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[00:00:08]

Einen schönen guten Abend allerseits! Es freut mich, dass Sie wieder mit dabei sind, wenn wir Deutschland neu denken. Mein Name ist Gabor Steingart. Jetzt ist die Zeit der Inspiration die Stunde der Anders machen mit dem Gastgeber der heutigen Ausgabe geht ganz nah ran an unseren Alltag. Es geht ihm sprichwörtlich in aller Sinne um die Wurst. Herzlich willkommen beim Nachmittag. Mein Name ist Google. Röhm Ich arbeite seit 25 Jahren bei der rügenwalder Mühle, einem Unternehmen, welches seit fast 200 Jahren Fleisch und Wurst aus Tieren, wenn man aktuell in der gleichen Branche arbeitet, wenn man jeden Tag auf Corona und die Startbedingungen angesprochen.

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Leider begleitet mich das schon die gesamte Zeit. Vor 20 Jahren war es BSE, zwischenzeitlich die Schweinegrippe, und immer wieder kamen andere Skandale. Woran liegt das? Frage ich mich immer wieder in meiner Branche, so oft etwas schiefläuft. Und gibt es überhaupt eine Lösung, das alles zu vermeiden?

[00:01:16]

Rüben wird eine Antwort liefern. Er sagt Die Fleischindustrie wird sich radikal verändern, auch radikal ändern müssen und seine Aufgabe als Teil der Geschäftsführung der rügenwalder Mühle. Treibt er diesen Wandel selbst mit voran? Erstmals in der Unternehmensgeschichte ist in diesem Sommer mehr Umsatz mit vegetarischen oder vegan Alternativen gemacht worden als mit richtiger Wurst und echt Fleisch. Für Guido Rüben hat das Neu Denken daher schon begonnen. Schön, dass Sie sich für Wurst interessieren und heute sogar für vegetarische Wurst. Ich habe viele von Ihnen sagen vegetarische Wurst.

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Was für ein Schwachsinn, denn ich bin mir sicher, am Ende dieser, sagen wir mal zehn Minuten werden Sie anderer Meinung sein. Dafür muss man meines Erachtens ein paar Fragen beantworten, weit abseits des Tagesgeschäfts. Und dafür eignet sich so ein Podcast durchaus. Lassen Sie es mich versuchen. Als ich vor einigen Jahren das Buch Acht Milliarden gelesen habe, war ich erst schockiert. Und dann war mir schnell klar, dass die gesamte Fleisch und Wurst Branche sich verändern muss, wenn wir nicht zusammen in eine Sackgasse rennen wollen.

[00:02:42]

In dem Buch geht es um die Bevölkerungsexplosion der letzten 200 Jahre und darum, dass in den nächsten 30 Jahren noch einmal zwei bis drei Milliarden weitere Menschen auf diesem Planeten leben werden. Je nach Studie. Die Folgen sind gerade im Ernährungs Bereich. Sagen wir mal herausfordernd, dramatisch. Absolut klar ist aber auf jeden Fall, dass wir etwas Gravierendes verändern müssen. Und das Gravierende, was wir anpacken müssen, ist die Agrarwende. Wir müssen neben den tierischen Produkten viel stärker und viel schneller auf die pflanzlichen Proteine setzen.

[00:03:17]

Wir müssen die tierischen Produkte weltweit weiterentwickeln, so wie wir auch die Antriebe in der Automobilindustrie weiterentwickeln. Dort werden Diesel und Benzin durch Elektro und Wasserstoff ergänzt. Das Gleiche passiert aktuell in unserer Branche. Wir ergänzen Schwein und Rind durch Pflanzen und andere alternative Proteine. Klar, am Anfang einer Wende sind die Bedenken immer am größten. Aber genau jetzt, auch in dieser Krisenzeit, ist auch die Chance für uns alle am größten. Genau. Jetzt haben viele Unternehmen die Möglichkeit, sich rigoros umzustellen.

[00:03:50]

Oder eventuell spüren sie sogar den Zwang, sich rigoros umzustellen. Die Unternehmen allerdings, die schon vor dieser Krise mit viel Mut und Pioniergeist losgelegt haben, haben jetzt einen enormen Vorteil in der Mobilitäts Wende. Es ist beispielsweise Elon Musk und sein Tesla ein durchaus polarisierende Beispiel. Aber Tesla ist, wie man überall lesen kann, aktuell das wertvollste Unternehmen der gesamten Automobilbranche mehr wert als die gesamte deutsche Autoindustrie zusammen. Und das, obwohl wir Deutschen das Auto erfunden haben.

