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Shteyngart Warning Briefing der Podcasts Einen schönen guten Morgen allerseits, mein Name ist Gabor Steingart und wir starten jetzt gemeinsam in diesen sehr besonderen Tag, denn heute ist Mittwoch, Mittwoch, der 23. Dezember.

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Normalerweise macht ja das Team von Pioneer eine kleine Weihnachts und Neujahrs Pause kurz mal durchatmen, bevor es dann im kommenden Jahr wieder mit vollem Segel losgeht. Auf zu neuen Expeditionen. In diesem Jahr aber möchte ich sie so kurz vor Weihnachten und zwischen den Jahren auf gar keinen Fall alleine lassen. Unser Redaktionsteam hat daher beschlossen, Ihnen ein literarisches Geschenk zu machen, indem Redakteurinnen und Redakteure Ihnen Ihr ganz persönliches Buch des Jahres vorstellen. Den Anfang macht heute Stefan Rupp, der Leiter der Podcast Redaktion.

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Sein persönliches Buch des Jahres heißt beinahe Alaska und es stammt aus der Feder der Reise. Journalistin Arisu Veit Holtz Stefan hat mir erzählt, dass dieses Buch eigentlich drei in einem sind und das ein sanfter poetischer Faden. Diese drei Bücher in dem ein durchzieht ein poetischer Faden, der immer mal wieder abrupt durch Situationskomik durchtrennt werden kann. Das hat mich neugierig gemacht auf das Bohren auf die Autorin und ich habe mich gefreut, dass Arri so weit hol's noch kurz vor Weihnachten an Bord der Pionier Wahne geklettert kam.

[00:01:37]

Stefan, dein Gast und du. Ihr beide habt das Wort. Hallo Frau Weinhold. Holzfällen, dass Sie auf der Pylone ohne sind. Herzlich willkommen! Hallo Herr Rupp, vielen Dank für die Einladung.

[00:01:47]

Wir reden hier auf einem Schiff über eine Schiffsreise.

[00:01:51]

Ja, ich finde das sehr, sehr aufregend. Ich habe noch nie auf einem Schiff über beinahe Alaska reden dürfen und ich finde das gerade auch sehr angenehm. Wie, wie, wie sich das Schiff bewegt und wie schön die Sonne auf den auf dem Wasser funkelt. Das muss man den Menschen ja auch mal sagen. Oder hat das schon mal jemand erzählt? Mehrfach.

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Sie sind nicht die erste, die total begeistert ist von diesem Aufnahme Ort für ein Interview. Was war denn das für ein Schiff, mit dem Sie gefahren sind?

[00:02:15]

Ich bin gefahren mit verschiedenen Schiffen. Die Reise, die ich in dem Buch beschreibe, findet auf der MS Svalbard statt. Es ist ein erfundenes Schiff. Es ist eine alte Auto Fähre, die umgebaut wurde zu einem Schiff mit Hybridantrieb. Selber gefahren bin ich auf verschiedenen Schiffen, die alle nichts mit dem Schiff in dem Buch zu tun haben. Aber es waren alles Kreuzfahrt, Expedition, Schiffe, die eine Größe hatten. Von 150 bis 400 Passagieren konnten die schon aufnehmen und die hatten auch alle Eis.

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Klasse. Was heißt als Klasse? Das heißt, man kommt durch ganz bestimmte Regionen, in denen das Wasser gefroren ist. Es war kein Eisbrecher dabei. Man denkt ja immer, wenn so ein Schiff Eis klasse hat, dass das irgendwie vorne durch durch Eisschollen durchfahren kann. Das ist im Gegenteil eigentlich auch selbst. Wenn es Eisschollen gibt, ist das für Schiffe kein Spaß. Aber diese Schiffe haben schon verstärkten Bug und können ja gefrorenes Wasser verdrängen. Wenn Sie einen eigenen Klappentext für ihr Buch verfassen müssten, was würde dann da stehen?

[00:03:13]

Also ich würde das.

[00:03:14]

Ich würde es so formulieren Eine Frau besteigt ein Schiff und fährt in die Arktis. Das sollte man natürlich nicht machen. Naja, eigentlich ist das ja so ein bisschen so ein dauernt alle. Also ein bisschen zu kurz. Okay, dann lassen Sie uns doch diese Reise von vorne nach hinten mal aufarbeiten. Wie kam es denn zu dieser Reise? Im Buch steht ja, dass der Verlag auf Sie zukam und von Ihnen Fotos, Skizzen haben wollte. Oder sind Sie proaktiv auf den Verlag zugegangen?

