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[00:00:03]

Hallo und herzlich willkommen zu Handelsblatt Today, Ihrem börsentäglich ein Podcast direkt aus unserem Düsseldorfer Newsroom. Wir sprechen von Montag bis Freitag über wichtige Nachrichten und ihre Bedeutung für die Finanzwelt. Heute ist Freitag der 11. September, und mein Name ist Lena Bulat.

[00:00:26]

Ich bin immer der große Befürworter des Euro gewesen und habe das Möhnen verteidigt. Und plötzlich fällt mir das wie Schuppen von den Augen, was da eigentlich läuft. Es ist ja die EZB zu einem Selbstbedienungsladen der südlichen Länder geworden.

[00:00:41]

Hans-Werner Sinn gilt als einer der ärgsten Kritiker von Target 2. Das ist der Name des Systems der Eurozone, über das der gesamte grenzüberschreitende Zahlungsverkehr abgewickelt wird. Für den ehemaligen Präsidenten des Ifo-Instituts kommen darin entstehende Salden einem überziehungskredit gleich. Schon zu Zeiten der Griechenland-Krise hat er diese These vertreten. Seit einigen Wochen ist die Diskussion um das System wieder in vollem Gange. Der Auslöser? Ende Juli haben die Forderungen der Deutschen Bundesbank gegenüber dem Eurosystem die Billionen Schwelle überschritten und damit einen Rekord geknackt.

[00:01:19]

Die Bundesbank ist damit der größte Gläubiger innerhalb der Europäischen Union. Unser Finanz Redakteur Frank Wiebe erklärt heute, was Tage zwei Seiten eigentlich sind. Hat Hans-Werner Sinn recht mit seinen Warnungen? Und was würde im Falle eines Zusammenbruchs des Euro-Systems mit den deutschen Forderungen passieren? Die große Was wäre wenn? Frage schwebt derzeit auch über den USA. Der Ausgang der Präsidentschaftswahl und die weiteren Schritte in der Impfstoff Forschung halten das Land in der Schwebe. Die jüngsten Vorwürfe gegen US-Präsident Trump könnten dem Ganzen nun aber eine neue Richtung geben.

[00:01:55]

Der Enthüllungsjournalist Bob Woodward will Beweise dafür haben, dass Trump die Gefahr des Coronavirus absichtlich heruntergespielt hat. Nun wirbt Trump damit, noch vor Ende des Jahres einen Impfstoff bereitzustellen. Unsere US Korrespondentin Annett Mielitz erzählt ihm gegen Ende der Sendung, was das für Folgen für den Wahlkampf hat und was die US-Bürger von Trumps Turbo Impfstoff halten.

[00:02:24]

Bundesfinanzminister Olaf Scholz erwartet an diesem Wochenende Besuch In Berlin treffen sich am Freitag und Samstag die europäischen Finanzminister, um unter anderem über die Coruña Hilfen zu sprechen. Bei mir eine Leitung ist jetzt unser Frankfurter Finanz Redakteur Jakob Blume. Jacob Die EU-Staaten haben sich bereits auf einen 750 Milliarden Euro schweren Wiederaufbau verständigt. Aber die Umsetzung lässt noch auf sich warten. Woran hapert es denn?

[00:02:51]

Ein Diskussionspunkt dürfte auf jeden Fall sein. Wie werden diese 750 Milliarden Euro finanziert? Da gibt es verschiedene Vorschläge, und man hat sich auch grundsätzlich darauf verständigt, europäische Anleihen auszugeben. Aber das ist ein sehr großer Schritt, weil dann alle EU-Staaten gleichmäßig für das Risiko füreinander haften. Das dürfte nochmal für die Debatten sorgen bei den Euro-Finanzministern.

[00:03:17]

Welche Vorteile hätten solche europäischen Anleihen?

[00:03:20]

Das wäre vor allem für Staaten wie Spanien oder Italien von Vorteil, die dadurch selbst weniger Anleihen ausgeben müssten und deshalb auch in den Genuss von niedrigeren Zinsen kommen.

[00:03:32]

Und für wen wäre es von Nachteil?

[00:03:34]

Das kann man noch nicht ganz genau absehen, ob es zum Beispiel für die Niederlande oder für Deutschland zum Nachteil wird. Aber es steht fest Es gibt zumindest theoretisch die Gefahr, dass die europäischen Anleihen die Rendite für deutsche Anleihen erhöhen. Und das würde bedeuten, dass die Kosten für Deutschland, sich zu refinanzieren, steigen. Jakob Ich danke dir für die Infos.

