Wahlrecht ab Geburt? Was dann?
Der tagesschau Zukunfts-Podcast: mal angenommen- 1,398 views
- 8 Oct 2020
Mal angenommen, es gibt ein Wahlrecht ab Geburt. Würde die Politik dann mehr auf Kinder und Jugendliche hören? Welche Parteien würden profitieren? Ein Gedankenexperiment.
Mal angenommen, es gibt ein Wahlrecht ab Geburt würden Politiker dann mehr auf Kinder hören und deren Babys dann zur Wahl.
Ich bin Christin Becker und ich bin Markus Sandale.
Schön, dass ihr wieder zuhört. Wir sind hier im ARD-Hauptstadtstudio und wir machen wie jede Woche in diesem Podcast ein Gedankenexperiment heute. Was, wenn das Wahlalter bei Null läge?
Wenn das so wäre, dann könnte sich die Tagesschau in der Zukunft vielleicht so anhören.
Der Bundestag hat Förderprogramme für Bildung und Klimaschutz in Rekordhöhe beschlossen. Diese sollen ermöglichen, dass alle Bundesländer ihre Schulen innerhalb eines Jahres komplett renovieren und mit neuester Technik ausstatten. Außerdem will der Bund pro Jahr 100 Milliarden Euro zusätzlich in erneuerbare Energien investieren und das Kindergeld verdreifachen. Experten sehen darin einen Politikwechsel, der sich stärker an Kindern und Jugendlichen orientiert. Zum ersten Mal durften diese im vergangenen Jahr den Bundestag mitwählen.
Albrecht angebohrt Unser Gedankenspiel heute klingt vielleicht erst einmal besonders skurril, weil irgendwie fällt mir da immer so ein kleines Kind ein, das mit einem bunten Wachsmann Stift in der Hand auf einem Stimmzettel rum malt.
Das ist also schon ein bisschen eine komische Vorstellung. Also naja, beim Thema Wahlalter, da denkt man ja auch eher an die Debatte, ob man nun ab 16 wählen dürfen sollte. Aber Wahlalter Null. Das ist für uns beide ja so ein bisschen Neuland gewesen.
Ja wobei, wenn man sich das genauer anguckt, dann wunder ich mich ja fast, dass man nicht öfter davon hört. Denn bei der Bundestagswahl z.B., da sind um die 11 Millionen Menschen einfach ausgeschlossen.
Nämlich alle Menschen unter 18, also gerade die, die wahrscheinlich am längsten damit leben müssen, was jetzt die Politikerinnen und Politiker heute so entscheiden. Und gleichzeitig haben ältere Menschen besonders großen Einfluss. Mehr als 20 Millionen der Wahlberechtigten sind aktuell über 60 Jahre alt. Das ist ein Drittel der Leute, die wählen dürfen.
Und immer mehr Menschen werden ja immer älter als früher. Heißt also, das Ganze wird sich sogar noch verschärfen, diese Situation. Viele alte Leute bestimmen mit und nur relativ wenige Junge.
Ist das denn fair und sinnvoll? Wir haben mal bei uns im Freundes und Familienkreis rumgefragt, was da die Kinder denn so übers Wählen denken z.B. Laura, Sophie, Lea und Jonas.
Ich finde es cool, aber ich könnte mir auch vorstellen, dass ich nicht so richtig weiß, was ich wählen soll, weil ich damit nicht so intensiv auseinandersetzen konnte, weil ich einfach noch nicht so lange lebe. Also ich glaube nicht, dass ich wüsste, was ich wählen sollte, aber ich glaube, dass mir da auch helfen würde. Wenn ich schon wählen dürfte, dann fände ich das schon toll. Aber ich glaube, das ist ja auch ein bisschen ne, noch zu viel sag ich eigentlich noch sehr jung.
Bin ja groß, logisch und klingt ja auch ganz normal für 10 11 jährige. Zeigt aber auch Kinder und nicht nur die, sondern auch wir Erwachsene. Wir nehmen das einfach als gegeben hin, dass Kinder nicht wählen dürfen, weil wir kennen es ja auch nicht anders.
Ja und es ist ja auch einfach die Frage Was wäre denn das richtige Alter? Ich meine, für vieles, was wichtig ist, gelten ja nun mal unterschiedliche Altersgrenzen. Lass uns das mal durchgehen.