[00:03:41]

Gab's schon dieses Manuskript?

[00:03:42]

Ich bin ja Reise Reporterin unter anderem auch für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung und habe öfter den Auftrag wegzufahren. Und unter anderem hatte ich auch die Gelegenheit, verschiedene Reisen in die Arktis zu unternehmen. Aus diesen Reisen habe ich dann diese fiktionalen Reisebericht einer Fotografin gemacht, weil ich es auch spannend fand. Was wäre denn, wenn jemand in die Arktis fährt, der anders als ich jetzt nicht einfach nur Reportagen schreibt, sondern was wäre, wenn? Wenn man Fotografen dahin schickt und der sich wirklich nur damit befasst?

[00:04:14]

Wie sieht es da aus? Wie fühlt sich das an? Alle sprechen darüber. Der Permafrostboden schmilzt, immer mehr Touristen fahren da hoch. Die Nordwestpassage ist plötzlich schiffbar. Aber was ist denn eigentlich? Was sieht man denn da, wenn man da auch rumfährt? Und das ist teilweise auch wirklich aus eigener Erfahrung. Als Journalistin weiß ich das ganz anders als das, was man auf Fotos sieht.

[00:04:36]

Bevor sie dort das erste Mal hingereist sind, hatte die Region schon einen gewissen Reiz auf sie ausgeübt.

[00:04:42]

Ja, klar. Also als Kind habe ich natürlich auch Abenteuerromane gerne gelesen. Also Robert Louis Stevenson und Jack London. Geschichten aus dem fernen Norden haben mich gefesselt. Was mich aber immer am Norden reizt. Ich bin ja auch ein Nordlicht. Ich bin im Norden von Deutschland aufgewachsen. Ist diese das nicht Vorhandensein von Bergen und irgendwelchen Erhebungen? Also dieses, diese flache Weite finde ich unglaublich beruhigend.

[00:05:07]

Jetzt über Jack London hinaus haben sie noch mehr gelesen.

[00:05:10]

Ich habe natürlich, als ich das erste Mal wieder nach Hause kam, angefangen zu recherchieren, wie man das so macht und habe mir unglaublich viele Bücher besorgt, unter anderem Eskimo Teiles von Knut Rasmussen. Aber eben auch noch mal nachgelesen, wie das eigentlich war In dem Buch Die Entdeckung der Langsamkeit beschreibt Nadolny ja zwar die Reise von John Franklin, diese Unglücks reise auf der Suche nach der Nordwestpassage, aber das ist ja nur ein kleiner Teil in dem Buch und in Erebus zum Beispiel von Michael Palin kann man oder Michael Palin kann man das nochmal viel ausführlicher nachlesen, weil er die Biographie eines Schiffes, eines der Schiffe nämlich, der er der Erebus beschreibt und.

[00:05:50]

Ja, das ist. Das ist natürlich auch sehr packend und mitreißend geschrieben, aber auch sehr fundiert recherchiert. Diese Beschreibungen dieser Expeditionen in Ihrem Buch, die zeigen ja auch nochmal ganz deutlich, wie gefährlich diese Region eigentlich ist, ist die heute auch noch immer gefährlich. Also z.B. bei den lant Ausflügen dieser Kreuzfahrer ist ja z.B. auch immer ein bewaffnetes Crewmitglied mit dabei, falls ein Eisbär angreifen sollte.

[00:06:19]

Ja die lant gänge werden es ist vorgeschrieben auch in Kanada Landgang werden oder auch in Grönland Land Gänge werden immer begleitet von mehreren Expeditionsleiter die auch bewaffnet sind. Das ist dort vorgeschrieben. Das es dient der sicherheit aller. Es ist auch keine sonntagsstaat. Ich habe viel mit verschiedenen Kapitänen gesprochen, die da oben navigieren. Man kriegt Satellitenbilder, die sind aber meistens schon älter. Wenn man sie bekommt, sind die ein paar Stunden alt. Es kann aufgrund der Witterungsbedingungen jederzeit zu spontanen Nebel Feldern kommen oder zu.

[00:06:55]

Es gibt einen anderen Luftdruck. Es gibt eine andere Sicht. Mit alten Methoden wie z.B. Radar kommt man nicht weit, weil es gibt Inseln, da sind Erhebungen, die sind manchmal auch wirklich nur ein paar Meter hoch und Eis kann eben jederzeit aus verschiedenen Sunden oder so sich auf das Schiff zubewegen. Und die Eisbrecher, die da oben rumfahren, die sind jetzt nicht dafür da, dass irgendwelche Kreuzfahrer ihre ihre Urlaubsreise dort machen können, sondern die Eisbrecher werden von der Regierung dort eingesetzt, um die Gemeinden zu versorgen oder um Leute zu bergen.

