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Mal angenommen, die Kirchensteuer wird abgeschafft, verfallen dann viele Kirchen? Oder ist das eine Chance und die Kirchen sprechen dann wieder mehr Menschen an?

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Ich bin Masse Urheberinnen und ich bin soviel von der Tann Hallo aus dem ARD-Hauptstadtstudio, hier im Podcast spielen wir ja jede Woche ein Zukunftsszenario durch dieses Mal was wäre, wenn es keine Kirchensteuer mehr gäbe.

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Wir haben mal ein bisschen rum gesponnen und wenn das wirklich so käme, dann könnte sich die Tagesschau in der Zukunft vielleicht mal so wie andere.

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Der Kölner Dom wird seit heute als Techno Club genutzt. Es sei ein notwendiger Schritt, das Gebäude für andere Zwecke zu vermieten, erklärte das Erzbistum Köln. Seitdem die Kirchensteuer abgeschafft wurde, können viele Gemeinden die Kosten für den Erhalt der Kirchengebäude nicht mehr stemmen. Besonders auf dem Land ist die Zahl der baufälligen Kirchen stark gestiegen. Du hast ein ganz schön extremes Szenario. Der Kölner Dom als Techno Kathedrale hat z.B. in den Niederlanden oder in den USA, da ist das ja oft so, dass Kirchen für was anderes genutzt werden.

[00:01:12]

Ich hab mal in der Kirche übernachtet. Okay, es war ein Hotel und war auch mal in einer Kapelle, die zur Bar umfunktioniert wurde.

[00:01:19]

Also so Schotts Trinken auf dem Altar oder wie?

[00:01:22]

Ja naja, also die Kirche war natürlich entweiht. Also dahin kein Kreuz mehr. Aber ja, im ehemaligen Altarraum, da gab's Schnaps.

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Ich muss ja sagen, selbst als Atheist aus dem Osten finde ich das schon ein bisschen hart.

[00:01:33]

Die Vorstellung Hast du Angst vor dem Zorn Gottes? Naja, Angst.

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Aber ich meine, was ist mit dir? Du bist doch evangelisch und getauft. Wahrscheinlich auch so volles Programm, oder?

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Ja, das stimmt schon. Ich würde mich auch als gläubig bezeichnen und Schotts in der Kirche, das fand ich auch ein bisschen befremdlich. Aber es ist jetzt auch nicht so, dass ich jeden Sonntag in die Kirche gehe. Ich bin zwar mit viel Kirchenchor aufgewachsen, aber ich muss zugeben, ich verlier da auch ein bisschen den Bezug zu. Und so geht es einigen Leuten, die ich kenne. Also spätestens wenn der erste Gehaltszettel kommt, dann denken sich viele so Hoppla, so viel Kirchensteuer für was, das ich gar nicht nutze.

[00:02:13]

Ja, deswegen treten ja auch gerade viele aus der Kirche aus, wenn sie anfangen zu arbeiten. Aber du bist ja noch in der Kirche, trotz Gehaltszettel.

[00:02:22]

Ja, ich erwarte ja jetzt auch nicht, dass die Kirche alles nur noch an meinen Bedürfnissen als Mitglied ausrichtet und dann nur noch Kirchenjahr oder sowas anbietet. Ist ein Bedürfnis. Das mal überspitzt gesagt Die Kirche erfüllt natürlich auch wichtige soziale Aufgaben in der Gesellschaft, kümmert sich zum Beispiel um Obdachlose, um Geflüchtete. Das finanziere ich natürlich gerne mit. Aber ich will auch, dass sie mich als Mitglied anspricht und im Idealfall schafft. Sind natürlich beides.

[00:02:49]

Das wäre natürlich der Idealfall, wenn wir uns jetzt mal unser Szenario heute anschauen. Die Kirchensteuer wäre abgeschafft. Würden die Kirchen diesem Ideal dann näher kommen. Oder was würde sich ändern?

[00:03:00]

Ich habe mir überlegt, ich gehe einfach mal zu meiner Gemeinde in Berlin, da wo ein guter Teil meiner Kirchensteuer hingeht und fragt da mal nach.

[00:03:08]

Hallo. Hallo. Also mit Bascom oder so viel wir uns setzen wollen, dass es Pfarrern Christine Schlund an ihrer Kirche der Kirche.

[00:03:18]

Da war ich, muss ich zugeben, vorher erst einmal. Ich hatte die auch gar nicht so richtig wahrgenommen. Der Eingang ist in so einer Häuserschluchten von Berliner Altbau Häusern und am Ende liegt dann diese helle Kirche barocker Turm mit grüner Haube obendrauf einen sehr hübsch hell klassizistisch.

