofort unterschreiben. Nur unser Verhalten ändern wir dann trotzdem oft nicht. Also das ist aus Bequemlichkeit so oder weil wir gerade im Stress sind.

[00:08:48]

Es gibt trotzdem Länder, die das schaffen. Dänemark z.B. hat seine Lebensmittelverschwendung wohl deutlich reduziert und zwar durch Anti Wegwerf Aktivismus, so nenne ich das mal, was aber auch so ein bisschen wie eine Form von Kampagne klingt.

[00:09:00]

Eigentlich, oder? Ja, aber nicht so ganz, weil erstens das kommt da nicht von dem Ministerium oder von der Regierung. Zweitens ist es eine richtige Bewegung dort und drittens gibt's da eine sehr bekannte Aktivistin. Die ist so eine Art Identifikationsfigur und das ist wichtig. Und die ist auch sehr erfolgreich in den Medien und auf den sozialen Plattformen. Und die Leute, die sich da auskennen, die haben mir erklärt, das ist so ein bisschen wie Freddys vor Future nur im Kleinen und auf Dänisch, also Friedas verfugt sozusagen.

[00:09:26]

Das passt ja auch irgendwie, denn wir sprechen ja später auch noch drüber, wie wir das Klima besser schützen könnten, wenn wir die Lebensmittelverschwendung reduzieren.

[00:09:34]

Genau. Aber lass noch mal ganz kurz bei Dänemark bleiben. Was mir da auch auffiel Die haben nicht nur EDL Restaurants, die explizit damit werben, dass sie mit Lebensmittel Resten kochen, sondern die Dänen haben auch als erste eine App auf den Markt gebracht, die dafür sorgt, dass Käuferinnen und Käufer kurz vor Ladenschluss vergünstigt das Essen abholen können, das sonst vielleicht weggeworfen würde.

[00:09:54]

Und so eine App, die gibt's ja auch hier bei uns in Deutschland. Ich hab die und nutzt die auch ab und zu. Und ich finde die echt praktisch und auch da spart man noch Geld.

[00:10:02]

Ja, also ich sehe anders beweißt besser als so ein erhobener Zeigefinger ist, wenn man die Leute motiviert, intuitiv das zu tun, was gut und richtig ist. Das sagt auch Johanna Goldner Hofer, die ist Marketing Professorin an der Universität in Sankt Gallen und hat auch zum Thema Lebensmittelverschwendung geforscht. Und sie hat mir von einem Experiment in einer Kantine in Dänemark erzählt.

[00:10:21]

Und da war der Ansatzpunkt dazu, nicht den Konsumenten darüber zu informieren. Hey, nimm die weniger auf den Teller auf, weil du eh nicht alles auf und es wird dann viel weggeschmissen. Sondern hier war der Ansatzpunkt. Man verkleinert einfach die Teller Größe, aber ohne dass es dem Konsumenten aufgefallen ist. Man hat die Teller einfach am Rand ein bis zwei Zentimeter kleiner gemacht und dann hat man wirklich immer danach gemessen. Wie viele Lebensmittel wurden dann jeden Tag weggeschmissen. Und man hat tatsächlich gesehen, wenn der Konsument einfach ein kleineren Teller nimmt, nimmt er sich auch automatisch weniger auf.

[00:10:54]

Das führt dann eben dazu, dass im Endeffekt weniger auf dem Teller übrig bleibt und weniger weggeschmissen wird.

[00:11:00]

Ein spannendes Experiment. Aber hatten da nicht alle Hunger hinterher?

[00:11:04]

Nein, es hat wohl nicht zu Unzufriedenheit geführt. Aber es hat eben gezeigt, wie man die Menschen subtil dazu bringen kann, weniger wegzuwerfen.

[00:11:12]

Und das mit den großen Tellern am Buffet. Das erinnert mich ja auch ein bisschen an Großpackung Mengenrabatt im Supermarkt. Die verführen uns ja auch dazu, mehr zu kaufen, als wir eigentlich gerade vielleicht brauchen.

[00:11:25]

Und wenn man daran geht, kann man das Verhalten der Menschen mehr beeinflussen, als wenn man sie nur ermahnt. Und dabei sind auch digitale Helfer eine ganz interessante Sache, findet Johanna Gäulen Hofer. Der STANDARD Einkauf der Zukunft könnte dann nämlich ganz anders funktionieren als heute.

