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Hallo und herzlich willkommen zur Handelsblatt Today. Wir sprechen in rund 20 Minuten über aktuelle Nachrichten und deren Bedeutung für die Finanzwelt. Heute ist Donnerstag, der 27. August, und ich bin Mari Abdel Asis Pizzo.

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Jedes sechste Unternehmen läuft Gefahr, ein sogenannter Zombie zu werden, also eine Firma, dessen Gewinn nicht mal mehr ausreicht, um laufende Zinskosten zu decken. Genau damit rechnet die Wirtschaftsauskunftei Creditreform. Wenn das stimmt, hätten wir in Deutschland doppelt so viele Zombie unternehmen wie im letzten Jahr. Viele Fachexperten sind sich dabei sicher. Ein Treiber dieser möglichen Pleitewelle ist die seit März pausierte Antragsflut für Insolvenzen. Eine Maßnahme, die jetzt sogar noch bis Ende des Jahres verlängert wird. Das hat die große Koalition an diesem Dienstag beschlossen und möchte einer Pleitewelle damit eigentlich entgegenwirken.

[00:01:01]

Laut dem Fachanwalt Reinhold Schmitt Sperber verschiebt sich das Problem dadurch aber nur noch hin.

[00:01:07]

Zusätzliche Zeit führt dazu, dass der Schuldenberg in den Unternehmen noch vehement zunehmen. Und das ist aus meiner Sicht auch ein wesentlicher Punkt. Eine weitere Ballung der Insolvenzverfahren, die dann kommt Die Bugwelle, die man vor sich herschieben, wird immer größer werden.

[00:01:25]

Wir haben jetzt in Summe also noch mehr Unternehmen pleite gehen. Oder geht die Politik dem richtigen Impuls nach? Welche Branchen sind besonders gefährdet? Und wie wird sich die deutsche Unternehmer Landschaft mit Ablauf dieser Maßnahme verändern? Diese Fragen klären wir heute im Interview mit unserem Unternehmens Redakteur Ulf Stamer. Und später schalten wir noch rüber nach Washington und sprechen mit unserer US Korrespondentin Annette May. Denn heute neigt sich eine weitere entscheidende Phase im US-Wahlkampf dem Ende zu. Die Rede ist von der Partei der Republikaner und einem höchst motivierten Präsidenten Trump, der so einige Chancen nutzt, um kurzfristig noch möglichst viele Wähler für sich zu gewinnen.

[00:02:09]

Und die immer klären wir erst einmal kurz, was heute die Märkte bewegt.

[00:02:13]

Dafür schalten wir in die Frankfurter Redaktion zu. Andrea können eine unserer Finanz Redakteurinnen vor Ort. Andrea Der Dax Neuling Delivery Hero hat heute die übernahme des Dienstes Intershop aus Dubai für 360 Millionen Dollar angekündigt. Das war die gute Nachricht. Aber gleichzeitig meldet der Lieferdienst für das erste Halbjahr einen operativen Verlust von 455 Millionen Euro. Wie hat sich das auf die Aktie ausgewirkt?

[00:02:40]

Gar nicht gut. Bis zu dreieinhalb Prozent verloren und war damit der größte Verlierer im Leitindex Dax. Der Kaufpreis für Intershop erschien Anlegern wohl zu hoch, obwohl er strategisch durchaus sinnvoll. Delivery Hero will ja weiter wachsen, und das vor allem durch Zukäufe. Aber Delivery Hero hat eben noch nie schwarze Zahlen geschrieben. Und genau hier wollen Investoren lieber heute als morgen sehen.

[00:03:06]

Dabei war der CEO von Delivery Hero, Niklas özbek, vor wenigen Tagen noch ziemlich guter Dinge. Wir hatten ihn ja erst vor kurzem hier im Interview bei Today, und da war er sich ziemlich sicher, die Zweifel der Anleger aus dem Weg zu räumen. Und das, obwohl der Lieferdienst als Dux Kandidat von Anfang an umstritten war. Rächt sich das jetzt? In gewisser Weise schon.

[00:03:28]

Macht ja in Deutschland kein Geschäft, wohl aber in 5 anderen Ländern. Als Konzern im deutschen Elite Index. Da steht jetzt auch hierzulande in den Fokus der breiten öffentlichkeit und der internationalen Investoren. Das war vorher nicht so, und jetzt werden somit auch seine Probleme stärker zum Thema. Für mich Gewerkschaften weltweit, die zu niedrige Löhne.