[00:07:26]

Wenn da jetzt jemand z.B. sich verletzt. Das heißt, wenn Sie sagen, dass sowas wie Radar da gar nicht teilweise funktioniert, braucht man tatsächlich richtig gutes Personal, richtig gute Kapitäne, die, dass die das fühlen können oder die, die die besten Kapitäne finde ich, sind die, die auch Navigatoren waren früher also die auch.

[00:07:50]

Also wie Helme Hansen z.B. für Fridtjof Nansen. Einer war und ist es wirklich. Ich habe mir diese Seekarten angeguckt. Es gibt eben wirklich Bereiche, die sind nicht kartiert. Also diese berühmten weißen Flecken auf der Landkarte, die existieren tatsächlich auf unserer Erde. Denn wenn ein Schiff da lang fährt, es fährt ja in so einer Rinne, die kartiert ist, und da kommt ein Eisberg, dann kann der natürlich nicht. Da kann er natürlich nach rechts oder links fahren.

[00:08:15]

Entschuldigung. Ost oder West. Oder ich wieder nach rechts und links. Also jedenfalls kann der halt ausweichen. Aber der weiß ja gar nicht, wie tief es da ist. Wohin er ausweicht, wenn das nicht vorher ausgemessen wurde. Also man denkt immer, die letzten weißen Flecken waren irgendwo in Brasilien im Regenwald. Aber das ist gar nicht der Fall. Die sind oben an den Polkappen.

[00:08:35]

Was sind das für Typen, die da Kreuzfahrer hin und her durch die Arktis schippern?

[00:08:42]

Ich habe viel mit norwegischen Seeleuten zu tun gehabt und muss sagen, die Norweger sind ein sehr lustiger Schlag. Menschenfreundlich quasi nicht so viel. Na und? Sind. Tja, es sind Seefahrer. Sind sind klasse, klasse Menschen. Wie bereitet man sich auf so eine Reise vor? Also ganz praktisch bekommt man da von der Reederei ne Einkaufsliste, Handschuhe, Schal, lange Unterhose bei den Schiffsreisen.

[00:09:06]

Ja und man muss eigentlich bei so einer Expedition Kreuzfahrt auch nicht an viel denken, weil es gibt immer irgendein Backshop. Es ist zwar teuer da einzukaufen, aber man kann sich da alles besorgen, wenn man irgendetwas vergessen hat. Ich habe auf einer Reise auch Päckchen kennengelernt, deren Koffer nicht angekommen ist und die standen dann in Grönland am Hafen und hatten die Wahl entweder ohne Zahnbürste an, an den Nordpol oder wieder nach Hause. Und alle haben sich dafür entschieden, ohne Zahnbürste zu reisen, weil dann haben die sich halt das Nötigste gekauft und trugen zwei Wochen lang wechselweise immer nur so eine Hose.

[00:09:40]

Das war dann auch okay.

[00:09:42]

Was mich ja wirklich aus schriftstellerischer Sicht besonders begeistert hat, ist, dass sie es schaffen, die Natur, das Licht, den Schnee und das Eis immer neu und auch plastisch zu beschreiben. Und die ganzen vielen kleinen Nuancen, Malereien, praktische Frage Gehen einem da nicht irgendwann mal die Wörter aus?

[00:10:00]

Nein, ich wollte das alles streichen. Oder ich wollte immer wieder so sagen Ich habe mit meiner Lektorin und mit meiner Verlegerin dann auch gesprochen, hab gesagt So, das. Das kann man doch jetzt kürzen. Ich hab doch vor drei Seiten schon das Meer beschrieben. Und dann haben die immer gesagt Nein, nein, das ist, das ist schön, das lass das bloß drin, das ist das. Das macht das Buch auch besonders. Ich bin sehr froh, dass ich auf die beiden gehört habe, weil offenbar gibt es wirklich immer wieder neue Worte.

[00:10:23]

Und das Interessante am Meer oder überhaupt am Wasser, das ist ja hier auch auf unserm Schiff hier zu erkennen. Es ist ja nie gleich. Es ist zwar immer nass, aber es ist nie dasselbe.