[00:04:27]

Der Kampf ums Auto wird weltweit ausgetragen. Der größte Markt ist China, die beste Hardware kommt noch aus Deutschland. Die meisten Ideen werden noch in Kalifornien geboren, weil die Technologie Champions hier beim Thema Fortbewegung keine eingefahrenen Gleise kennen. Selbst fahren vernetzt, die Nutzung geteilt, mehr Mobilität, aber weniger Autos und gar kein Auto mehr im alten Stil. ähnlich sieht es auch bei der Agrarwende aus Dort wird ein US-Start, ab welches Börger aus Pflanzen herstellt, mit aktuell 100 Milliarden Dollar bewertet und ist damit wahrscheinlich mehr wert als die gesamte deutsche Fleisch und Wurst Landschaft zusammen.

[00:05:17]

Und das, obwohl wir Deutschen doch die Wurst erfunden haben. Das schmerzt schon. Woran liegt das? Und warum sind diese Unternehmen so viel wert? Die Antwort ist eigentlich recht einfach. In diesem Beispiel haben Tesla und Mieth frühzeitig den Wandel erkannt und waren mehr als mutig in der Umsetzung. Manche, wahrscheinlich viele, haben diese Firmen vor Jahren noch als einen Spinner bezeichnet. Auf ihr rügenwalder könnte ein Lied singen. Das bringt aber echte Innovatoren nicht vom Weg ab.

[00:05:47]

Ist es wirklich so einfach? Ich würde sagen Ja. Wenn man sich die drei Wänden anguckt, dann sieht man ein Muster. Jedes Mal werden vorhandene Produkte weiterentwickelt. Bei der Energiewende wird Atom und Kohle durch Wind und Sonne ergänzt und jetzt sogar ersetzt. Bei der Mobilitäts Wende wird Diesel und Benzin durch Elektro und Wasserstoff ergänzt und vielleicht irgendwann ersetzt. Bei der Agrarwende werden aktuell Schwein, Rind und Huhn durch Pflanzen und andere alternative Proteine ergänzt. Es geht einfach um eine Weiterentwicklung von Fleisch und Wurst und viele andere tierische Produkte wie Milch und Käse.

[00:06:27]

Aber natürlich geht es hier nicht um Schwarz-Weiss, nicht darum, dass alle Menschen Veganer oder Vegetarier werden sollen. Es geht um eine sinnvolle Ergänzung des Angebotes. Jeder Mensch soll sich natürlich selbst entscheiden, ob er zum Beispiel eine Mortadella aus Schwein, Huhn oder aus Pflanzen essen möchte. Da die Agrarwende aber die jüngste der drei Wänden ist, sind hier die Fragezeichen am größten z.B. werde ich oft gefragt, warum die Menschen denn wurst Alternativen essen sollen. Wenn ich Vegetarier oder Veganer bin, dann soll ich doch gefälligst Nudeln und Gemüse essen.

[00:07:03]

Das ist aber zu kurz gesprungen. Das wäre, als wenn man jetzt in diesen Fahrern sagt Ihr könnt doch auch Fahrradfahren. Warum müsste jetzt Elektroautos fahren? Wenn man sich aber die Vergangenheit ansieht, dann kann man lernen, dass Verzicht nie funktioniert hat. Weder die autofreien Sonnentage noch der berühmte Veggie Day haben funktioniert. Es geht darum, dass wir Hersteller die alten Produkte weiterentwickeln, damit sich die Gewohnheiten der Menschen nicht ändern müssen. Denn das würde Generationen dauern. Wenn man aber sagt, du kannst weiter dein Auto fahren, jetzt nur mit einem Elektroantrieb, oder du kannst weiter deine Wurst und ein Fleisch essen, jetzt nur aus Pflanzen, dann fällt es vielen von uns leichter, sich umzustellen.

[00:07:48]

Eine weitere Frage, die ich oft gestellt bekomme, lautet Das ist doch wieder nur ein kurzfristiger Trend wie die Leinwände, die auch nach zehn Jahren wieder vorbei war. Oder meinst du, dass es sich hier um eine wirklich neue Form der Ernährung handelt? Kurz und knapp Ich bin mir absolut sicher, dass dies gerade eine neue Form der Ernährung ist, die keinesfalls irgendwann wieder vorbei sein wird oder wo es ein Weg zurück gibt. Was macht mich da so sicher?