[00:03:53]

Die Probleme werden mehr. Was heißt das in der Folge? Andrea Droht Delivery Hero bald wieder der Abstieg?

[00:03:58]

Das steht nicht zu befürchten. Gemessen an den Kriterien Marktkapitalisierung der frei gehandelten Aktien, Börsen, Umsatz hatte einen ganz komfortablen Platz im Dax. Aber es könnte sich trotzdem bald schon wieder etwas ändern, weil am nächsten Donnerstag. Da überprüft die Deutsche Börse regulär die Zusammensetzung ihrer Indizes. Dabei muss der Kunststoff Hersteller ganz schön zittern. Der Index dann würde Covestro seinen Platz behalten. Aber es wird eng. Wenn die Aktie in den nächsten Tagen überdurchschnittlich verliert, muss Covestro wohl für das Biotechnologieunternehmen Andrea.

[00:04:38]

Besten Dank für die Infos und liebe Grüße nach Frankfurt!

[00:04:48]

Jetzt folgt ein kurzer Beitrag unseres Sponsors. Wir sind gleich wieder da. Mein Name ist Carsten Karl. Ich bin Leiter Wolf Management und Private Banking bei der Hypo-Vereinsbank. Schutz vor Ummeldung, Klimaschäden, Förderung von sozialer Teilhabe, gute Unternehmensführung. Immer mehr Anleger fragen sich Lassen sich damit noch attraktive Renditechancen erzielen? Ja. Mit nachhaltigen Geldanlagen ist das ganz klar möglich. Die Hypo-Vereinsbank betreibt ihre Geschäfte schon lange nach klaren ethischen, sozialen und ökologischen Regeln.

[00:05:15]

Mehr zu nachhaltigen Geldanlagen und unserem Angebot erfahren Sie auf unserer Homepage gleich hier in Schnauz Carsten Koch, Jörn Weizmann, Erich Schweitzer.

[00:05:28]

Eine ganze Reihe von Personen, die sich sehr gut im Bereich Insolvenzrecht auskennen. Und sie alle haben davor gewarnt, die Antragsflut für Firmenpleiten noch weiter auszusetzen. Viele Unternehmen seien jetzt schon hoch verschuldet und nicht Rands Habe. Die Zahl der Zombies könnte sich durch eine Verlängerung der Maßnahmen weiter erhöhen, so die Experten. Genau darüber sprechen wir jetzt mit unserem Unternehmens Redakteur Ulf Sommer, der mir hier im Studio gegenübersitzt. Verschiebt sich Tag X also jetzt einfach weiter nach hinten?

[00:05:58]

Ja. Die Gefahr besteht durchaus zu Recht. Da hast du recht. Das ist nur sehr schwer aufzulösen. Der Konflikt in Corona und das Herunterfahren der Wirtschaft hat viele Unternehmen innerhalb kurzer Zeit in eine ganz schwere Krise geführt, ja sogar in ihrer Existenz bedroht. Das ist auch heute noch so. Deshalb war und ist es zweifellos richtig, diese Beitragspflicht zur Insolvenz auszusitzen. Andererseits untergräbt das Aussetzen der Insolvenz schlicht das Vertrauen, nämlich das Vertrauen zwischen Unternehmen und seinen Hausbanken. Und was noch viel gefährlicher ist das Vertrauen der Unternehmen untereinander, die ja auch untereinander Kunden sind.

[00:06:33]

Das Aussetzen dieser Antragsflut zur Insolvenz birgt die große Gefahr, dass Unternehmen, Lieferanten und Kunden sich gegenseitig misstrauen und an der Finanzkraft des jeweils anderen zweifeln. Und allein deshalb Geschäfte ablehnen, die eigentlich sonst getätigt würden, wenn es so weit käme. Ist das eine ganz gefährliche Entwicklung?

[00:06:53]

Jetzt ist ja auch oft von dem Wort Wirtschaft die Rede. Heißt also der Wirtschaftskreislauf. Der bleibt sauber, indem überschuldete Unternehmen den Markt verlassen, um Gesunde nicht anzustecken. Was heißt das jetzt übersetzt? Je länger wir warten, desto mehr Firmen gehen pleite.