Fangen wir mal bei den Steuern an. Die muss man zahlen, sobald man irgendetwas hat, was zu besteuern ist.
Ja, genau. Das geht quasi gleich nach Geburt los. Super. Wir hören z.B. sehr viel Geld erbt oder ein Haus oder irgendwas geschenkt bekommt, was sehr viel wert ist. Und wenn man sich mit 5 oder 6 von seinem Taschengeld ein Eis kauft, dann zahlt man ja auch Steuer Mehrwertsteuer nämlich ok.
Ja und dann springen wir jetzt mal ein bisschen ab 14 Da darf man in der Regel mit der Ausbildung anfangen und man ist dann auch schon bedingt strafmündig.
Wer 16 ist, der darf Bier trinken und er darf auch schon ein Testament machen. Und mit 16 darf man auch schon wählen. Aber nur in bestimmten Bundesländern und nur bei Kommunal und Landtagswahlen, nicht bei der Bundestagswahl.
Und das geht auch noch nicht mit 17, obwohl man da zum Beispiel schon bei der Bundeswehr sein kann und dann erst ab 18, da darf man dann auch den Bundestag mitwählen, was aber ja heißt, wenn man Pech hat und man ist gerade eben noch nicht 18, wenn so eine Bundestagswahl stattfindet, dann darf man erst das nächste Mal, also so in vier Jahren normalerweise mitwählen und dann ist man ja fast schon 22!
Ja, alles ziemlich spät und alles viel zu spät, sagen einige. Auch Jugendorganisationen und manche Parteien, die zumindest mal das Wahlalter von 18 auf 16 bei der Bundestagswahl senken wollen. Und manche wollen noch mehr. Die wollen nämlich, dass Kinder und Jugendliche wählen dürfen. Also sobald sie das können und wollen.
Und einer von denen, die das wollen, ist Benedikt Eder. Der wohnt in München, ist jetzt 17, aber schon seit einigen Jahren politisch aktiv, und zwar bei der Umweltorganisation Plant for the Planet. Und diese Organisation? Die engagiert sich nicht nur für den Klimaschutz, sondern auch dafür, dass Kinder und Jugendliche wählen dürfen, dass das nämlich bislang nicht möglich ist. Das ärgert Benedikt ja.
Ich finde es einfach ziemlich ungerecht, weil die Politik prinzipiell heute eigentlich kaum abhängig ist von der Meinung der Jugendlichen und dementsprechend auch die Meinung der Jugendlichen nicht vertreten ist. Und es ist ja klar, dass ein Politiker, der gerne wiedergewählt werden möchte, weil er natürlich Politiker ist und auch in Zukunft noch mitbestimmen möchte und Politiker sein möchte. Ist ja klar, dass der dann in erster Linie auf die Meinung der Erwachsenen hört, wenn die in erster Linie wählen und eben halt weniger auf die Meinung der Jugendlichen.
Ab wann hättest du es dir denn zugetraut zu wählen?
Ja, also ich hätte es mir prinzipiell zugetraut zu wählen. Wahrscheinlich so mit 12 13. Das war auch das erste Mal, wo ich mich überhaupt mit dem Thema beschäftigt habe.
Und was war da so ausschlaggebend? Ja, in erster Linie einfach diese Erkenntnis. Wenn heute die Politik nichts macht, dann muss ich das ausbaden. Und die Politik macht halt. Auch nichts, wenn die Kinder nicht wählen dürfen und meine Meinung ist dann natürlich auch in der Politik nur begrenzt vertreten.
Lass uns mal irgendwie die Zukunft uns vorstellen. Was könnte sich denn konkret verändern? Vielleicht, weil sie nicht im Unterricht wäre der dann anders? Wenn Kinder und Jugendliche früher wählen durften.
Ja, ich glaube, das würde zur Folge haben, dass prinzipiell im Unterricht deutlich mehr Alltags Bezug vorhanden sein müsste. Also wir haben zwar Wirtschaft und Recht Unterricht im Gymnasium, allerdings erst ab der zehnten Klasse und dann nur für drei Jahre hier in Bayern. Und ich glaube, dass wenn Jugendliche oder auch Kinder schon deutlich früher wählen können, das einfach erzwungen wäre, dass auch im Unterricht in verschiedensten Fächern, das ja in irgendeiner Form die Politik der Zeit eben Teil des Lehrplans sein müsste.