[00:04:05]

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[00:04:37]

Mehr als eine Billion Euro betragen die Forderungen der Deutschen Bundesbank gegenüber dem Zahlungssystem der Euro-Noten Banken Target 2. Diese Grenze hatte der deutsche Saldo bereits im Juli überschritten. Binnen weniger Wochen kamen noch einmal 37 Milliarden Euro hinzu. Eins komma null fünf sechs Billionen Euro stehen jetzt unterm Strich. Es sind Welten, die zwischen Deutschland als größten Gläubiger und Italien als größten Schuldner liegen. Die Banca d'Italia wies zuletzt Verbindlichkeiten von mehr als einer halben Billion Euro auf. Aber was bedeutet all das?

[00:05:12]

Wie gefährlich ist dieses Ungleichgewicht das jetzt mit unserem Finanz Redakteur Frank Wiebe? Frank Das Thema Tage, zwei Seiten ist furchtbar komplex. Lass uns das bitte einmal aufschlüsseln. Kannst du in einfachen Worten erklären, was Tage, zwei Seiten sind.

[00:05:28]

Das sind einfach Verrechnung. Salden, die dann entstehen, wenn über das System der Notenbanken Geld von einem Euro-Land in ein anderes Euro-Land überwiesen wird. Wie auch ähnlich wie interne Verrechnung. Die es auch bei Banken oder bei Firmen geben kann.

[00:05:47]

Was genau passiert bei so einer überweisung? Hast du dein Beispiel? Nehmen wir mal an, jemand will von Italien aus einem Geschäftspartner in Deutschland eine Million Euro überweisen. Dann wird die Geschäftsbank von dem Italiener, dem Konto des Kunden, eine Million Euro belasten. Die italienische Notenbank wird der Geschäftsbank eine Million Euro belasten. Die italienische Notenbank wird ein Minus auf ihr Konto buchen auf das Konto, weil sie ja das Geld weg schickt. Die Bundesbank wird ein Plus auf vier Tage zwei Konto buchen, weil sie ja Geld bekommt, und schreibt das Ganze der Geschäftsbank gut.

[00:06:27]

Und die Geschäftsbank schreibt dem Kunden gut. So funktioniert das.

[00:06:31]

Okay ist ein negativer Target2 Saldo bei der italienischen Notenbank. Eine Verbindlichkeit eben dieser gegenüber der EZB und der positive Saldo der deutschen Bundesbank ist eine Forderung gegenüber der EZB. Habe ich das richtig verstanden?

[00:06:48]

Im Prinzip schon. Alles ist von der Buchung her auf jeden Fall Forderungen und Verbindlichkeiten. Wenn man ganz genau ist, müsste man sagen Es sind jeweils Forderung und Verbindlichkeiten nicht nur gegenüber der Europäischen Zentralbank, sondern gegenüber dem ganzen System, zu dem auch die nationalen Notenbanken dazugehören. Das ist eine Feinheit. Man kann sich das schon einfach so vorstellen, dass es eine Verbindlichkeit oder eine Forderung gegenüber der EZB.

[00:07:13]

Forderung und Verbindlichkeit. Das klingt ein bisschen nach einer Art Kredits, den die Bundesbank gewährt. So zumindest sehen es auch manche Kritiker wie der bekannte ökonom Hans-Werner Sinn. Was sagst du dazu?

[00:07:26]

Ja, ich habe meine Schwierigkeiten damit, dass man jetzt diesen positiven Target2 Saldo der Bundesbank als eine Art Kredit oder überziehungskredit sagte, manchmal sogar bezeichnet, weil ein Kredit funktioniert, so dass das Geld weg gibt und man hofft, dass man das Geld wieder bekommt. Aber der Target2 saldo, der positive Saldo bei der Bundesbank entsteht ja dadurch, dass sie Geld bekommt und nicht dadurch, dass sie Geld in irgendeiner Form weg gibt. Deswegen finde ich diesen Vergleich nicht passend und ich glaube, dass da eine Menge Verwirrung stiftet.

[00:07:57]

Also ist ein positiver Saldo vielleicht eher mit einem Guthaben der Bundesbank bei der EZB gleichzusetzen?