[00:10:34]

Ja, und da zeigt sich dann halt eben auch die Qualität, dann halt eben das in Worten einfangen zu können. Ich hatte beim Lesen oft das Gefühl, am Panoramafenster zu sitzen und mit ihnen zusammen durch diese vereiste Landschaft zu gleiten. Und sie schreiben an einer Stelle auch relativ zu Beginn der Reise, dass sie die Kamera weggelegt haben, weil das, was sie da durch die Linse gesehen haben, man einfach nicht fotografieren konnte. Vielleicht können Sie uns dieses Phänomen mal beschreiben.

[00:10:59]

Ich kann was vorlesen.

[00:11:00]

Gern war aus einem der ersten Kapitel, das heißt auf See eins, da lese ich mal ein Stückchen heraus Forke.

[00:11:09]

Ich zog mich an, ging an Deck. Das Meer war über Nacht ergraut. Langsam verzog sich der Nebel. Doch in der gesamten Aussicht war kaum noch blau vorhanden. Offensichtlich waren der Welt über Nacht die Farben abhanden gekommen, so wie mir in meinen Bildern. Hier machte das aber nichts. Im Gegenteil. Mit einem grandiosen Selbstbewusstsein breiteten sich die matten und müden Töne um uns aus. Da war Wasser und da war Land. Und wenn man genau hinsah, fand man nichts.

[00:11:37]

Es war eine Wohltat. Du musst das machen. Da ist viel Gegend. Das kannst nur du! Hatte meine Verlegerin gesagt. Ich kannte Bilder aus dem Norden. Ich wusste von Fotos. Wie ein Gletscher aussah. Oder das Packeis. Diese gewaltige Wüste aus unregelmäßigen Formen. Schollen, die sich ineinander schoben und übereinander türmten. Eis. Felsen und gezackten Gebirgszüge. Ich hatte Bilder gesehen, auf denen die Eisberge tatsächlich aussahen wie Kathedralen mit Toren und Zinnen und Ärgern oder die Tundra, weite Flächen aus Moos und Fels und Stein.

[00:12:12]

Bilder aus der hoch Arktis, graue Steinwüste ohne jedes Leben. Doch nichts hatte mich auf das Meer und den Himmel vorbereiten können. Wir fuhren auf einem eiskalten dunkelblauen Wasser Teppich, der ständig in Bewegung war. Die Wellen veränderten ihre Form. Mal sahen sie aus wie Sicheln, dann wie spitze schiefer Platten. Als irgendwann die Sonne durchbrach, veränderten die Wolken ihre Farbe, ihre Form. Der Himmel geriet in Unruhe. Mal sah er aus, als wäre eine Lokomotive durch ihn hindurch gefahren und hätte eine Reihe weiß grauer Wolken Tupfer hinterlassen.

[00:12:48]

Dann wieder formierten sich Waare, Türme aus leuchtend weißen Schaum, Gebilden mit tiefschwarzen Rändern vor einem himmelblauen Hintergrund. Der Himmel war kein Ausschnitt mehr, so wie zu Hause. Er überspannte auch nichts. Wir fuhren durch ihn hindurch. Er würde von nun an neben dem Meer die größte zusammenhängende Masse sein, die wir sehen würden. In einer Welt, die nur noch aus Horizont bestand. Sehr beeindruckend, wie gesagt, wie Sie da die Worte finden für. Für die.

[00:13:23]

Für die Natur. Das ist ganz, ganz besonders. Dankeschön.

[00:13:26]

Und dieses Buch wirkt ja auch zwischendurch in ganz kurzen Phasen sehr persönlich. Da beschreibt die Reisende die Beziehung zu ihrer Mutter um die Verarbeitung eines ganz eigenen harten Schicksalsschlag. Was macht diese Gegend mit einem? Verführt die einen zu einer Reise zu sich selbst?

[00:13:47]

Ja und nein. Ich bin ja viel unterwegs. Und eins habe ich gelernt Man nimmt ja alles mit und jeder Reisende hat ja auch sein Päckchen dabei und und und. Bei jedem Menschen sind das halt unterschiedliche Päckchen. Was ich bei dem Buch unbedingt erreichen wollte, war Es ist ein sehr persönliches Buch, weil es einfach ein sehr persönlich persönliche Themen behandelt, die mir in meiner ganzen Arbeit immer nahe sind. Also einmal ist es dieses fremd fühlen in der eigenen Haut.

[00:14:12]

Aber auch dieser Unterschied zwischen Fernweh und Heimweh, dass man eigentlich allein auf der Welt ist, aber dass man nicht so richtig traurig. Man ist auch manchmal eigentlich ganz froh, dass man alleine ist. Und meine Figur hat sehr viel zu knapsen mit offenen Fragen und auch mit vielen Dingen, die keine Erklärung haben. Aber ich wollte das in dieser Geschichte nicht verhandeln als Hauptthema, sondern ich wollte das nur andeuten. Und genauso ist es auch in dieser Landschaft. Man hat immer die Wahl.