[00:08:17]

Aktuell ist das Thema alternative Proteine. Also Beispiel Fleisch und Wurst aus Pflanzen oder Käse und Milch aus Pflanzen. Das größte und das wichtigste Thema in der gesamten Branche weltweit für jedes Unternehmen in der gesamten Lieferkette vom Landwirt bis zum Einzelhändler, von Maschinen, Lieferanten bis zum Rohstofflieferanten, von den größten Agrar Firmen wie Kargl und über Konzerne wie Danone und Nestlé und Unilever. Gerade Nestlé und Unilever haben sich von ihrem Wassergeschäft Geschäft wie Herter Du darfst und WiFi getrennt und setzen jetzt zu hundert Prozent auf die alternativen Proteine, aber auch Startups wie Bijan und Posser bevorzugt.

[00:08:55]

Natürlich nicht zu vergessen der deutsche Mittelstand. Für die rügenwalder Mühle. Und warum sind die Produkte gerade jetzt so erfolgreich? Es liegt an der bereits erwähnten Bevölkerungsexplosion. In den letzten 200 Jahren ist die Menschheit, wie gesagt, von einer Milliarde auf siebeneinhalb Milliarden Menschen gewachsen. Die Folgen sind dramatisch. Denn wenn siebeneinhalb Milliarden Menschen tierische Produkte essen wollen, benötigen wir riesige Mengen an Tieren. Das ist überhaupt keine Schuld der Bauern, auf die zu Unrecht eingedroschen wird. Und es ist es auch nicht die alleinige Schuld der Hersteller.

[00:09:31]

Es ist einfach nur ein Rechenbeispiel.

[00:09:34]

Das Problem ist Rund ein Viertel aller Treibhausgase stammen aus der weltweiten Fleischproduktion. Gerade für die Rinderzucht werden immer mehr Wälder abgeholzt. Klimakiller Fleisch. Gut nachvollziehbar Beispiel Soja. Heute werden 90 Prozent des weltweit produzierten Soja nur für Tierfutter verwendet.

[00:09:56]

Bei so vielen Tieren brauchen wir Effektivität im gesamten Prozess der Herstellung. Vom Landwirt über die Schlachthäuser bis zur Theke im Handel. Und das alles hat dazu geführt. Diese Effektivität, dass die Tierhaltung auf einmal ganz vielen Menschen nicht mehr gefällt, wie aktuell jeden Tag zu lesen und zu hören ist.

[00:10:14]

Die Preisschraube lässt keinen Spielraum, kein Spielraum für Hühner, Leitern oder gar Freilandhaltung.

[00:10:23]

Dennoch alles regelkonform. In 20 Tagen werden sie geschlachtet. Ein Euro für das Kilo Fleisch bekommt der Bauer.

[00:10:30]

Dann verstehe er den Wunsch vom Verbraucher. So wie es in der Werbung suggeriert wird, das Hühnchen auf der Weide herum hüpft und wird davon 80 Millionen Menschen in Deutschland ernähren können. Ich verstehe, dass der Wunsch Verständnis hat. Man muss also sehen, dass es funktioniert.

[00:10:56]

Und das ist schon heute ein riesiges Problem. Aber wenn man in die Zukunft schaut, auf die nächsten 30 Jahre, dann werden wir noch einmal zwei bis drei Milliarden Menschen mehr auf diesem Planeten sein. Und schon heute essen wir jedes Jahr 60 Milliarden Tiere, die Fische gar nicht dabei berücksichtigt. 60 Milliarden Tiere jedes Jahr. Und schon heute gibt es kaum noch freie Flächen für den Anbau von so viel Futter für all diese Tiere. Und da fragen sich zu Recht ganz viele Menschen, warum das Getreide noch durch das Schwein muss.

[00:11:29]

Wenn man schon daraus die gleichen Produkte wie Schnitzel und Salami herstellen kann. Denn tierische Produkte essen so viele Menschen aus. Nur einem einzigen Grund so gerne. Es ist der Geschmack. Keiner ist die Produkte gerne, weil sie das Klima schädigen oder weil dafür ein Tier geschlachtet wurde. Einzig der Geschmack macht es vielen von uns so schwer, darauf zu verzichten. Aber das ist eine gute Nachricht. Das Problem ist fast gelöst. Denn viele tierische Produkte gibt es heute schon aus Pflanzen.