Und ich glaube auch tatsächlich, dass es einfach vor allem auch in der Kommunalpolitik und bei großen Problemen, die vor allem langfristig für die Menschheit ein Problem sein würden, wie die Klimakrise, dass vor allem da dann deutlich mehr gemacht werden würde.
Nächstes Jahr wirst du 18, weißt du denn jetzt schon, wo du dein Kreuz wahrscheinlich machen wirst?
Ja, ich weiß, wahrscheinlich. Zumindest hab ich eine Idee, wo ich mein Kreuz setzen werde. Aber da haben mir meine Eltern beigebracht, dass man da in der Öffentlichkeit nicht drüber redet. Man muss es zumindest nicht.
Interessant fände ich es ja schon. Ich fand es auf jeden Fall nachvollziehbar, dass er klar sagt, auch in der Schule müsste sich etwas ändern. Denn wenn alle wählen dürfen, also alle Kinder und Jugendlichen, aber überhaupt keine Ahnung haben wie und warum und wen. Dann kann es natürlich auch nicht so richtig klappen.
Ja, also im Prinzip müsste man schon ziemlich früh lernen, wie es funktioniert. Dann sähe das ja vielleicht auch anders aus. Ja, genau.
Es gibt ja immerhin schon diese U18 Wahlen und die Junior Wahlen. Da können dann Kinder und Jugendliche quasi üben wie es geht. Das sind so Wahlen, die finden parallel zu den regulären Wahlen statt, z.B. in Schulen oder extra Wahllokalen. Aber die gibt's nicht überall. Und sowas müsste man natürlich dann flächendeckend haben.
Nein, das wäre auf jeden Fall mal ein Ansatz. Aber Benedikt, der wünscht sich ja auch, dass sich Kinder und Jugendliche eben irgendwann selber entscheiden können, dass sie sich ins Wahlregister eintragen lassen und dass sie dann auch in echt wählen dürfen. Das wäre ja eine Variante, wie man das Wahlrecht ab Geburt umsetzen könnte.
Heißt aber auch, Babys und Kleinkinder wären da nicht dabei.
Nee, aber vielleicht 12 oder 13 jährige. Eine andere Idee ist, dass Eltern eine Zusatz Stimme beim Wählen bekommen.
Also jeder Elternteil eine halbe Stimme, was aber auch heikel ist und deshalb auch ziemlich umstritten, ob das rechtlich überhaupt geht. Denn bestimmte Personen, also konkret Mutter oder Vater, hätten im Wahllokal ja dann mehr als eine Stimme. Und da sagen Experten. Das widerspricht nicht nur dem Grundsatz, dass man höchstpersönlich wählen muss. So heißt das offiziell, sondern auch dem Grundsatz der Wahl Gleichheit. Denn der heißt eine Stimme pro Person.
Und deshalb gibt's noch eine dritte Variante, nämlich sehr vereinfacht gesagt, dass Eltern quasi zusammen mit ihren Kindern wählen, solange die das noch nicht selber können. Wenn es dann aber so weit ist, dann sollen die Kinder auch alleine machen.
Der Haken Auch da gibt's Juristen, die sind skeptisch, ob das so in Ordnung wäre. Klar ist In jedem Fall müsste man das Grundgesetz ändern.
Aber das wäre ja jetzt echt nicht das erste Mal. In Stein gemeißelt ist das Wahlalter ja nicht. 1970 hat der Bundestag von damals 21 auf 18 gesenkt.
Das Wahlalter senken naja, wir wollen das ja jetzt in unserem Szenario heute nicht nur um ein paar Jahre nach unten drücken, sondern wir wollen es auf Null setzen. Wahlrecht ab Geburt. Markus, Du hast mit einer Politikerin gesprochen, die ist ja schon lange dafür, auch wenn sie selbst sozusagen sehr weit entfernt ist von dieser Null.
Ja, ziemlich. Die ist nämlich schon 76 Jahre alt, war mal Bundesfamilienministerin von 2002 bis 2005 Renate Schmidt aus der SPD. Sie hat sich eigentlich aus der Politik zurückgezogen. Aber dieses Thema Wahlrecht ab Geburt. Das liegt ja immer noch sehr am Herzen. Sie engagiert sich schon lange dafür und ich habe mit Renate Schmidt telefoniert und sie gefragt, ob sie sich eine Entscheidung in ihrer Karriere erinnert, wo sie jetzt heute sagt Mensch, wenn Kinder wählen dürften, dann hätte die Politik das damals bestimmt anders gemacht.