[00:11:40]

Man kann sich ja zuerst einmal vorstellen Wie läuft eigentlich im Moment Shopping ab? Teilweise für Konsumenten eine Shopping Liste. Sie gehen dann in den Supermarkt und folgen dieser Shopping Liste mehr oder weniger. Teilweise gehen sie aber eben auch spontan in den Supermarkt einkaufen und wissen gar nicht, was es z.B. noch daheim da. Und man könnte auch in naher Zukunft über solche Lösungen nachdenken, dass z.B. Sensoren im Kühlschrank oder Kameras im Kühlschrank einem dann wirklich direkt in den Supermarkt schicken können.

[00:12:10]

Was ist noch da daheim? Was bräuchte ich auch noch? Irgendwas muss demnächst verwendet werden. Das heißt einfach, dass dieses Einkaufen bedarfsgerechten wird und nicht so sehr zum Beispiel von intuitiven Impuls kaufen getrieben wird.

[00:12:23]

Könnten Sie sich vorstellen, dass in einer ferneren Zukunft dann sogar quasi der Kühlschrank für mich einkaufen geht?

[00:12:30]

Ja. Es gibt auf jeden Fall immer wie die Zukunft Fantasien, dass der Kühlschrank für einen einkaufen geht. Ich denke, davon sind wir schon noch ein paar Jahre entfernt. Was ich mir jedoch sehr gut vorstellen könnte, ist eben, dass z.B. über eine App oder auch über automatisiertes Online-Shopping doch einfach mehr Einkäufe übernommen werden.

[00:12:49]

Von der Maschine oder eben vom Algorithmus könnte das dann nicht so weit gehen, dass der Kühlschrank auch uns ermahnt Hey, du musst jetzt endlich den Käse auf essen und kocht doch mal vielleicht mit den Eiern. Irgendwie das und das, weil die müssen weg.

[00:13:01]

Das könnte man sich vorstellen. Wir sehen das ja eigentlich schon in anderen. Mittlerweile ermahnt uns ja auch teilweise unser Smartphone Du bist zu wenig Schritte heute gegangen oder du solltest dich mehr bewegen. Also das ist jetzt gar nicht so zukunftsfähig, wie sich das anhört.

[00:13:14]

Diese Sensoren, die dann auf unser Verhalten eingreifen, da kann man ja einfach an die Fitnesstracker denken, z.B. Wenn es aber so ist, dass das Einkaufsverhalten der Zukunft stärker nicht mehr über die einzelne Person bestimmt ist, sondern über digitale Assistenten und Algorithmen, wären wir dann weniger impulsiv einkaufen und damit auch gezielter die Herausforderung, ob wir dann mehr oder weniger Impuls kaufen machen?

[00:13:39]

Wird schon diskutiert. Also auch beim Online-Shopping z.B. wenn man sich das IKEA Business-Modell vorstellt. IKEA beruft ja sehr stark auf Impuls Einkäufen. Man geht da seinen Weg durch den Ikea Store und nimmt immer noch was kleines mit. Und Ikea sieht jetzt auch schon im Digitalen. Nimmt man nicht mehr so viele Impuls Käufe mit, weil man einfach weniger Bezug zu dem Objekt hat oder zu dem Produkt was angeboten wird. Wenn wir uns jetzt ganz vorstellen, dass eine Maschine für uns den Einkaufs Prozess übernimmt, dann wird es natürlich mit Impuls Käufen nochmal eine Stufe schwieriger.

[00:14:12]

Eine Maschine denkt ja anders als ein Mensch. Eine Maschine denkt sehr viel in schwarz und weiß. Das heißt brauche ich oder brauche ich nicht. Werden hingegen Mensch hat noch so eine Grauzone in der Mitte und das heißt ach vielleicht brauche ich, vielleicht brauche ich nicht. Ach, die Farbe gefällt mir. Ich nehme es mit.

[00:14:28]

Also die Maschine ist möglicherweise die Lösung, um weniger zu kaufen und dann auch weniger wegzuwerfen. Auch bei Lebensmitteln.

[00:14:36]

Ich könnte mir vorstellen, dass so eine digitale Lösung aussieht. Im Moment ist ja auch die Herausforderung einfach das Bestands Management auf Konsumenten Ebene. Wir machen uns viel zu wenig Gedanken darüber. Was brauchen wir in der Woche zu essen? Was essen wir auch wirklich? Was läuft demnächst ab? Wie können wir z.B. auch kreativ die Sachen, die wir noch daheim haben, kombinieren? Und das könnte einem ein Algorithmus alles vorschlagen.