[00:03:32]

Wie wäre das dann jetzt mal? Angenommen, die Kirchensteuer wäre abgeschafft. Müsste ich dann an Weihnachten Eintritt zahlen für den Weihnachtsgottesdienst? Vielleicht würden sie auf eine andere Weise Mitglied sein? Förderndes Mitglied in irgendeiner Form wie in einem Verein. Und dann würden sie so eine Vereins Mitgliedskarte haben oder so was. Und dann könnten sie in Weihnachtsgottesdienst gehen. Dann müsste man halt zusehen, dass es auch Pfarrerinnen und Pfarrer gibt, die die Weihnachtsgottesdienst erhalten. Dass es Möglichkeiten gibt, die Kirche als einen Ort so zu erhalten, dass es dann da nicht rein regnet an Weihnachten und das es auch vielleicht sogar geheizt ist.

[00:04:10]

Und dass es möglicherweise sogar einen Musiker gibt, der da schöne Musik macht und dass es auch irgendwie Geld gibt für Lied, Blätter oder so. Das alles müsste man zusehen, wie man das finanziert und eventuell würden sie mit der Mitgliedskarte teilnehmen können. Also einmal mit der Chipkarte. Ritsch ratsch entweder kommt grünes Licht oder rotes Licht. Wie wär das denn für Taufen oder Hochzeiten? Beerdigungen? Also es würde natürlich so sein, dass wenn jemand eine Taufe oder eine Hochzeit oder eine Beerdigung anmeldet, dass er dafür dann entsprechend einfach bezahlen müsste.

[00:04:45]

Aber das ist schon ein bisschen unrealistisch mit der Chipkarte, oder das gibt's ja sonst auch nirgendwo auf der Welt.

[00:04:50]

Ja, das ist vielleicht unwahrscheinlich, aber einiges könnte schon deutlich schwieriger werden ohne Kirchensteuer.

[00:04:57]

Also im Moment ist es so, dass unsere ganze Gemeindearbeit an der Kirchensteuer Zuweisung hängt von Pfarrerinnen, von Kirchenmusiker Rinnen, von Mitarbeitenden in der Arbeit mit Kindern, Jugendlichen im Büro und so weiter. Alles hängt an diesen Kirchensteuern. Wenn wir keine Kirchensteuer Zuweisungen hätten, dann könnten wir vielleicht mit Spenden oder so könnten wir vielleicht insgesamt eine Stelle finanzieren. Wenn wir jetzt sozusagen von heute auf morgen keine Kirchensteuer hätten, würden wir keine einzige Stelle mehr haben. Keine Pfarrstelle, keine Kirchenmusiker Stähle, keine Bürostühle, nichts, gar nichts.

[00:05:32]

Pfarren. Schlund meinte übrigens, dass sie jetzt schon eine Kirchenmusiker Stelle nicht nach besetzen können. Die Einnahmen aus der Kirchensteuer sind wegen der Coruña Krise nämlich in Deutschland ziemlich eingebrochen.

[00:05:43]

Das leitet ja auch ganz gut über zu der Frage, wie die Kirchensteuer überhaupt berechnet wird. Die hängt ja an der Lohn und Einkommenssteuer.

[00:05:50]

Ja, davon zahlt man acht oder neun Prozent als Kirchenmitglied je nach Bundesland.

[00:05:55]

Also nicht acht oder neun Prozent vom Gehalt, sondern acht oder neun Prozent von dem, was man als Einkommenssteuer. Genau. Also im Durchschnitt zahlt in der evangelischen Kirche jedes Kirchenmitglied gut 280 Euro im Jahr an die Kirche. Und wenn Menschen eben wegen Coruña in Kurzarbeit sind oder ihren Job verlieren, dann fallen sie weniger bzw. vielleicht gar keine Kirchensteuer und deswegen gehen die Einnahmen in der Coruña zurück.

[00:06:18]

Wir hatten ja am Anfang des Podcasts über baufällige Kirchen gesprochen. Wenn es in Zukunft gar keine Kirchensteuer mehr gäbe, wäre das denn auch ein Problem, das die Kirche dann hätte. Also baufällig wäre die wohl nicht gleich, aber es würde das Geld fehlen. Wenn mal was passiert. Wir hatten vor einiger Zeit einen ziemlich massiven Wasserrohrbruch hier in der Kirche. Das war ziemliches Chaos. Und es führte dann dazu, dass die Leitungen, die von der letzten Jahrhundertwende, vom 19.