[00:11:59]

Der Geschmack und auch die zutatenlisten werden täglich besser. Denn weltweit herrscht gerade ein Wettrennen, wer am schnellsten die besten Alternativen herstellen kann. Sind es die Konzerne, die Start ups? Sind es die Händler oder vielleicht sogar der Mittelstand? Ich glaube hier nicht an einen Entweder oder bei der Menge, die wir dort in Zukunft benötigen, benötigen wir alle Marktteilnehmer. Und hier muss es auch überhaupt kein Kampf zwischen Fleisch und Wurst, Herstellern aus Tieren und Fleisch und Wurst herstellen, Pflanzen geben.

[00:12:27]

Es wird dauerhaft beides benötigt. Denn jegliche Studien weltweit der größten Banken und Unternehmensberater prognostizieren gerade, dass der Markt der Fleisch und Wurst Produkte sich verdoppeln wird. Alleine der Markt der alternativen Proteine wird von aktuell zwei Milliarden Dollar auf bis zu 400 Milliarden Dollar in den nächsten zehn Jahren steigen. Und wenn er auch nur auf 100 Milliarden steigt oder 200 Milliarden? Das ist eine Fassung des Marktes. Und jetzt kommen wir zu der großen Chance für unseren Innovationsstandort Deutschland und das Agrarland Deutschland.

[00:13:03]

Es ist an der Zeit, dass wir beides zusammenbringen. Unsere Agrar Stärke, die wir durchaus haben, und unseren Innovationsgeist, der uns seit Jahrzehnten begleitet. Denn es geht in diesem Bereich nicht mehr um die Frage, ob diese neuen Produkte kommen werden, und es geht auch überhaupt nicht mehr um die Frage, ob dort ein riesiger Markt entsteht. Die Fragen sind entschieden. Es geht aktuell nur noch um die Frage, welche Länder davon profitieren werden. Wir können diese Ernährungs Entwicklung aktuell mit der Digitalisierung und der Entstehung des Silicon Valley vergleichen.

[00:13:36]

Damals sind Facebook, Apple, Google und so weiter groß geworden und haben die USA zum absoluten Marktführer gemacht. Und Deutschland hatte Grundig, Telefunken und Nordmende. Diesmal haben wir aber die große Chance, ein Stück vom Silicon Valley in Deutschland entstehen zu lassen. Denn Stand heute gehört sogar ein kleiner Mittelständler zu den Top ten Anbietern dieser neuen Produkte weltweit. Aber auch viele andere deutsche Mittelständler und Konzerne investieren aktuell sehr viel Geld und sehr viel Manpower in dieses Thema. Und auch für die deutsche Landwirtschaft ist eine Menge möglich.

[00:14:12]

Denn es wollen viele Konsumenten lieber, die ohne die Kartoffel und den Weizen aus der Heimat als Rohstoff für diese Produkte haben, als Soja aus Amerika. Und das Schöne auch das ist möglich. Wir brauchen neue Perspektiven für unsere Landwirte. Jetzt muss nur noch die Politik, die Landwirtschaft, die Wissenschaft und die Wirtschaft an einen Tisch gebracht werden. Aber auch das passiert gerade leider viel zu langsam, denn andere Länder wie Kanada oder China haben schon große Programme im dreistelligen Millionenbereich auf den Weg gebracht, um beim Thema der alternativen Proteine ganz vorne dabei zu sein.

[00:14:45]

Trotzdem haben wir immer noch eine Chance, dass wir in Deutschland im Bereich der Agrarwende schneller sein können als bei der Energiewende oder bei der Mobilität. Und die soll, wird nicht entgehen lassen. Denn darüber freut sich neben dem Klima und dem Tier auch ihre Gesundheit und nicht zuletzt die deutsche Wirtschaft und die deutsche Landwirtschaft. Ich danke Udo Röbel für diesen Ausblick auf eine Welt, in der wir mit unserer Ernährung und aber auch mit den Tieren, mit denen wir auf dieser Welt leben, neu und anders und besser.

[00:16:04]

Ich würde mich freuen, wenn Sie beim nächsten Mal wieder mit dabei. Bleiben Sie mir gebogenes, grüßt Sie auf das Herzlichste. Gabor Steingart.