[00:15:01]

Na dann hoffe ich mal, dass mein Kühlschrank der Zukunft sowas wie eine Gourmet Option hat. Unbedingt. Ich komme dann sehr gerne zum Essen vorbei. Jederzeit. Wenn ein Coruña vorbei ist. Okay, da ist ein Deal.

[00:15:11]

Es ist natürlich schon faszinierend, wie uns die technische Entwicklung helfen könnte, nachhaltiger zu leben. Vorausgesetzt natürlich, die Technik selbst ist es auch total.

[00:15:19]

Und das gilt auch für Sachen, die entwickelt werden, um Lebensmittel haltbarer zu machen und um zu sehen, ob sie noch gut sind. Da wird z.B. an Folien geforscht, die die Frische anzeigen oder an Joghurtbecher mit elektronischem Chip, einem Thermo Zeit Label.

[00:15:34]

Da weiß dann der Becher, ob der Joghurt noch gut ist. Genau der führt das dann quasi. Im Prinzip wird das das Mindesthaltbarkeitsdatum dann überflüssig machen.

[00:15:43]

Das ist ja zum Teil eh umstritten, weil es ja eigentlich nicht sagt, ob der Joghurt jetzt schlecht ist, sondern nur möglicherweise ab diesem Tag sind Konsistenz und Geschmack nicht mehr genau so wie am allerersten Tag.

[00:15:57]

Und ich muss gestehen, ich habe lange gedacht, dass man einen abgelaufenen Joghurt nicht mehr essen und direkt wegwerfen sollte. Aber eigentlich ist das Datum nur eine Orientierung. Habe ich inzwischen auch gelernt. Als jemand, der so lange aufs Mindesthaltbarkeitsdatum fixiert war, fand ich den Test interessant, der mir bei der Recherche begegnet ist. Das Greenpeace Magazin hat das untersucht und da kam z.B. raus im Kühlschrank gelagert waren Eier auch drei Monate nach dem Datum noch gut und Naturjoghurt sogar noch nach sechs Monaten.

[00:16:27]

Meistens hilft ja die eigene Sensorik. Also riecht das noch gut. Sieht gut aus, schmeckt es. Aber es hängt natürlich auch immer vom Lebensmittel ab. Bei Hackfleisch gibt's ein verbrauchst Datum und das sollte man auch unbedingt einhalten, weil da können ja fiese Keime entstehen.

[00:16:41]

Und letztlich ist es also Basiswissen, um das es geht Ernährungs Kunde. Und da würden wir übrigens dann auch lernen, dass Bananen, Äpfel und Tomaten als Lagerung Singles bezeichnet werden. Lagerung Singles, weil man die alleine lagern soll. Die Ström nämlich Stielen aus und das regt auch anderes Obst und Gemüse zum Reifen an und damit auch schneller schlecht werden.

[00:17:05]

Aber im besten Fall sagt mir ja dann in Zukunft mein Kühlschrank Bescheid. Genau.

[00:17:08]

Nur nicht bei Tomaten, denn die gehören da gar nicht rein.

[00:17:11]

Ah ja, das weiß ich eigentlich sogar. Okay, also wir werfen keine Lebensmittel mehr weg bzw. kaum noch. Das ist unser Szenario heute. Und das hätte Auswirkungen nicht nur auf unser Haushaltsbudget. Das haben wir ja vorhin schon besprochen, sondern noch sehr viel weiter gehen da.

[00:17:25]

Genau. Wir sind ja keine Selbstversorger Insel, abgeschnitten vom Rest der Welt, sondern wir sind ein Land, das auch jede Menge Lebensmittel und Futtermittel übrigens auch importiert. Also unser Konsum hat immer globale Effekte.

[00:17:38]

Und genau darüber habe ich mich mit Stephanie Wunder unterhalten. Sie arbeitet am Ecology Institut. Das ist ein umweltpolitischer Think Tank in Berlin. Ich habe sie dann auch gleich mal gefragt, was es denn für Umwelt und Klimaschutz bedeuten würde, wenn wir weniger Essen wegschmeißen würden.