[00:06:46]

zum 20. Jahrhundert waren, dass wir ganz neu über einen Kirchhof alles ganz neu anlegen mussten. Diese Maßnahme hat die gesamte Bau Zuweisungen aus Kirchen Steuermitteln für dieses Jahr verschlungen und wir haben dann das ganze Jahr bibbert, was nicht jetzt noch irgendwie Heizungs Havarie ist oder noch irgendwas passiert. Das war im Juni. Glücklicherweise war das nicht der Fall. Hätten wir diese Zuweisung nicht gehabt, hätten wir gar kein Geld gehabt, um diesen Wasserrohrbruch mit dem irgendwie umzugehen. Im schlimmsten Fall, wenn wir keine anderen Mittel irgendwie aufgetan hätten, dann hätten wir die Kirche einfach geschlossen.

[00:07:21]

Also Gebäude, die weg bröseln, Pfarrerinnen und Pfarrer, die entlassen werden. Keine Kirchenmusik mehr, keine Seelsorge. Das wäre natürlich schon ein extremes Szenario.

[00:07:31]

Und andererseits sehen ja auch einige das aktuelle System mit der Kirchensteuer sehr kritisch, mit dem sich die Kirchen finanzieren.

[00:07:37]

Es geht der deutschen Kirche einfach zu gut. Karsten Frage Ist das ein bekannter Kritiker der Kirche? Er hat diverse Bücher geschrieben über die Kirche, über ihre Macht und ihr Geld.

[00:07:46]

Tertiär gut, materiell weniger gut gestellt zu sein, weil sie dann eigentlich mehr sich auch um ihre Gläubigen kümmern müsste.

[00:07:53]

An der Kirchensteuer stört Carsten Frerk vor allem, wie sie eingenommen wird. Er nennt das staatliches Inkasso staatliches Inkasso.

[00:08:00]

Heißt das der Staat für eine private Organisationen wie die Kirchen das sind als Geldeintreiber, als Inkassounternehmen auftritt mit aller staatlicher Hoheit?

[00:08:09]

Eigentlich sind die Kirche und Staat ja getrennt in Deutschland. Aber trotzdem hilft der Staat der Kirche mit seiner ganzen staatlichen Autorität und mit den Finanzämtern dabei, das Geld von den Kirchenmitgliedern einzutreiben. Das ist schon ziemlich ungewöhnliches System, kann man sagen.

[00:08:25]

Wir erklären das später nochmal, wie es eigentlich dazu kam.

[00:08:28]

Ja, man muss natürlich dazusagen, die Kirche zahlt auch was für diesen Service, für diese Dienstleistung. Dass der Staat ihr hilft. 3 Prozent der Kirchensteuer kann der Staat für sich behalten. Andererseits verzichtet der Staat aber auch auf Einnahmen, weil man das, was man an Kirchensteuern zahlt, ja von der Steuer absetzen kann. Aus der Sicht von Carsten fragt zumindest kommen die Kirchen bei dem Ganzen auf jeden Fall sehr gut weg.

[00:08:50]

Der staatliche Inkasso hat den großen Vorteil, dass die meisten Menschen auf ihrem Lohnzettel gar nicht da ankommen, wo die Kirchensteuer steht, weil Krankenkassenbeiträge, Sozialversicherungsbeiträge und so weiter sind höhere Beträge als die Kirchensteuer selber. Und ich glaube nur 40 prozent der Menschen wissen überhaupt, wieviel Kirchensteuern sie bezahlen. Das ist das gut geschmierte Modell.

[00:09:11]

Die katholische und die evangelische Kirche zusammen haben im letzten Jahr gut 12 Milliarden Euro durch die Kirchensteuer eingenommen. Also schon richtig viel Geld. Und das macht ja auch einen großen Teil von dem aus, was die Kirchen insgesamt als Einnahmen haben. Ja, die evangelische Kirche kriegt im Durchschnitt die Hälfte ihrer Einnahmen aus der Kirchensteuer. Aber das ist nur der Durchschnitt. Und in vielen Landeskirchen und auch in vielen katholischen Bistümern geht es hoch bis 70 80 Prozent, die die Kirchensteuer ausmacht.

[00:09:39]

Und das sonstige Geld. Das kriegen die Kirchen dann zum Beispiel aus staatlichen Zuschüssen für Kitas oder so..

[00:09:45]

Ja, und die Kirchen haben ja auch ein großes Vermögen. Viele Besitztümer, Gebäude, Wald, Weingüter und die werfen auch nochmal Gewinn ab.