[00:07:09]

Das kommt darauf an.. Erst einmal erleben wir zweifellos jetzt weniger Pleiten. So wie in den vergangenen Monaten nämlich seitdem diese Antragsfrist zur Insolvenz ausgesetzt wurde, sinkt die ohnehin schon vorher auf einem Jahrestief befindliche Anzahl an Pleiten immer weiter, zuletzt prozentual sogar zweistellig. Was jetzt in den Coruña Zeiten erst mal absurd anmutet. Doch das sind keine echten Zahlen, weil ja die Antragsflut nur ausgesetzt wurde. Und jetzt kommts. Erholt sich die Konjunktur jetzt rasch und steigt die Nachfrage, dann kann die Aussetzung dieser Insolvenz schlicht tatsächlich dazu beitragen, allein durch Corona ausgelöste Pleiten zu verhindern.

[00:07:45]

Das wäre natürlich zweifellos gut und ganz im Sinne der Erfinder dieser Regel im Sinne unserer Konjunktur und Gesellschaft.

[00:07:51]

Jetzt ist das Ganze ja eigentlich dafür gedacht, wie du es eben auch schon gesagt hast, um Unternehmen, die Pandemie bedingt überschuldet sind, zu schützen. Wie genau wird denn jetzt überprüft, ob Unternehmen durch Coruna überschuldet sind und eben nicht z.B. wegen ihres Geschäftsmodells?

[00:08:06]

Das ist in der Tat schwer zu beurteilen, ob Corona jetzt wirklich die finanziellen Schwierigkeiten verursacht hat oder ob Corona nur der letzte Auslöser für Zahlungsschwierigkeiten sind. Entscheidend ist bei der Beurteilung, wie die Kennzahlen der Unternehmen vor Coruna aussagen. Das sind Kennzahlen wie Cash, Bestände, Verschuldung, besonders die Verschuldung in Relation zum Eigenkapital, mal aus Sicht eines Vertragspartners gedacht.

[00:08:28]

Ich muss mich darauf verlassen können, dass mein Gegenüber zahlungsfähig ist und seine Zusagen auch hält. Wie soll ich mich denn noch darauf verlassen, wenn das Regelwerk zur Erkennung von kranken Unternehmen quasi ausgehebelt ist? Dann bleibt mir ja eigentlich nichts anderes mehr übrig, als zu vertrauen.

[00:08:43]

Ich will es mal so formulieren Solange die Antragsflut zur Anmeldung einer Insolvenz ausgesetzt ist, bleibt da in der Tat nur das, wie du es formuliert, Vertrauen. Das ist im übrigen auch das stärkste Argument der Kritiker gegen diese Regel. Deshalb darf diese Aussetzung der Insolvenz auch nicht ewig weiter verlängert werden. Wird sie immer nur weiter verlängert, dann droht etwas, was eigentlich überhaupt nicht gewollt ist. Anstelle die Wirtschaft ins Laufen zu bringen, droht diese Regel zur Aussetzung der Insolvenz schlicht das Vertrauen der Unternehmen untereinander zu beschädigen und verloren gegangenes Vertrauen, weil der eine von der finanziellen Stärke des anderen nicht mehr überzeugt ist.

[00:09:24]

Solch ein verlorenes Vertrauen ist nur ganz schwer wiederherzustellen.

[00:09:27]

Das Thema Zombie Firmen ist ein Branchen Thema. Das sagt Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz. Welche Branchen sind denn besonders betroffen?

[00:09:35]

Das sind zwei Branchen stehen da im Vordergrund zuerst die Autozulieferer. Vor allem kleine und mittelgroße Zulieferer haben gigantische Schuldenberge angehäuft und das nicht erst seit Coruna. Diese Krise war erst einmal der Strukturwandel, der läuft schon seit vielen Jahren Umstellung zur Immobilität. Dann kam die Krise 2009/10 hinzu, in der sich viel weniger Autos absetzen ließen weltweit, wo, worunter die Zulieferer besonders litten. Und jetzt, ein Jahr später, 2020, kommt Corona obendrauf. Die Schuldenkrise wird also nicht ausgelöst durch Coruna, sondern sie wird nur größer.

[00:10:09]

Die zweite Branche, die möglicherweise noch viel gefährdeter ist als die Autozulieferer, das ist der Einzelhandel.

[00:10:15]

Und passend dazu spricht der Handelsverband Deutschland von etwa 50000 mittelständischen Einzelhändlern, die im Zuge der Krise vor dem Aus stehen. 50 000?