[00:17:53]

Der Klima Effekt durch weniger Lebensmittelverschwendung ist enorm und leider weitestgehend unbeachtet. Wenn man sich global die Treibhausgas-Emissionen anschaut, muss man sagen, dass ein Viertel. Im Zusammenhang steht mit der Produktion, Verarbeitung und Entsorgung von Lebensmitteln und von diesem großen Löwenanteil dieses Viertels wiederum ein Viertel steht im Zusammenhang mit der Verschwendung und dem Abfall von Lebensmitteln, und das zu reduzieren hat natürlich einen gigantischen Effekt auf den Klimaschutz. Und daneben sind natürlich all die Ressourcen, die aufgewendet werden Boden, Wasser, Energie, Düngemittel, Arbeitskraft.

[00:18:30]

Auch die werden natürlich eingespart, wenn man sich dem Thema Vermeidung von Lebensmittelverschwendung widmet.

[00:18:36]

Was braucht es denn aus Ihrer Sicht, um Lebensmittelverschwendung nicht nur individuell, sondern im großen Stil zu reduzieren?

[00:18:42]

Ein ganz zentraler Punkt, der nicht nur das Thema Lebensmittelverschwendung betrifft, sondern überhaupt die, die Nachhaltigkeit in unserem Ernährungs System ist. Dass unsere Lebensmittel unsere billigen Lebensmittel sind zu teuer. So könnte man das formulieren. Denn die Kosten, die durch diese billige Produktion entstehen, fallen einfach woanders an. In der Gesellschaft, also durch das Auslaugen von Böden, durch Nitrat im Grundwasser, durch ernährungs bedingte Krankheiten. Und ich könnte noch viele mehr nennen. Und diese Kosten müssten natürlich in den Preis der Lebensmittel drin sein, damit man eben auch beim Kauf den entsprechenden Anreiz hat, die Produkte zu kaufen, die ressourcenschonend sind.

[00:19:21]

Sprich Unsere Lebensmittel müssen teurer werden, damit sie ihren wahren Preis widerspiegeln. Und wenn Lebensmittel teurer sind, dann werden sie natürlich auch weniger verschwendet.

[00:19:31]

Das klingt ziemlich hart, weil es gibt ja auch viele Menschen, die nicht viel Geld haben und für die wir sowas natürlich dramatisch.

[00:19:38]

Das ist vollkommen richtig. Es ist auch ein klassisches Argument wie Lebensmittel dürfen nicht teurer werden, weil dann haben wir ein soziales Problem. Nur sind damit zwei Probleme in einen Topf geworfen, die da nicht reingehört. Wir haben natürlich ein großes Problem einer sozialen Schere in Deutschland, die immer weiter auseinandergeht und natürlich auch weltweit. Und dieses Problem muss man angehen. Aber natürlich ist der Zugang nicht, dass Lebensmittel nicht den Preis im Preisschild haben, den sie eigentlich die gesamte Gesellschaft kosten.

[00:20:04]

Aber es ist richtig im sozusagen. Kurzfristig gesehen, bevor man mittelfristig die Probleme gelöst bekommt, muss man natürlich sehen, dass ein Hartz-IV-Satz eben nicht ermöglicht, sich nachhaltig zu ernähren. Und wenn Lebensmittel teurer werden, schon mal gleich gar nicht.

[00:20:19]

Und vielleicht schauen wir jetzt sogar noch ein bisschen globaler, wenn wir es schaffen würden, die Lebensmittelverschwendung hier stark zu reduzieren, würde das denn dazu führen, dass anderswo auf der Welt weniger Hunger und weniger Mangelernährung herrschen würden?

[00:20:33]

Das hat tatsächlich miteinander zu tun, wie viel weniger wir wegwerfen und was anderswo in der Welt sozusagen zur Verfügung steht an Nahrungsmitteln. Es ist nur keine direkte Verbindung. Aber man muss sagen, die Ressourcen sind eben sehr begrenzt, was wir aus unseren weltweiten Ackerflächen an Lebensmittel produzieren können. Das heißt, das, was wir jetzt verbrauchen, steht eben anderswo auf der Welt nicht mehr zur Verfügung. Das ist also ein ganz wichtiger Punkt, wenn man eine wachsende Weltbevölkerung und wir reden eben von sieben Milliarden jetzt bis sogar neun bis zehn Milliarden in 2050.