[00:09:53]

Und es gibt auch noch die sogenannten Staatsleistungen, die die Kirchen jedes Jahr bekommen, auch wenn das wesentlich weniger ist als die Kirchensteuer. Kommt so ein bisschen an aufs Bundesland. Fakt ist auf jeden Fall Im Vergleich zu vielen anderen Kirchen auf der Welt sind die großen deutschen Kirchen reich, sehr reich auch durch die Kirchensteuer.

[00:10:12]

Und wenn es die nicht mehr gäbe, dann wäre die Kirche vielleicht viel mehr auf Spenden angewiesen, um sich zu finanzieren.

[00:10:18]

Und Spenden kriegt sie nur, wenn sie mehr auf die Bedürfnisse der Gläubigen eingeht. Das wäre das Argument für ein anderes System.

[00:10:25]

An dieser Stelle müssen wir aber auch nochmal drüber sprechen, wer eigentlich die Kirchensteuer erhebt in Deutschland. Also wen würde es denn genau treffen, wenn es sie nicht mehr gäbe?

[00:10:34]

Vor allem die katholische Kirche, die evangelische Kirche, noch ein paar kleinere christliche Gemeinschaften und die jüdischen Gemeinden.

[00:10:41]

Kultus Steuer heißt das da, muslimische Gemeinden erheben ja keine Steuer?

[00:10:45]

Ja, darüber wird immer wieder diskutiert. Moschee Steuer ist da das Stichwort. Aktuell gibt's die mich in Deutschland, aber für die Debatte könnte man nochmal einen eigenen Podcast machen.

[00:11:01]

Wir wissen jetzt einiges über die Kirchensteuer, dass das ein ziemlich komfortables System für die Kirchen ist und dass es die Gemeinden treffen würde, wenn sie abgeschafft werden würde. Die Kirche übernimmt ja aber auch viele soziale Aufgaben, besonders durch die Caritas und die Diakonie. Die Wohlfahrtsorganisationen der katholischen und der evangelischen Kirche.

[00:11:21]

Ja, die betreiben Krankenhäuser, Altenheime und die Kirchen sind ja auch Träger von Schulen und Kitas.

[00:11:27]

Ja, was würde denn passieren damit, wenn die Kirchensteuer wegfällt? Müssten die dann alle dicht machen?

[00:11:33]

Das habe ich Thomas Schüller gefragt. Er ist Professor für Kirchenrecht an der Uni Münster und ich war schon ziemlich erstaunt über seine Antwort, muss ich sagen. Aber zuerst habe ich ihn ein bisschen zugespitzt gefragt Ohne Kirchensteuer stirbt dann die Kirche?

[00:11:46]

Nein, sie hätten für weniger finanzielle Mittel. Das würde einfach bedeuten, sie könnten nicht mehr so viele Personen beschäftigen, vor allen Dingen nicht mehr so viele Seelsorgerinnen und Seelsorger. Es interessiert in unserer Gesellschaft kaum ein, was mit den Obdachlosen ist. Es werden immer mehr, die auf der Straße leben. Es gibt von beiden großen christlichen Kirchen zum Beispiel einen ärztlichen Notdienst für diese Menschen, die ja keine Krankenkassen Versicherungen haben, dagegen Kirchensteuer rein. Denken Sie, eine ganze Flüchtlingshilfe?

[00:12:14]

Das ist schon ein Einschnitt. Sie könnten nicht mehr so viele Gebäude bedeutende Gebäude halten wie im Umland von Frankfurt, im Odenwald, Westerwald, Taunus Wort in einem kleinen Dorf eine evangelische katholische Kirche steht. Das wird auf Dauer nicht zu bespielen sein.

[00:12:29]

Sie haben ja gerade den Punkt Personal angesprochen. Die Kirche ist ja aktuell ein sehr großer Arbeitgeber in Deutschland, der zweitgrößte nach dem Staat. Was hieße das denn für die Attraktivität der Kirche als Arbeitgeber, wenn die Kirchensteuer jetzt wegfiele?

[00:12:43]

Ja, dann würden sich die Leute den Kirchen nicht mehr als Arbeitgeber aussuchen, weil die Kirche könnte ja nicht wie im Moment. Das unterscheidet sie ja von der Wirtschaft zum Beispiel keine in der Regel unbefristete Arbeitsverträge anbieten mit hohen Sozialstandards und Leistungen. Stichwort kirchliche Zusatzversorgung. Kasse, die im kirchlichen Dienst stehen, bekommen eine exzellente Rente. Das viele alles weg und damit würde die Attraktivität natürlich sinken. Andererseits würde es vielleicht etwas Abenteuer mäßige oder mutige Leute eher anziehen. Die sagen jetzt erst recht auf persönlichen Reichtum Wohlstand kommt es nicht an.