[00:10:25]

Ja, richtig, absolut richtig. Jeder dritte Lebensmittelhändler ist von der Insolvenz bedroht. Dass diese Zahlen realistisch sind, zeigt die die täglich erlebte Realität. In jeder Großstadt, jeder Kleinstadt zu sehen, hat der Schutzschirm Verfahren beantragt und will jeden zweiten seiner über hundert Läden in Deutschland schließen. Und auch Huber ist im schutzfilm Schutzschirm verfahren. Besonders bitter ist es für Gerry Weber. Die waren schon lange vor dem Aus. Dann waren sie wieder gerettet, und jetzt sind sie wieder vor dem Aus.

[00:10:57]

Gibt es denn so etwas wie ein Muster, ein Trend, wenn es um Insolvenzen geht?

[00:11:02]

Dieses Muster gibt es. Je länger man sich damit beschäftigt, desto eher wird es sichtbar. Die Pandemie ist immer nur der letzte Auslöser. In Schwierigkeiten sind die Unternehmen schon länger. Das ist nur so ein Brandbeschleuniger. Auf den Einzelhandel bezogen würde die mir gerade gesprochen haben. Sieht das Muster in etwa so aus Erst sinken die Kunden Frequenzen, und es kommen weniger Kunden in die Läden. Den stationären Handel vor Ort. Stattdessen gibt es mehr Online-Käufer, und gleichzeitig mit diesen Online-Käufer steigt auch das Niveau des Anspruchsniveau der Kunden.

[00:11:35]

Die Kunden wollen einfach mehr haben, wollen mehr Auswahl haben. Die Folge sind wieder im stationären Handel Margendruck, Konzentrationsprozess, Filialschließungen in den Städten. Das war auch schon lange vor Coruna so, das ist keine neue Erfindung durch die Pandemie.

[00:11:51]

Lass uns mal auf die Lage der Banken schauen. Welche Auswirkungen hat denn jetzt all das für die Finanzwelt in Deutschland? Ich meine viele Unternehmen, die werden ihre Kredite nicht mehr zahlen können. Steuern wir also auf eine nächste Bankenkrise zu?

[00:12:03]

Davon ist Gott sei Dank bislang gar nichts, überhaupt nichts festzustellen. Aber wenn man sich das weiter zurecht spinnt, zurecht legt, darüber nachdenkt, kann, dass daraus schon entstehen. Nämlich Die Unternehmen brauchen Kredite, wir brauchen mehr Kredite, und schon kann es sein, dass die Banken dies verweigern oder dass Banken vor allen Dingen viele Kredite nicht mehr zurückbezahlt bekommen. Und schon entsteht die Krise.

[00:12:26]

Wenn wir jetzt mal auf andere Hilfestellungen für Unternehmen schauen, da spricht der IHK-Präsident Eric Schweitzer von sanierungsmassnahmen, mit denen man zumindest einen Teil der gefährdeten Unternehmen retten könne. Aber, sagt er, dafür müsse man die so genannte EU Restrukturierung Richtlinie schnellstmöglich umsetzen. Was in zwei Sätzen ist Kern dieser Richtlinie? Was ist das Ziel?

[00:12:49]

EU und Richtlinie, das in zwei Sätzen das ist schon mal ganz schwer, weil das ist ein sehr bürokratisches Monster Konstrukt. Es geht darum, dass kriselnde Firmen die Möglichkeit bekommen, sich außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens zu sanieren. Also ein formelles Insolvenzverfahren, wie es letztlich auch unter einem Schutzschirm der Fall ist, soll so verhindert werden. Dabei geht es im Kern um Möglichkeiten der Entschuldung innerhalb von drei Jahren. Um eine Neuausrichtung. Eine Neuerfindung im Idealfall des Unternehmens. Und um Regelungen zur Professionalisierung der Justiz und Verwaltungsbehörden.

[00:13:23]

Die Umsetzung dieser Richtlinie soll nächstes Jahr erfolgen, im Sommer im Idealfall zu Art und Umfang der Regeln läuft. Wie das immer so ist, in Fachkreisen bereits eine intensive Diskussion.

[00:13:35]

Aber welche anderen Maßnahmen können helfen, eine Pleitewelle zu verhindern?