Ich glaube, dass manche Sachen schneller gegangen wären. Ich erinnere mich damals, wie es darum ging, dass man Ganztagsschulen braucht und dass diese Ganztagsschulen auch in einer gewissen Weise ausgestattet werden müssen, wie ewig lang das gedauert hat und andere Dinge wären überhaupt auf die Tagesordnung gekommen. Also ich glaube zum Beispiel, wenn man das auf den heutigen Kontext überspielt, ist das heute ein 97 jähriger dementer Mensch, dessen sämtliche Angelegenheit von einem Betreuer oder einer Betreuerin erledigt werden. Der hat ein Wahlrecht, darf also zum Beispiel über die Folgen des Klimawandels und was man dagegen tun müsste, mitentscheiden.
Und ein 14-Jähriger, der sich engagiert bei Freiheit ist auf YouTube, der darf nicht mitentscheiden. Ich halte das für grob ungerecht, weil in einer Demokratie sind diejenigen Mächtige, die eine Stimme haben und Kinder und Jugendliche haben, keine Stimme.
Ich habe mit verschiedenen Kindern gesprochen, die dann für mich auch überraschend selber gesagt haben Ich glaube, ich kenne mich gar nicht gut genug aus, dass ich wählen könnte. Was sagt Ihnen das, wenn Sie so was von Kindern hören?
Ich gehe nicht davon aus, dass 5 oder 6 jährige bereits wählen gehen, sondern ich würde sagen, wenn man nicht so das Alter der Religionsmündigkeit nimmt. Zwölf Jahre oder 14 Jahre wäre in meinen Augen ein Alter, wo dann Kinder und Jugendliche das Wahlrecht an sich ziehen könnten und sagen könnten Ab jetzt wähle ich selber und nicht mehr meine Eltern für mich. Aber vorher würden die Eltern wahrscheinlich Briefwahl beantragen und dann würde im Familienkreis darüber geredet, was man denn wählen soll.
Und die Kinder hätten da eine Mitsprache und könnten mitreden und wählt man gemeinsam den Wahlzettel aus. Also ich finde, das würde eine sehr viel höheres Interesse an Politik bedeuten und würde unsere Politik insgesamt lebendiger machen.
Es gibt Kritiker, Kritikerinnen, die sagen gerade dieses stellvertretende Aeltern Wahlrecht. Das wäre ja quasi dann ihre ideale Lösung. Das würde eben neue Ungerechtigkeiten bringen, weil eine Zeit lang Eltern vielleicht anders entscheiden, als es für die Kinder gut wäre. Oder dass Kinder vielleicht zu einem bestimmten Zeitpunkt noch nicht gut genug informiert sind. Was halten Sie denn entgegen?
Also erstens einmal ist es so, dass natürlich es keine Gewähr dafür gibt, dass Eltern immer genau im Interesse ihrer Kinder entscheiden oder so entscheiden, wie die Kinder es täten, wenn sie selber schon zur Wahlurne gehen würden. Davor ist niemand gefeit. Aber das ist auch heute so. Da sehe ich keinen Unterschied darin. Und ich weiß auch nicht, wieso das ungerecht sein sollte. Dass Eltern für ihre Kinder stellvertretend handeln. Das tun sie in vielen anderen Dingen auch, die vielleicht für die Kinder noch wichtiger sind.
Haben wir eine Gewähr dafür, dass die Eltern in allen Fällen die richtige Schule zum Beispiel für ihre Kinder aussuchen oder sich für die richtige Ausbildung für ihre Kinder entscheiden? Solange die nicht volljährig sind und wir tun die ganze Zeit so, als ob alle Volljährigen vollkommen durchblicken und das gesamte Parteiensystem kennen und wissen, was die Erststimme und die Zweitstimme ist. Und als ob nur informierte Bürger und Bürgerinnen zur Wahlurne treten würden. Schön wär's. Es ist nicht so. Und viele Kinder und Jugendliche, das weiß ich aus vielen Besuchen in Schulklassen, sind also häufig mindestens so gut informiert wie Erwachsene.