[00:08:03]

Das glaube ich, das trifft es schon eher. Es ist natürlich kein Guthaben in dem Sinne, dass man einfach darüber verfügen kann und sich was dafür kaufen kann. Es ist eben ein Guthaben auf einem Konto, auf dem Zahlungen verrechnet werden. Aber Guthaben trifft es auf jeden Fall eher, als wenn man von einem Kredit spricht. Meiner Ansicht nach.

[00:08:21]

Deutschland verfügt über einen recht hohen positiven Saldo. Während Italiens Saldo negativ ist. Warum ist das so?

[00:08:28]

Das besagt einfach zunächst einmal, dass mehr Geld nach Deutschland geflossen ist als aus Deutschland raus innerhalb des Euroraums. Und dass mehr Geld aus Italien raus geflossen ist als rein. Das kommt dann in diesen Zahlen zum Ausdruck.

[00:08:43]

Das klingt ein bisschen nach Kapitalflucht aus Italien.

[00:08:46]

Ja, das ist richtig. Ich sage mal Wenn es Kapitalflucht gäbe von einem Land in ein anderes Land, dann könnte sich das auch so auswirken auf den target2 saldo. Wobei der Target2 saldo eigentlich nicht das Problem wäre, sondern das Problem nur anzeigen würde. Ich sage mal ein Fieberthermometer ist nicht das Problem, sondern das Fieber ist das Problem. In den letzten Jahren hat aber die Kapitalflucht eigentlich keine wirkliche Rolle gespielt. Das, was da eine Rolle gespielt hat, ist einfach die Geldpolitik, die zu enormen Zahlungsströme innerhalb der Eurozone geführt hat.

[00:09:18]

Und das spiegelt sich in den nicht Kapitalflucht.

[00:09:22]

Das musst du mir bitte genauer erklären. Was hat die Geldpolitik der EZB damit zu tun? Es ist ja so, dass die EZB im großen Stil zurzeit auch schon seit Jahren Staatsanleihen aufkauft. Genau genommen. Die EZB selber, sondern es sind die angeschlossenen nationalen Notenbanken, also die Bundesbank kauft die deutschen Bundesanleihen, und die Banca d'Italia zum Beispiel kauft die italienischen Staatsanleihen. Jetzt ist es aber so, dass große Investoren, denen solche Staatsanleihen gehören, internationale Investoren, die sehr häufig ihr Konto in Frankfurt haben.

[00:09:56]

Wenn jetzt die italienischen Notenbank italienische Staatsanleihen von so einem Investor kauft, dann überweist sie das Geld dafür nach Frankfurt. Auf dessen Konto und auf die Art und Weise entsteht Zahlungsströme von Italien nach Frankfurt, also nach Deutschland. Und das läuft so über diese Salden, wie ich das erklärt habe. Und das pumpt denn den Saldo bei der Bundesbank auf? Das ist der Zusammenhang.

[00:10:19]

Es gibt Vorschläge, die Tage zwei Seiten zu begrenzen. Wäre das gut oder schlecht?

[00:10:24]

Na ja, wenn ich das begrenze, dann heißt das, dass, wenn die Grenze ausgeschöpft ist, dass ich kein Geld mehr zumindest nicht mehr über das System der Notenbanken überweisen kann. Und das schon gefährlich. Wenn jemand in Italien sich sagt Vielleicht kann ich mit meinen italienischen Euro gar nicht mehr in Deutschland was bezahlen, dann fängt es an zu knirschen. Und dann kann es sein, dass das die gemeinsame Währung so allmählich fragmentiert und auseinanderfällt, weil dann ein italienischer Euro und ein deutscher Euro nicht mehr in der gleichen Weise verwendbar ist.

[00:10:54]

Deswegen wäre das schon hochgefährlich, wenn man anfangen würde, das jetzt irgendwie zu deckeln.

[00:10:59]

Zerfall der Eurozone? Das ist ein gutes Stichwort. Großbritannien war zum Glück kein Teil des Systems. Aber was passiert denn, wenn einzelne Länder aus der Eurozone ausscheiden, die Teil davon sind?

[00:11:10]

Wir können von Glück sagen, dass Großbritannien den Euro nicht eingeführt hat. Sonst wäre der Brexit noch komplizierter. Auf jeden Fall ja. Was dann passiert? Also zunächst einmal passiert natürlich. Wenn die Euro-Zone zerbricht oder ein Land aussteigt, passiert eine Menge Dinge. Es kann ziemlich starke Auswirkung am Kapitalmarkt haben. Es kann dazu ziemlich Chaos führen. Es kann zur Währungs Verschiebung fürs Kann dazu führen, dass bestimmte Länder Schwierigkeiten mit der Wettbewerbsfähigkeit haben, weil ihre Währung zu stark aufwertet.