[00:13:39]

Naja, das erste, worauf jeder sofort kommen dürfte, ist einfach eine rasche wirtschaftliche Erholung, kein komplettes Herunterfahren der Wirtschaft so wie im März. Das wäre natürlich das Beste, wenn die Wirtschaft sich einfach rasch erholt. Aufgrund bisheriger Erfahrung mit der Pandemie und dem Virus sollte es möglich sein, dass immer nur Teile heruntergefahren werden. Die Hotspots aber nie flächendeckend die gesamte Wirtschaft. Auch das wäre natürlich ganz wichtig. Als zweites gilt ganz sicher das richtige Reagieren auf Entwicklungen in der Wirtschaft, die Corona gar nicht geschaffen, sondern nur forciert hat, also beispielsweise mehr digitale Angebote der Unternehmen.

[00:14:15]

Wenn wir eines durch Corona gelernt haben das ist doch ohne Internet, ohne digitale Angebote, ohne Online-Bestellungen, läuft im 21. Jahrhundert wirklich nichts mehr. Weder in der Wirtschaft noch in der übrigen normalen Gesellschaft. Was die Digitalisierung angeht, da hat Corona, die Pandemie, uns einen ganz großen Schub nach vorne gebracht. ähnlich wie der Internet-Boom vor 20 Jahren. Der durch Corona ausgelöste Schub darf auch nach einem Sieg über dieses Virus in Form eines Impfstoffs nicht wieder rückgängig gemacht werden.

[00:14:47]

In zwei Jahren völlig vergessen, weil wir alle geimpft sind, darf diese Digitalisierung, die jetzt durch Coruna ausgelöst wurde, nicht wieder rückgängig gemacht werden?

[00:14:57]

Danke für deine Einschätzung dazu.

[00:15:02]

Wenn sich die wichtigsten Notenbanker der Welt treffen, dann ist das für Anleger immer eine spannende Sache. Und heute ist es wieder soweit Die jährliche Konferenz ist gestartet. Einziger Unterschied Diesmal findet sie nicht in Jackson Hole, sondern wegen Corona virtuell statt. Passend dazu hat sich unsere Korrespondentin Annette Moritz die Rede von US-Notenbankchef Jerome Powell angehört. Was ist die zentrale Message seiner Rede gewesen?

[00:15:29]

Die zentrale Message war, dass die USA um einen Kurswechsel nicht herumkommen. Man kann von einer regelrechten Zäsur für die Strategie der Notenbank sprechen. Unterm Strich ist die Zentralbank in Zukunft eher geneigt, eine höhere Inflation zuzulassen, bevor man die Zinssätze anhebt. Das heißt ganz einfach erklärt, dass die Priorität erstmal auf der Stärkung des Arbeitsmarktes liegt. Man will länger billiges Geld in die Wirtschaft pumpen. Das ist für mich ein Zeichen, dass die Zentralbank der Meinung ist, dass die Krise, die wir in der Pandemie erleben, noch lange nicht vorbei sein wird.

[00:16:00]

Obwohl US-Präsident Trump ja eigentlich die ganze Zeit betont, dass wir uns schon längst an einem Aufschwung befinden und Coruna fast schon eine Sache von gestern ist.

[00:16:09]

Trump gutes Stichwort. Diese Woche ist ja nun die Partei der Republikaner. Was waren die Top Five Botschaften bisher?

[00:16:16]

Die allererste und wichtigste Botschaft lautet Wir sind Trump. Die Partei stand noch nie so geschlossen um diesen Präsidenten. Die zweite Botschaft würde ich sagen Trump wird Amerika retten. Zum Beispiel vor der Globalisierung. Dann ganz wichtig Religion, vor allem die christliche Religion, die die Identität der Amerikaner bestimmen soll. Als viertes vielleicht noch, dass die Republikaner echten Patriotismus, wie sie ihn definieren, unterstützen. Das Bekenntnis zur Flagge und als letztes und wichtigstes ist natürlich die starke Wirtschaft, die Trump verspricht.

[00:16:52]

Er tritt immer noch für Jobs und niedrige Steuern ein und will linke Politik, wie er sagt, verhindern. Es gab allgemein ganz wenig Kritik auf diesem Parteitag an dem Coruna. Krisenmanagement, aber ganz viel Lob für Trump.

[00:17:07]

Da gab es wirklich einige. Lasst uns doch mal kurz in drei ziemlich deutliche O-Töne reinhören.

[00:17:15]

Leadership, Namur.