[00:21:06]

Wenn man diese Weltbevölkerung ernähren möchte, auch gesund ernähren möchte, auch mit weniger Ungleichheiten, dann müssen wir unsere Art, uns zu ernähren und wir Art, wie wir wegwerfen, ändern. Und das kommt direkt auch Menschen anderswo auf der Welt zugute.

[00:21:25]

Perfekt wäre es ja, wenn nur noch so viel produziert würde, wie wir konsumieren. Denn dann blieben rechnerisch ja keine Lebensmittel übrig, die man wegwerfen muss.

[00:21:34]

Aber wir wollen ja wohl auch keine Planwirtschaft einführen. Ne Planwirtschaft sicher nicht, aber wir könnten ja einfach selbst freiwillig ein bisschen mehr vorausplanen. Und da gibt's ja auch schon Konzepte wie die solidarische Landwirtschaft zum Beispiel. Da schließen sich Verbraucher und Verbraucherinnen mit einem Hof zusammen und unterstützen den zum Beispiel mit einem monatlichen Beitrag, aber auch, indem sie eine bestimmte Menge Gemüse und Obst von da fest beziehen.

[00:22:00]

Ein bisschen neumodischer klingt es beim sogenannten Crowdfunding. Da adoptiert ich online als Kundin in Obstbaum oder eine Kuh, bezahle im Voraus und gebe damit auch eine Bestellung auf. Und in ein paar Monaten bekomme ich dann meine persönliche Ernte, also das Obst, wenn es reif ist oder den Käse, wenn er fertig ist.

[00:22:17]

Von dem Konzept ist auch Linda Becker total überzeugt. Linda ist 34, sie ist Milch Bäuerin, hat einen Hof mit 300 Kühen nördlich von Magdeburg und eine Molkerei auch. Und bei ihr kann ich online Patenschaften für Kühe übernehmen.

[00:22:31]

Ja, da kann man sich ja sogar selber eine aussuchen. Im Internet. Du hast mir den Link gezeigt und meine große Favoritin ist Kunigunde.

[00:22:38]

Ja, die Kuh Kunigunde. Sensationeller Name. Ich habe mit Linda Becker der Hof Besitzerin telefoniert und sie hat mir erzählt, warum durch Crowdfunding ihrer Meinung nach weniger Lebensmittel verschwendet werden.

[00:22:52]

Wenn man überlegt, dass ja im Einzelhandel relativ viele Lebensmittel verderben, dann ist das eine Variante, wo wir als Erzeuger kalkuliert Mengen bereitstellen, die der Kunde vorher bestellt hat. Also es gibt für uns eine große Planungssicherheit. Und für den Kunden gibt es natürlich auch die Sicherheit, dass das, was er bestellt hat, das, was er für seinen Kühlschrank für die nächsten Wochen vorausgeplant hat, auch bei ihm ankommt.

[00:23:18]

Was ist für dich der Unterschied zur übrigen Produktion, zum Verkauf über den Handel oder direkt an der Theke bei euch im Laden?

[00:23:24]

Bei unserem Kundengeschäft ist es so, dass wir mit einem gewissen Warenbestand zu einem Markt fahren oder unserem Verkaufsstand bestücken und dann mit einem Warenbestand auch wieder zurückfahren. Es gibt ein Überschuss Produktionen, die wir dann bestenfalls noch verkaufen können und im schlechtesten Fall wird die dann schlecht.

[00:23:42]

Glaubst du so ein Projekt wie deines? Wird das eher ne Nische bleiben oder hat das auch Chancen, dass das im größeren Stil möglich ist?

[00:23:49]

Also wenn ich überlege, wie stark es in den letzten zwei Jahren gewachsen ist, sowohl von der Anzahl der Bestellungen als auch von den Erzeugern das Mitmachen in Deutschland waren wir die ersten, die mit klar Förmigen gestartet sind. Das ist jetzt anderthalb Jahre her. Mittlerweile gibt es 174 Erzeuger. Die sind natürlich nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus ganz Europa und aus Übersee, wo man direkt einkaufen kann, wo man direkt bestellen kann. Deswegen denke ich nicht, dass wir in einer Nische bleiben.

[00:24:20]

Wenn ich mir jetzt so hier die deutsche Wirtschaft angucke es gibt viele Discounter, ein Preiskampf sowieso. Immer wieder Diskussionen über die Preise, die die Landwirtschaft bekommt. Glaubst du, dass so ein Modell sich auch auf das gesamte System übertragen lässt?