[00:11:40]

Da kann eine Menge passieren und das, was mit den zwei Seiten passiert, ist meiner Ansicht nach dagegen wahrscheinlich eher ein kleineres Problem.

[00:11:49]

Was würde denn mit den Salden passieren?

[00:11:51]

Das kommt darauf an, wie die ganze Sache abläuft. Wenn zum Beispiel ein Land mit einem Minus saldo nievenheimer Beispiel Italien ausscheiden würde, dann würde das. Aller Voraussicht nach gehe ich davon aus, dass dieser Saldo, dieser Minus saldo würde einfach verschwinden. Sie würden das wahrscheinlich nicht ausgleichen. Es könnte auch sein, dass das ausgleichen. Aber ich gehe mal von einem schlechteren Fall aus. Dann würde in dem ganzen System der EZB, das dann eben ohne die Italiener stattfindet, würde ein Verlust anfallen.

[00:12:22]

Und dieser Verlust würde nach einem festen Schlüssel verteilt auf die einzelnen nationalen Notenbanken. Im Prinzip geht es da nach der jeweiligen Größe des Landes. Das heißt aber es ist auch wichtig. In dem Fall macht es keinen Unterschied, ob die Bundesbank selber einen großen oder kleinen Saldo hat, sondern es wird einfach nach einem festen Schlüssel verteilt. Wenn jetzt die Euro-Zone insgesamt auseinanderfällt oder wenn Deutschland aus irgendeinem Grund ausscheiden sollte, dann würde ich davon ausgehen, dass die positive Target2 Saldo der Bundesbank dann wahrscheinlich auch verloren wäre.

[00:12:58]

Die Frage ist natürlich, wie sich das praktisch auswirkt, und ich glaube, das ist nicht so schlimm, wie es vielleicht im ersten Moment aussieht.

[00:13:05]

Was hätte das denn für praktische Konsequenzen für Deutschland?

[00:13:09]

Da muss man jetzt viel Fantasie aufbringen und viele Szenarien sich ausdenken. Die gute Nachricht ist, dass eine Notenbank wie die Bundesbank zum Beispiel in eine moderne Notenbank nicht pleitegehen kann, weil ja immer ihr eigenes Geld drucken kann. Das heißt also, es ist eigentlich überhaupt kein Problem, wenn die Notenbanken großen Verlust bucht. Wo ich aber davon ausgehe, ist das, wenn die Bundesbank meinetwegen mal einen großen Verlust buchen müsste oder in irgendeiner Form ein Saldo durch irgendeinen eine andere Größe ersetzt würde, eine hilfst Größe.

[00:13:43]

Dann könnte ich mir sehr gut vorstellen, dass man sagt, bis das alles abgearbeitet ist, schüttet die Bundesbank keinen Gewinn mehr aus. Das würde bedeuten, dass auf sehr lange Zeit der Bundesbank Gewinn wegfällt. Das heißt, dem Staatshaushalt würden vielleicht fünf bis sechs Milliarden Euro jährlich fehlen. Das ist nicht schön. Auf gar keinen Fall. Aber ich glaube, dass die Probleme bei einem Zusammenbruch der Eurozone, die ansonsten entstehen, sehr, sehr viel größer sind als genau dieses spezielle Problem.

[00:14:09]

Das klingt jetzt gar nicht so dramatisch, wie ich es erwartet habe. Warum gibt es denn dann so starke Kritik an den Tagen zwei Seiten?

[00:14:16]

Erstens ist es ein bisschen unheimlich, weil es ohne Riesensumme geht. Inzwischen, das ist der eine Punkt. Der andere Punkt ist Gerade die Kritiker sind, glaube ich, manchmal auch etwas skeptisch, überhaupt dem Euro gegenüber und haben immer die Befürchtung, dass auch das Deutschland irgendwie von den anderen Ländern in irgendeiner Form über Tisch. Das spielt eine Rolle. Diese generelle Skepsis und dann, glaube ich, gibt es teilweise wirklich ein Missverständnis oder oder eine tiefe Skepsis gegenüber unserem modernen Finanzsystem.