Aber da hat hat sie einige Punkte. Ich meine, die Frage ist Welche Kenntnisse, welche Fähigkeiten braucht man denn eigentlich, um zu wählen? Wenn wir nochmal zurückschauen Bis 2019 waren ja viele Menschen mit geistiger oder psychischer Behinderung vom Wahlrecht ausgeschlossen, z.B. Menschen mit Down-Syndrom. Wenn sie in allen Angelegenheiten voll betreut wurden, so heißt das offiziell. Das galt auch für schwer Demenzkranke. Die waren entsprechend auch ausgeschlossen vom Wählen und das Bundesverfassungsgericht hat das dann aufgehoben. Ob man wählen darf, hängt jetzt im Prinzip nur noch vom Alter ab.
Und ums Alter, darum geht's uns ja heute hier. Und was ich spannend finde dabei gerade auch ältere Menschen mit viel Lebenserfahrung. Die setzen sich besonders dafür ein. Dass junge Menschen Kinder mehr mitentscheiden dürfen. Renate Schmidt von der SPD. Die haben ja gerade schon gehört, aber auch Hermann Otto Solms gehört dazu und der ist fast 80 und Alterspräsident im Bundestag. Und er ist Mitglied der FDP.
Wenn es um die Parteien geht, die großen Parteien im Bundestag, die sehen das sehr unterschiedlich das Wahlrecht ab Geburt. Also diese extreme Variante, die wir hier heute durchspielen. Die ist im Moment eigentlich gar kein großes Thema. Aber selbst wenn es darum geht, das Wahlalter für die Bundestagswahl von 18 auf 16 zu senken, da sind CDU und CSU weiter klar dagegen. Genauso auch die AfD. SPD, Grüne und Linke. Die sind schon länger dafür, dass man ab 16 wählen darf.
Und die FDP? Das ist interessant. Die hat auf Druck ihrer Jugendorganisation, also der Julis, gerade beschlossen, sich jetzt für das Wahlalter 16 stark zu machen.
Und genau das hat ja einen besonders erbost, nämlich Peter Altmaier. Das ist der Bundeswirtschaftsminister und der kommt von der CDU. Und auf Twitter schrieb er dann, als das bekannt wurde, dieser Beschluss von der FDP Ihr seid einfach die besten Wahlhelfer für die Grünen. Mit drei Ausrufezeichen Bam!
Er hat halt Angst, dass vor allem Parteien wie die Grünen von jüngeren Wählern profitieren könnten.
Definitiv. Das haben wir uns auch später in diesem Podcast nochmal genauer anschauen. Aber jetzt lass uns erst mal nochmal bei den Jugendlichen an sich bleiben. Du hast ja auch nochmal mit einem gesprochen. Ja.
Ich habe mit Leonhard Gessner gesprochen, der kommt aus Bremen, ist 16, aber echt schon Politikexperte, kann man sagen. Auf YouTube interviewt er z.B. Spitzenpolitiker und Politikerinnen, also Minister. Fraktionschefs hat er schon vor Mikro gehabt.
Und Leonhard Geßner sagt Natürlich würde ich gerne mitbestimmen und freue mich auch schon, wenn ich das erste Mal mitwählen darf.
Okay, aber wenn wir jetzt mal rechnen er ist jetzt 16, also bei der Bundestagswahl nächstes Jahr davon noch nicht mitmachen.
Genau. Und interessant ist Leonard findet das total okay, denn er will gar nicht, dass schon unter 18-Jährige bei der Bundestagswahl wählen. Leonard sagt nämlich Naja, in der Bundespolitik und Außenpolitik, da sind die Probleme noch sehr weit weg. Wenn man 16 ist, anders aber bei Landtagswahlen, bei Kommunalwahlen, da fängt erst dann völlig okay, auch schon mit 16 abzustimmen.
Also ich glaube Regionalwahlen. Das sagt der Name schon. Da geht es dann eben auch darum Machen wir diese Straße, bauen wir diesen Sportplatz. Vielleicht unterstützen wir diesen Verein. Wie bauen wir unsere Innenstadt um?