[00:17:25]

Wie gehen Sie in New Great American Generations?

[00:17:45]

Einmal Trumps Ehefrau, Melanies Republikaner, Chefin Romney McDonnell und Unternehmer Andrew Pollack, drei von einigen, die sich für Trump stark gemacht haben. Aber es wurde nicht nur über ihn gesprochen, sondern Trump war jeden Abend mehrfach selbst zu sehen. Ganz normal ist das nicht oder absolut nicht.

[00:18:10]

Das Weiße Haus diente mehr oder weniger als Kulisse für Trumps Wahlkampf. Das ist in normalen Zeiten ohne Pandemie durchaus auch üblich. Obama hat beispielsweise einen Werbespot im Weißen Haus gedreht, oder man empfängt mal den einen oder anderen Spender. Aber Trump war tatsächlich mehrfach permanent zu sehen, mindestens dreimal am Abend. Beispielsweise hat man ihn dabei beobachten können, wie er eine Gruppe von Immigranten eingebürgert hat. Das Bizarre dabei war, dass zwei von fünf aus dieser Gruppe gar nichts davon wussten, dass ihre Einbürgerung auf dem republikanischen Parteitag ausgestrahlt wird.

[00:18:50]

Das Ganze wurde ziemlich hastig zusammengebastelt, und die wichtigste Botschaft, dass Trump im Mittelpunkt stehen sollte und das Weiße Haus sozusagen umrahmt und dekoriert. Das hat man so noch bei keinem anderen Präsidenten gesehen.

[00:19:04]

Jetzt schrieb ja die Financial Times vor ein paar Tagen, dass Trump einen Impfstoff aus Großbritannien vom Pharmariesen AstraZeneca genehmigen lassen will und das noch vor den Wahlen. Also eigentlich eine gute Nachricht. Nur die Langzeitfolgen des Impfstoffs konnte man natürlich noch nicht ausreichend testen. Wie weit ist Trump bereit zu gehen, um vor der Wahl noch mit großen Erfolgen zu punkten?

[00:19:27]

Trump selbst kann gerade nicht viel tun, um diesen Impfstoff zu beschleunigen. Man muss sich immer vergegenwärtigen, dass diese Studien bis zu 30 000 Teilnehmern brauchen, denn der Impfstoff muss ja auch sicher sein. Und auch ein Tweet von Präsident Trump kann daran nichts ändern. Was er aber tun kann, ist öffentlich dieser Arbeit am Impfstoff für sich. Er streitet sich mit den Zulassungsbehörden. Er wirft ihnen vor, Sie würden den Impfstoff blockieren, was in der Praxis absolut nicht stimmt.

[00:19:55]

Aber es ist ein altbekanntes Prinzip. Vor seinen Anhängern beweist starke Hand ohne Rücksicht auf Verluste.

[00:20:01]

Heute Abend hält Trump seine Abschlussrede auf. Was müssen wir uns gefasst machen?

[00:20:06]

Ich denke, wir werden eine Art Revival seiner Rede von 2017, als er zum Präsidenten angetreten ist. Als er ins Weiße Haus zog, werden wir erleben. Damals hat er vor dem Gemetzel in den USA gewarnt, dem Gemetzel, wie er sagte, von linker Politik und Globalisierung. Und mit ähnlichen aggressiven Worten wird er wiederauftreten und vor linker Politik warnen. Er wird zum Patriotismus aufrufen, er wird gegen Globalisierung sprechen. Was noch unklar ist und was sehr interessant wird.

[00:20:36]

Zu sehen ist, ob er die Coruna Krise direkt anspricht, denn unter ihm ist die Pandemie ja nahezu außer Kontrolle geraten. Und ich weiß nicht, wie er das in seiner Rede verpacken will. Am Ende wird es vor allem um die Macht der Bilder gehen Trump im Weißen Haus und ein Feuerwerk im Hintergrund.

[00:20:59]

Das war unsere Folge vor Redaktionsschluss war 16 Uhr. Wenn Sie weitere Themen haben, die Ihrer Meinung nach dringend im Handelsblatt besprochen werden sollten, oder wenn Sie einfach nur mal Feedback geben wollen, dann schreiben Sie uns gerne per E-Mail an Today Handelsblatt. Gut! Punkt. Kommt jetzt einen schönen Feierabend für Sie? Machen wir es gut bis morgen.