[00:13:16]

Das musste man absehen. Aber es wären ja innerhalb kürzester Zeit das sollte man auch mal deutlich sagen mehrere 100 000 Leute zu entlassen. Das ist kein Drohszenario, sondern eine nüchterne Realität, die man sehen muss.

[00:13:29]

Jetzt wird ja viel über den sozialen Bereich gesprochen, über die Caritas, über die Altenpflege. Dass dort Kirchen viel tun könnten, die diese Bereiche der Kirche ohne die Kirchensteuer überleben.

[00:13:38]

Ja, da muss man genau hinschauen. Also Pflegeeinrichtungen, die werden natürlich durch die in Deutschland einzigartigen und sozialen Sicherungssysteme weitgehend bezahlt. Das Gleiche gilt für Krankenhäuser. Diese Dinge könnten bei kluger Bewirtschaftung natürlich fortgeführt werden. Da fließen fast gar keine Kirchensteuern Mittel hin. Anders sieht es im Schulbereich im Bildungsbereich aus. Da fließen in der Diözese, sagen wir mal wie Mainz hier in der Nachbarschaft, die sehr viele katholische Schulen haben, schon hoher zweistelliger Millionenbetrag pro Jahr aus den Kirchensteuern Mittel in diese Schulen hinein, die ja offen sind für alle Schülerinnen und Schüler, die müssen ja nicht katholisch sein, diesen ungetauft.

[00:14:14]

Das sind auch Schülerinnen und Schüler von Eltern, die ausgetreten sind. Kurzum Das könnte die Kirche dann nicht mehr weiterbetreiben. Sie würde diese Schulen dann an den Staat zurückgeben. Und aus allgemeinen Steuereinnahmen müsste der Staat dann diese Schulen betreiben. In der Tat, das gilt genauso für Kindertagesstätten. Und das ist auch der Grund politisch, warum sich beide großen Parteien sehr zurückhalten bei der Frage, ob sie den Kirchen empfehlen, die Kirchensteuer abzuschaffen.

[00:14:39]

Also aktuell übernehmen die Kirchen, um das nochmal zusammenzufassen staatliche Aufgaben und dafür bekommen sie im Gegenzug Geld aus der Krankenversicherung zum Beispiel. Und der Staat muss dann eben nicht alles selber machen.

[00:14:51]

Aber trotzdem fand ich überraschend Diakonie, Caritas, also die Krankenhäuser, die Altenheime, dass da so wenig Kirchensteuern hineinfließen. Also die könnten wahrscheinlich so weiterbetrieben werden wie bisher oder mehr.

[00:15:04]

Thomas Schüller meint ja mal als Beispiel bei der Caritas Auf Orts Ebene machen die kirchlichen Zuschüsse insgesamt gerade mal zwischen 2 und 5 prozent der Gesamteinnahmen aus. Und bei Kitas und Schulen ist es schon ein bisschen mehr. Da müsste der Staat dann eben Geld dafür draufzahlen, um die komplett selber zu betreiben.

[00:15:22]

Warum haben wir eigentlich das aktuelle System mit der Kirchensteuer? Da sollten wir vielleicht auch nochmal drüber reden. Nehmen wir von Sehr schön, darauf geht's. Jetzt sollten wir es auch auflösen. Da ist ja eigentlich Napoléon schuld. Meintest du vorhin zu mir? Ja.

[00:15:34]

Also als Napoleon den Krieg gegen Preußen gewonnen hatte, so um 1800 rum. Genau da mussten die deutschen Fürsten ihre Gebiete links vom Rhein an Frankreich abgeben und die Fürsten bekamen im Gegenzug das Vermögen und die Ländereien der Kirchen.

[00:15:49]

Also die Kirchen wurden quasi enteignet.

[00:15:52]

Ja, genau. Also Stück für Stück wurden den Kirchen dann ihre Einnahmequellen weggenommen und die Kirchen konnten deshalb ihre Kosten nicht mehr decken. Aber auch den Fürsten und den freien Städten. Wurde das bald alles zu teuer? Die Gebäude der Kirchen zu erhalten, die Pfarrer usw. zu bezahlen und dann haben die gesagt, die Gemeindemitglieder müssen die Kirche bezahlen Kirchensteuer. Genau das wurde dann später als Kirchensteuer in die Weimarer Verfassung übernommen und steht jetzt auch im Grundgesetzt.