Und was ist nochmal was, was viel greifbarer für viele ist, die vielleicht nicht so viel mit Politik beschäftigen, aber gerne shoppen gehen in der Innenstadt. Und ich finde es greifbarer zu sagen Ja, wir wollen den Sportplatz in unserem Stadtteil als zu sagen Ich bin für mehr Wirtschaftssanktionen gegen Russland oder ähnliches. Und da sehe ich einen Riesenunterschied.
Ja, das klingt erst einmal plausibel, aber irgendwie. Bei den Erwachsenen prüft ja auch keiner nach, wie viel Ahnung die jetzt außenpolitisch haben. Und trotzdem dürfen wir alle wählen. Ja, genau.
Und deshalb habe ich Léonard auch darauf angesprochen, dass es ja bestimmt viele junge Menschen gibt, die sich mehr informieren als ältere.
Da gibt's sicher ganz viele, die das machen und auch viele erwachsene Menschen, die sich nicht informieren, wenig informieren. Ich bin auch der festen Überzeugung, dass es bestimmt viele in meiner Generation gibt, die sich um einiges mehr als Erwachsene informieren. Die Frage ist halt nur wie viele sind das wirklich? Und ich glaube eben nicht, dass das die Mehrheit ist.
Und da hat Leonhardt Recht. Das zeigen wissenschaftliche Untersuchungen. Die Mehrheit ist es bei weitem nicht. Das kann man z.B. in der Shell-Jugendstudie aus dem vergangenen Jahr nachgucken. Da sagt von den 12 bis 14 Jährigen nur knapp ein Fünftel Ich interessiere mich für Politik. Und bei den etwas Älteren, bei den 15 bis 17 Jährigen sind es dann aber schon doppelt so viele. Also man kann sagen, ab einem Alter von 15 Jahren so scheint es doch immerhin einen Sprung zu geben.
Ab 15 Jahren. Da geht das Interesse an Politik deutlich rauf.
So, das waren jetzt ganz schön viele Zahlen und Altersstufen. Deshalb zurück nochmal zum aktuellen Wahlalter 18 Jahre. Zumindest gilt das ja für die Bundestagswahl.
Das ist die große 18, die Volljährigkeit. Aber im Prinzip ist das Wahlalter ja irgendwie ziemlich willkürlich. Das könnte auch bei vier und zehn komma sieben oder. Ich weiß nicht sechs und zehn komma neun liegen. Das hat mir zumindest Thorsten Faas gesagt. Der ist Wahlforscher an der Freien Universität Berlin. Und er ist auch Podcaster und macht hier im ARD-Hauptstadtstudio zusammen mit unserem Phoenix Kollegen. Er hat schärfer den Politik Podcast unter drei, was natürlich auch ein hört hip ist.
Absolut. Jedenfalls hat Thorsten Faas zusammen mit einem Kollegen neulich eine Studie veröffentlicht. Zu den Landtagswahlen in Sachsen und in Brandenburg letztes Jahr in Brandenburg durften 16 und 17-Jährige schon wählen, in Sachsen aber nicht. Das hat einen Unterschied gemacht. Genau. Thorsten Faas sagt Die 16 und 17 jährigen in Brandenburg waren deutlich Politik bewusster und Politik interessierter als die Gleichaltrigen in Sachsen.
Wir haben ja oft das Argument, junge Menschen sollen nicht wählen, weil sie noch nicht reif genug sind, weil sie sich nicht genug interessieren, weil sie nicht genug wissen. Aber das kann man natürlich auch umdrehen und sagen Warum sollten sie sich denn für bestimmte Dinge interessieren, wenn sie eh nicht wählen dürfen? Was wir sehen ist, dass beispielsweise das politische Interesse sich in der Altersspanne, die wir betrachtet haben, also bei den jungen Menschen, die wir befragt haben, zwischen 15 und Mitte 20 erstaunlich stabil ist.
Also wir finden da eigentlich schon vor dem Wahlalter 16, wir haben mit 15 angefangen unserer Befragung ein durchaus hohes Interesse.
Jetzt wollen wir ja in unserem Szenario noch ein bisschen weitergehen. Also nicht Wahlrecht ab 16 zum Beispiel, sondern Wahlrecht ab Geburt. Also wenn Kinder selber wählen dürften, wann sie wählen wollen. Was wären möglicherweise auch Effekte, die man gar nicht so auf dem Schirm hat?