[00:14:49]

Es ist ja tatsächlich so, dass bei uns Geld nur aus, im Grunde nur aus Buchungen besteht. Man nennt das ja auch Fiat. Geld fährt deswegen Fiat Lux heißt ja, es werde Licht, Fiat Geld. Das Geld wird einfach aus dem Nichts geschaffen und da liegt nichts drunter, das es nicht irgendwie gebunden an Gold oder an irgendetwas anderes. Und das wird bei so einer Sache wie dem Tage 2 Saldo wird das relativ deutlich, dass das so ist.

[00:15:16]

Und das ist vielen Leuten auch irgendwie unheimlich. Da will man irgendwie nicht daran erinnert werden, dass Geld eigentlich eine Sache ist, die aus dem Nichts geschaffen wird und die nur davon lebt, dass alle daran glauben, dass es funktioniert.

[00:15:28]

Wenn du all das, was du jetzt gesagt hast, einmal auf die jetzige Situation beziehst, also auf diese überschreitung der Millionengrenze beim deutschen Target2 saldo.

[00:15:37]

Wie muss es weitergehen deiner Ansicht nach, solange die Geldpolitik der EZB so expansiv ist, wie sie im Moment ist, was ja jetzt im Moment auch mit Corona zusammenhängt. Solange kann es gut sein, dass dieser Saldo noch ansteigt. Ich habe allerdings zuletzt den Hinweis gelesen von der EZB, dass der Saldo sogar etwas langsamer ansteigt, als man aufgrund der Geldpolitik erwarten würde. Das heißt also, dass abgesehen von diesem geldpolitischen Effekt, wenn das so stimmt, im Moment eigentlich sogar eher ein bisschen mehr Geld Richtung Italien fließt als umgekehrt.

[00:16:16]

Das finde ich, das finde ich ganz interessant. Aber ich sehe jetzt nicht, dass sich da irgendwas ändert oder ändern lässt. Es kann durchaus sein, dass dieser Saldo noch weiter steigt. Und wenn die Geldpolitik dann sich wieder umdreht oder gebremst wird, dann wird auch der Saldo gebremst. Das war in der Vergangenheit so Ich danke dir für das Interview.

[00:16:43]

Donald Trump machte im Februar keinen Hehl aus seiner Empörung.

[00:16:47]

Für ihn war es ein No-Go, dass die Demokraten das Coronavirus zum Mittelpunkt ihrer Politik machten. Danach spielte er das Virus herunter, verglich es mit einer Grippe, nannte die Warnungen der Demokraten einen Hoax, also eine Falschmeldung. Hört man Trump dagegen heute zu, könnte man meinen, dort stünde ein ganz anderer Präsident. Nun ist er es, der sich den Vorwürfen stellen muss. Die Pandemie für seine Zwecke zu missbrauchen. Sein wichtigstes Wahlkampfversprechen ist längst die Entwicklung eines Impfstoffs.

[00:17:17]

Und das am liebsten eher gestern als heute.

[00:17:29]

Bei mir zugeschaltet ist jetzt unsere US Korrespondentin Annette Milchglas aus Washington.

[00:17:36]

Anett kann Trump ganz offensichtlich nicht schnell genug gehen mit dem Impfstoff. Ein möglicher Grund dafür ist natürlich die angestrebte Wiederwahl am dritten November. Bei der erhofft er sich dadurch, seine Chancen zu erhöhen. Und dann kommt das hier. Jetzt hat der Journalist Bob Woodward enthüllt, dass der US-Präsident schon viel früher von der Bedrohung durch Covic wusste, als man bisher angenommen hat. Wie lauten konkret die Vorwürfe gegen Trump?

[00:18:04]

Ja, wir erinnern uns, dass Trump erst im Sommer eigentlich einräumte, dass man sich vor dem Virus schützen müsse. Bis dahin hatte er immer wieder behauptet, dass Couvert eigentlich nicht schlimmer sei als eine Grippe. Und jetzt kommt eben raus, dass er schon Anfang Februar, also ganz zu Beginn der Pandemie, sich voll bewusst gewesen sein muss, dass Covert tödliche Folgen haben kann.

[00:18:25]

Was heißt das? Er muss sich bewusst gewesen sein. Was? Was soll er gesagt haben?

[00:18:29]

Es gibt Tonbandaufnahmen. Er hat das selbst eingeräumt, auf denen Trump sagt Das Virus ist gefährlich, sehr ansteckend. Und es ist Zitat tödliches Zeug. Diese Aufnahmen stammen von Anfang Februar, und Trump machte diese Aussagen gegenüber Woodward am Telefon.