[00:16:16]

Heißt das System was wir jetzt haben, das gibts schon echt lang. Und wenn es das nicht mehr gäbe, dann wäre das schon eine krasse Umstellung für die Kirche.

[00:16:23]

Ja, also nur mit Spenden würde wahrscheinlich deutlich weniger zusammenkommen als jetzt durch die Kirchensteuer. Oder auch wenn die Kirche sich selbst drum kümmern müsste, das Geld ihrer Mitglieder einzuziehen. Allein die Mahnbescheid wahrscheinlich. Wenn jemand nicht gezahlt hat. Da hat mir auch Carsten Frag davon erzählt, dass in Österreich z.B. die Kirche ja selber ihre Beiträge einziehen muss. Und wenn jemand eben nicht zahlt, dann muss man da einen Mahnbescheid schicken. Wenn die Kirche die jetzt alle selber verschicken müsste in Deutschland wäre total viel Aufwand und die Zahlungsmoral wäre wahrscheinlich auch nicht so hoch wie jetzt, wo der Staat mithilft, dass ja auf jeden Fall keine leichte Situation für die Kirche, wenn die Kirchensteuer wegfallen würde.

[00:16:59]

Aber selbst Kirchenrechtler Thomas Schüller glaubt, dass es durchaus auch einen positiven Effekt haben könnte für die Kirche.

[00:17:05]

Wenn man genauer hinschaut, ist sie auch ein Scheinriese geworden. Weil für viele Menschen ist sie keine Alternative, ist keine sinnvolle Institution. Und ich sehe einen positiven Effekt, dass man vom Scheinriesen zu einem wirklichen kleinen Riesen vielleicht wird der dann wieder was zu sagen hat, weil er da nicht mehr Rücksicht darauf nehmen muss, dass er so bedeutsam ist und dass wieder so Dinge wie das Evangelium in die Mitte kommen. Denn das ist immer noch eine coole Botschaft, dass wir die Menschenwürde beachten, dass wir jeden Menschen mit Respekt begegnen, dass wir uns um die kümmern, die unter die Räder gekommen sind.

[00:17:36]

Vielleicht könnte man sich darauf wieder stärker kaprizieren als auf den Erhalt von Besitz und Vermögen.

[00:17:47]

Wir haben es am Anfang des Podcast schon angesprochen. Jetzt wollen wir mal drauf schauen wenn keine Kirchensteuer wie in Deutschland. Was dann? Was gibt's für Alternativen weltweit? Und was sind da die Folgen?

[00:17:59]

Ja, in den USA z.B.. Da finanzieren sich ja die Kirchen überwiegend über Spenden. Und ich habe mit Martina Buttler darüber gesprochen. Die war jahrelang ARD-Korrespondentin in den USA.

[00:18:08]

Also dass man in seiner Kirche quasi mal einen Scheck ausstellt oder eben auch online was spendet. Das ist völlig normal für Amerikaner und ganz, ganz selbstverständlich. Das Ganze kann man ja auch von der Steuer absetzen. Spenden sind ein großer Teil. Es kann aber auch einfach sein, dass eine Kirche sagt Ach, ich hab Gewinne aus Investments, die ich gemacht habe. Oder ich verkaufe DVDs oder Lebensberater Bücher. Manche vermieten ihre Räume. Also das ist so eine bunte Mischung.

[00:18:30]

Aber es gehört eben wirklich für viele mit dazu, dass man eben für eine Kirche spendet. Und das kann dann auch mal richtig viel Geld werden. Wenn wir uns angucken Mega Kirchen z.B., die tausende Mitglieder haben in den USA, die können auch mal so durchschnittlich sechseinhalb Millionen Einkommen pro Jahr haben. Also das ist schon mal ne ordentliche Hausnummer.

[00:18:46]

Das klingt jetzt so, als wenn Pfarrerinnen und Pfarrer in den USA dann auch eher Marketing-Experten sein müssen.

[00:18:54]

Absolut. Also es gibt durchaus Pfarrer, die sich als CEO, also wirklich als eine Art Wirtschaftsboss in ihrer Kirche verstehen und natürlich auch immer drauf gucken Wie finanzieren wir uns. Sie müssen gut vernetzt sein, müssen nah an den Menschen sein, also eine Bindung haben, damit die Leute eben auch in ihre Kirche kommen müssen, eine Personality haben und bei den richtigen. Ich sage mal großen Star Pastoren sozusagen. Die verschicken z.B. auch jeden Tag mal Motivations Botschaften an ihre Follower und dann greifen sie eben auch zum Scheckheft und stellen eine großzügige Spende aus.