Das politische Interesse Kenntnisse sind in allen Schichten der Gesellschaft nicht gleich verteilt. Wir haben einfach Gruppen der Gesellschaft, die sind Ressourcen stärker. Da ist mehr politisches Wissen vorhanden. Und diese Unterschiede würden sich natürlich auch auf die Gruppe der jungen Menschen übertragen und entsprechend würde man erwarten, dass dann auch solche Anträge von jungen Menschen. Ich möchte jetzt wählen, weil ich mich reif dazu fühle, dass die nicht aus allen Schichten der Gesellschaft in gleichem Maße kämen. Das würde Ungleichheiten verstärken, die es sowieso schon gibt.
Und das wäre unter dem wichtigen Grundsatz demokratischer Gleichheit schon ein Problem.
Würde denn der Deutsche Bundestag ganz anders aussehen, wenn Kinder und Jugendliche wählen dürften? Welche Parteien würden dann vielleicht besonders profitieren, wenn sie sich angucken Wen wählen denn junge Menschen?
Dann sind sicherlich die Grünen in der jüngeren Vergangenheit die Partei, die von den jungen Menschen am meisten gewählt wird. Ich werde da mal ein bisschen vorsichtig, das so ganz automatisch gleichzusetzen. Denn das hat sich im Zeitverlauf durchaus auch gewandelt, wo Erstwähler und Erstwähler ihr Kreuzchen setzen. Und wir sehen auch immer wieder Wahlen, wo die Wählerinnen und Erstwähler durchaus andere Wahl Verhaltensmuster zeigen. Was uns insgesamt daran erinnert, dass das Verhalten die Entscheidungen junger Menschen weniger stark festgelegt sind als vielleicht bei älteren Menschen.
Das kann man kritisch sehen und sagen Die sind sehr, sehr stark beeinflussbar, manipulierbar. Aber man kann das natürlich auch positiv sehen, in dem Sinne, dass man sagt Naja, ist doch eigentlich demokratietheoretisch wünschenswert, dass wir hier Gruppen haben, die auf aktuelle Impulse reagieren.
Heißt also, wenn mehr jüngere Menschen wählen dürften, könnte es in der Politik auch mehr Bewegung geben. Also immer abhängig davon natürlich, wie viele jüngere Menschen dann am Ende auch wirklich wählen gehen.
Ja, jetzt haben wir ja viel über das Wahlrecht ab Geburt gehört, diskutiert, besprochen, was dafür, was dagegen spricht. Lass uns nochmal zusammenfassen, was es alles bedeuten könnte. Es könnte ja zum Beispiel darauf hinauslaufen In einem Fall dürfen Kinder und Jugendliche wählen.
Aber viele nutzen dieses Recht gar nicht, weil sie kein Umfeld haben, das sie dabei unterstützt und frühzeitig an die Politik herangeführt. Viele fühlen sich überfordert und wählen, wenn überhaupt so wie ihre Eltern das wollen. Dementsprechend wenig Effekt hat das auf Entscheidungen in der Regierung und im Bundestag, weil die Abgeordneten immer noch vor allem von älteren Menschen gewählt werden.
Es könnte aber auch anders kommen. Nämlich so Kinder und Jugendliche dürfen wählen und tun das auch. In den Familien wird viel über Politik diskutiert und auch im Unterricht ist das schon ab der Grundschule Thema. Kinder fühlen sich deshalb schon mit zehn oder zwölf Jahren fit. Selbst wählen zu gehen, ob Bildung oder Klimaschutz Zukunftsthemen rücken bei. Entscheidungen in den Mittelpunkt Weil Politiker und Politikerinnen Kinder ernster nehmen müssen, wird Politik insgesamt verständlicher und davon profitieren dann alle.
Also Babys würden wahrscheinlich in keinem Fall selber wählen. Aber ansonsten mal schauen. Einige von euch hatten uns ja dieses Thema vorgeschlagen. Daher auch nochmal die Frage an euch Was sagt ihr denn eigentlich? Ab wann sollte man wählen dürfen?
Schreibt uns gern wie immer. Auch wenn ihr Kritik oder Lob habt an. Mal angenommen etc.. Tagesschau.de das war's für diese woche mit dem tagesschau zukunfts Podcast. Danke euch fürs Zuhören und bis zum nächsten Mal. Bis dann. Ciao.