[00:18:45]

Trump soll die Gefahr durch das Coronavirus bewusst in der öffentlichkeit heruntergespielt haben. Mittlerweile sind ja fast 200 000 US-Amerikaner an Covic gestorben. Hätte das anders ausgesehen, wenn Trump von vornherein ehrlich gewesen wäre?

[00:19:00]

Fairerweise muss man sagen, dass die US-Regierung nicht komplett tatenlos war. Die Einreisesperre gegen die EU und China waren im Rückblick sinnvoll. Aber man hätte natürlich noch viel, viel mehr machen können. Eine bundesweite Markenpflege oder einen schnellen, harten Lock down. Und Trump hat einfach nicht gegenüber seinem Wissensstand oder gemäß seines Standes gehandelt.

[00:19:22]

Wirkt sich denn dieser Skandal schon auf die Umfragewerte aus? Also schmälert die Enthüllung Trumps Chancen auf einen Sieg?

[00:19:28]

Die sind gerade eh nicht besonders hoch. Wobei wir natürlich sehen, was am Wahltag selbst passiert. Ich denke. Selbst wird davon nicht abgeschreckt sein wie steht ja zu Ihnen durch alle Krisen hindurch. Aber die US-Wahlen werden immer sehr, sehr knapp entschieden, und jede einzelne Stimme weniger für Trump ist eine Gefahr für ihn.

[00:19:46]

Anett Die Turbo Studie zum Impfstoff mit dem Namen Operation Speed kostet 13 Milliarden US-Dollar. Unter normalen Umständen würde, so eine Studie, Jahre dauern. So ein Zeitraum würde dann zum Beispiel auch dazu genutzt, um ärzte, Pfleger und Schwestern auf eine Massenimpfung vorzubereiten, wie sie nun geplant ist. Wie soll das aber in der Kürze der Zeit funktionieren? Ist das amerikanische Gesundheitssystem überhaupt darauf vorbereitet?

[00:20:13]

Teils, teils. In den USA ist das alles eine Frage des Geldes. Bei den Grippeimpfung zum Beispiel sind die USA sehr, sehr gut. Man läuft hier an einer Drogerie und geht fünf Minuten später wieder raus. Aber Kuriert ist eine ganz andere logistische Herausforderung. Man muss zweimal geimpft werden, das Personal muss neu geschult und ausgestattet werden, und das wird die chronisch unterfinanzierten Gesundheitsbehörden extrem herausfordern.

[00:20:37]

Ich weiß nicht, ob du am Mittwoch die US Talkshow verfolgt hast. Darin hat Joy BH, eine der Moderatorinnen, sich ziemlich über Trumps rasch auf den Impfstoff aufgelegt.

[00:21:06]

Sie würde den Impfstoff erst spritzen lassen, wenn Trumps Tochter Ivanka es getan hat. Klare Ansage. Und Wanka hat die Herausforderung direkt via Twitter angenommen. Deal, schreibt sie, ich komme in deine Show und lasse mich impfen. Darin wird eines ganz deutlich Die generelle Skepsis gegenüber einem Impfstoff ist da. Wie sieht das innerhalb der Bevölkerung aus? Wollen sich die Leute überhaupt impfen lassen?

[00:21:32]

Ja, das ist eine gute Frage. Wir haben hier in den USA, ganz ähnlich wie in Deutschland auch eine starke Inns, Skeptiker, Bewegung und bringt Sie die nochmal hervor. Etwa die Hälfte der US-Bürger sagt in Umfragen, sie würde dem ersten Impfstoff auf dem Markt misstrauen. Da ist noch ganz viel überzeugungsarbeit nötig und ganz viel Luft nach oben.

[00:21:52]

Ich danke dir.

[00:21:59]

Redaktionsschluss war heute wie immer um 16 Uhr Sagen Sie uns doch gerne, wie Ihnen diese Folge gefallen hat. Ihr Feedback können Sie gerne genauso wie offene Fragen an Today Art Handelsblatt Group mailen. Wir freuen uns, von Ihnen zu lesen. Fürs Erste wünsche ich Ihnen jetzt einen guten Start in Ihr wohlverdiente Wochenende. Wir hören uns hoffentlich am Montag wieder alles Gute und auf Wiederhören.