[00:19:26]

Also einerseits führt das Spenden Modell in den USA dazu, dass die Pfarren und Pfarrer vielleicht näher dran sind an ihren Gläubigen und deren Bedürfnissen. Die brauchen ja auch den engen Kontakt, um sich selbst zu finanzieren.

[00:19:39]

Ja und es gibt auch viel mehr verschiedene Kirchen, also quasi für jede Geschmacksrichtung ist da was dabei.

[00:19:44]

Aber das heißt auch Fahren und Pfarrer müssen viel Zeit mit Marketing verbringen.

[00:19:50]

Und während in Deutschland das Geld halt mehr verteilt wird innerhalb der Kirchen, gibt's in den USA große Unterschiede zwischen armen und reichen Gemeinden, je nachdem, ob man halt zahlungskräftige Mitglieder vor Ort hat oder nicht.

[00:20:02]

Ja, in Frankreich finanzieren sich die Kirchen ja auch zum Großteil aus Spenden und die können sich da oft kaum über Wasser halten. Also Pfarrer verdienen da manchmal unter Mindestlohn. Kirchen verfallen.

[00:20:13]

Okay, also die USA und Frankreich, das sind zwei Systeme, das kann man mal festhalten, in denen Kirche und Staat offiziell sehr stark getrennt sind. Ein Gegenbeispiel wäre Italien, wär das eine Alternative für uns in Deutschland.

[00:20:27]

Ja, da gibt's auch so eine Art Kirchensteuer. Aber die funktioniert anders. Hat mir Tillman kleinen Jungen erzählt. Der war ARD-Korrespondent in Rom.

[00:20:35]

Das italienische System unterscheidet sich dahingehend vom deutschen System, das man in Italien eine Wahlfreiheit hat. Man kann tatsächlich zwischen verschiedenen Religionsgemeinschaften und Kirchen auswählen, wie man den sogenannten Otto per Mille, also acht Promille seines Gesamt Einkommens zur Verfügung stellen will.

[00:20:54]

Kurzer Einschub 8 Promille, also 0,8 prozent.

[00:20:58]

Ich würde mal schätzen, das entspricht in etwa der deutschen Kirchensteuer, was die Höhe betrifft. Aber tatsächlich diese Wahlfreiheit, das ist etwas, was es in Deutschland nicht gibt. Allerdings gibt es in Italien auch nicht die Wahlfreiheit, einfach gar nicht zu zahlen. Du musst auf jeden Fall diese acht Promille zahlen, da kommst du nicht raus. Du kannst also sagen Ich gibt das gerne der katholischen Kirche oder einer evangelischen Kirche oder ich überlasse das dem Staat oder ich entscheide mich überhaupt nicht.

[00:21:25]

Was übrigens die Mehrheit der Menschen und Steuerzahler in Italien machen die entscheidende gar nicht. Das heißt, du bist da nicht von ausgenommen. Und das ist natürlich im deutschen System nochmal anders. Da kannst du sagen Ich bin nicht Kirchenmitglied, also zahle ich auch nicht.

[00:21:38]

Und wenn man sich jetzt anschaut, wohin das Geld dann geht aus dieser Steuer, dann gehen 80 Prozent der Einnahmen in Italien an die katholische Kirche. Auf Platz zwei liegt der Staat und drei Prozent kriegt z.B. die evangelische Minderheiten Kirche Derwall.

[00:21:53]

Denn sehr viel mehr als die eigentlich Mitglieder haben, also auch kleinere Kirchen können da profitieren von dem System. Na ja, das ist halt ein Wettbewerb um die Gelder und da können auch die Kleinen theoretisch mehr für sich rausholen, weil am Ende müssen ja eh alle zahlen. Und dann denkt sich vielleicht der eine oder andere Oh ja, die sind mir sympathisch, die machen gute Arbeit, dann gebe ich es mal, denen kann ich dann meine Steuer da auch an irgendeine Umwelt oder Sozial Organisation geben.

[00:22:20]

Also nicht mit dieser Otto per Mille. Aber es gibt nochmal eine andere Steuer in Italien und Cinco per mille, also 0,5 prozent Plicht Steuer für soziale Projekte. Also alles von kirchlichen Projekten bis zu WWF oder Amnesty International.