[00:24:36]

Irgendwie zu teilen? Also ich denke für verarbeitende landwirtschaftliche Betriebe, kleiner strukturierte Familienbetriebe. Es ist eine Chance für einen großen Agrarmarkt, wo es ja ganz andere Mengen gibt, Tonnage, die verschifft werden und dergleichen. Dafür ist das Modell nicht geeignet. Das ist ja eine andere Form von Landwirtschaft.

[00:25:01]

Also flächendeckend würde das mit dem Crowd Farming jetzt vielleicht noch nicht funktionieren. Aber trotzdem ich finde die Idee. Ich hab da so eine Patenschaft für eine Kuh und lass mir dann alle paar Wochen den Käse schicken. Das finde ich irgendwie ganz nett. Allerdings wenn jetzt wieder weiter drüber nachdenke, das wär so eine Kuh für mich alleine auch ganz schön viel Käse.

[00:25:23]

Ja und am Ende ist es auch so, dass man genau genommen die Kuh mit anderen teilt, weil die Menge Käse sonst wohl doch zu viel wäre. Das können bis zu 50 Leute pro Kuh sein. Und bei diesen ganzen schwingt natürlich auch viel Symbolik und Nostalgie mit, so mein Eindruck.

[00:25:39]

Aber wichtig ist ja der Gedanke Wir machen uns bewusst, woher unser Essen kommt und wie viel Aufwand da drinsteckt.

[00:25:45]

Denn das sorgt im besten Fall dafür, dass wir Lebensmittel mehr schätzen und eben nicht so schnell in den Müll schmeißen. Und damit sind wir ja wieder mitten in unserem Szenario. Genau.

[00:25:56]

Und das hat ja echt viele Aspekte. Ich würde sagen, Markus, lass uns doch nochmal zusammenfassen. Mal angenommen, wir werfen kein Essen mehr weg.

[00:26:05]

Das könnte heißen, dass manches im Alltag anders wird. Supermärkte reduzieren ihre Auswahl, weil sie vermeiden wollen, dass verderbliche Waren übrig bleiben. Das führt aber dazu, dass manche Regale abends oft schon leer sind. Und es gibt nicht mehr das ganze Jahr über alle Lebensmittel. Restaurants verändern ihre Speisekarten und haben nicht immer alles verfügbar. Und wenn sich nicht an sich was ändert. In Sachen globaler Verteilung, dann kann es passieren, dass wir zwar weniger Lebensmittel wegschmeißen, aber anderswo auf der Welt trotzdem nicht automatisch mehr Essen da ist.

[00:26:42]

Es könnte aber auch vieles besser werden.

[00:26:45]

Nämlich so Die Menschen haben Lebensmittel wieder mehr zu schätzen gelernt. Sie kaufen und essen bewusster, achten auf saisonale und regionale Produkte. Landwirte produzieren immer öfter auf Bestellung für ihre Kunden. Digitale Technik im Kühlschrank und Apps helfen, vorausschauend einzukaufen, damit nichts schlecht wird. Wenn wir doch mal zu viel zuhause haben, finden wir auf Plattformen schnell andere Leute, die die Lebensmittel haben möchten. Und wenn wir weniger verschwenden, hilft das der Umwelt und dem Klimaschutz.

[00:27:16]

Wie immer wird das alles nicht exakt so kommen. Wir wollen ja in unserem Podcast vor allem auch mal zeigen, was alles dran hängen könnte an so einem Szenario. Und wenn ihr in die Richtung weiter hören wollt, dann hört doch mal in unsere Folgen rein zur Massentierhaltung oder zur Frage, wie das wäre, wenn alle vegan leben.

[00:27:32]

Das war jedenfalls erstmal die letzte reguläre Folge von unserem Zukunfts Podcast für dieses Jahr. Nächste Woche gibt's aber nochmal eine kleine Weihnachts Überraschung. Nämlich eine Spezial Ausgabe mit allen von uns. Und wenn ihr Feedback habt für uns Kritik oder Vorschläge, dann mailt uns gern an. Mal angenommen. Tagesschau.de Danke, dass ihr heute wieder zugehört habt und wir wünschen euch noch eine schöne Adventszeit. Bleib gesund und machts gut. Ich hab.