[00:22:36]

Also nochmal zusammenfassend Das italienische Modell hieße Ich kann entscheiden, wem ich was gebe, aber ich muss was geben. Und in Deutschland aktuell kannst du immer. Sagen Wenn ich der Kirche nichts geben will, dann schlage ich ihm aus. So, jetzt haben wir viel über die Kirchensteuer gesprochen. Lass uns doch nochmal zusammenfassen Was könnte das bedeuten, wenn die Kirchensteuer abgeschafft wird?

[00:22:58]

Nehmen wir mal an, es wird dann in etwa so wie in den USA. Also die Kirchen müssen sich komplett selbst finanzieren, dann könnte es in einem extremen Szenario vielleicht so laufen.

[00:23:09]

Seitdem die Kirchensteuer abgeschafft wurde, müssen sich die Kirchen viel mehr um ihre Gemeindemitglieder bemühen. Es gibt jetzt mehr Formate auch für junge Menschen. Das Gemeindeleben ist lebendiger, denn auch die Kirchenmitglieder wissen, was ihnen ihren Mitgliedsbeitrag wert ist. Kitas, Schulen und Pflegeeinrichtungen gibt's weiterhin. Der Staat und private Anbieter müssen aber mehr Aufgaben übernehmen. Insgesamt erleben die Kirchen und ihre Institutionen einen Modernisierungsschub.

[00:23:36]

Es könnte aber auch so kommen. Wer in eine Kirche kommt, sieht erst mal eine Preisliste. Taufe kostet so viel Trauen, so viel Beerdigungen so viel. All das wird ohne die Kirchensteuer zu einem Luxus, den man sich leisten können muss. Die Kirchen sind jetzt abhängig von Spenden. Gerade in ärmeren Gegenden führt das dazu, dass Kirchen verfallen. Pfarrer und Pfarrerinnen entlassen werden. Das ist keine Seelsorge und Kirchenmusik mehr gibt. Soziale Angebote wie Obdachlosenhilfe oder Flüchtlings Beratung können die Kirchen nicht mehr anbieten.

[00:24:08]

Dass die Kirchensteuer wirklich von heute auf morgen abgeschafft wird, das will eigentlich keiner. Und es wäre auch ziemlich schwierig, weil in Verträgen zwischen dem Staat und der Kirche eben diese Kirchensteuer festgehalten ist. Und es wäre sehr schwierig, das zu ändern. Es müssten auch beide Vertragsparteien zustimmen, also der Staat und die Kirchen. Und ich habe mal bei den Parteien im Bundestag nachgefragt und da ist es so, dass nur die Linkspartei es gut findet, wenn der Staat den Kirchen nicht mehr helfen würde beim Einziehen der Kirchensteuer.

[00:24:37]

Alle anderen Parteien wollen an der Kirchensteuer gar nicht rütteln.

[00:24:41]

Aber auch wenn die Kirchensteuer nicht abgeschafft wird, es treten ja immer mehr Menschen aus den Kirchen aus. Das muss denen doch auch Sorgen machen.

[00:24:50]

Ja, die Kirchen haben mal ein Zukunftsszenario durchrechnen lassen. Also wenn weiter viele junge Menschen austreten wie in den letzten Jahren und viele alte Kirchenmitglieder sterben, wie sieht es dann mit der Finanzierung aus? In 40 Jahren düster ist die Antwort nur noch halb so viele Kirchenmitglieder wie heute. Gäbe es dann deshalb auch deutlich weniger Einnahmen aus der Kirchensteuer?

[00:25:11]

Ja, dann müssen die sich ja eine Alternative überlegen. Da führt ja letztlich kein Weg dran vorbei.

[00:25:17]

Bist du denn eigentlich noch Kirchenmitglied in 20 Jahren? Was denkst du? Ich glaube schon. Aber wer weiß? Also ich müsste doch noch auf jeden Fall mal häufiger hingehen, wenn die Predigt zu langweilig ist.

[00:25:28]

Dann hörst du einfach heimlich verkauft für das Jahresende. Im Podcast haben wir uns übrigens was besonderes ausgedacht. Wir wollen eine Sonder Folge aufnehmen und ihr könnt mit euren Ideen dabei sein. Was ist euer Wunsch für die Welt 2021? Was bist du? Dringend anders werden im kommenden Jahr. Schreib es uns an.. Mal angenommen tagesschau.de Wir freuen uns so und wir sind raus für heute. Nächste Woche gibt's eine neue Folge von mal angenommen den Zukunfts Podcast der Tagesschau. Was gut tws.