[00:14:41]

Man kann sich in dieser Aussicht wiederfinden. Natürlich, man kann auf einem Stein sitzen und an Zuhause denken. Man kann aber auch einfach nur auf einem Stein sitzen und sich eine Flechte oder einen Moos angucken oder darauf warten, dass ein Vogel vorbeifliegt und auch feststellen, dass das unglaublich erholsam ist und dann irgendwann merken, dass es den anderen auch so geht.

[00:14:59]

Und das Buch hat ja nach meiner Ansicht nicht nur diese persönliche Ebene. Es ist zudem ja auch ein ganz besonderer Reisebericht. Auch das hatten wir schon. Zudem ist ja auch für mich eine Art Schelmenroman, wie ich finde, der wahnsinnig lustige Seiten auch hat, im wahrsten Sinne des Wortes, und zwar wenn es darum geht, uns allen den Spiegel vorzuhalten, wie wir uns Menschen bei Gruppenreisen verhalten. Stichwort Eisbär in Sicht. Was? Was? Was? Was löst das bei diesen Menschen aus, wenn da plötzlich eine Durchsage kommt?

[00:15:27]

Eisbär Backbord voraus Na ja, das ist so ein bisschen wie auf einer Klassenfahrt wie früher. Also es gibt gewisse Dinge, die Menschen in Gruppen immer machen, egal wie alt die sind. Und wenn da einer sagt Eisberg auf Backbord, dann laufen natürlich alle irgendwie zum Eiswagen, weil da ist dann irgendwie da, wo die alle, alle lehnen sich da drüber und wollen alle das eine Foto machen, die die größte unangenehme Randerscheinung einer Gruppenreise ist. Natürlich das gut gemeinte Verteilen von den Reedereien, von leuchtenden Signal Jacken.

[00:15:58]

Verschiedene Reedereien haben blaue Jacken, andere haben orangene Jacken, was aber immer dazu führt, dass eine unglaublich schöne Gegend, die sehr karg ist und poetisch und die liegt da so im nassen Nebel und und dampft so vor sich hin. Plötzlich, wenn da ein Landgang ist, sieht die aus wie vom Blattläusen überfallen, weil die alle da rumlaufen und jeder will irgendwo eine Stelle haben, wo kein anderer ist. Und deswegen ist das in kürzester Zeit wird das Land so befallen vom Mensch.

[00:16:24]

Das ist sehr eindrücklich.

[00:16:26]

Die Figur wirkt oft sehr genervt von ihren Mitreisenden, zum Beispiel auch wenn es um die Schlacht am kalten Buffet gilt. Wie ist das Verhalten auf Kreuzfahrtschiffen? Beim Essen gibt's ja sehr viel Essen bei so einer Kreuzfahrt oder das kalte Befiehlst, das Herz des Schiffes.

[00:16:40]

Das schlägt dreimal am Tag, und zwar morgens, mittags und abends. Es wird mehrfach gegessen, natürlich immer wieder nachgefüllt. Und die Üppigkeit nimmt dann so am Tag zwei so ein bisschen ab. Da kommen dann noch gesündere Sachen, dann mal so Salat. Aber die ersten zwei Tage essen die Leute, weil die auch natürlich. Viele sind sehr aufgeregt, eine neue, neue Umgebung. Es bewegt sich, man weiß noch nicht so wo ist wo, wo schläft man und lernt Leute kennen.

[00:17:07]

Das beruhigt natürlich auch das Essen.

[00:17:10]

Der Titel verrät es ja, das eigentliche Ziel Alaska wird von der Hauptfigur nicht erreicht. Die entscheidende Passage war zugefroren die Nordwestpassage. Das hat für ziemlich viel Unmut gesorgt.

[00:17:22]

Ja, das findet sogar auch manchmal statt. Man denkt immer, der Permafrost taut. Das heißt, es ist jetzt alles Eis da oben weg. Das stimmt so nicht. Das Eis verändert sich eben. Und es ist wie gesagt immer noch keine Sonntagsfahrer, sodass manche Schiffe einfach nicht lang fahren können, wo sie lang fahren wollen und das auf Schiffsreisen jederzeit alles Mögliche passieren kann. Das wird den Leuten zwar gesagt, aber wenn sie es dann erleben. In meinem Buch erleben sie es eben und sind empört.

[00:17:50]

Dann reagieren sie mit Ärger, Unmut. Und das habe ich oft beobachtet. Das ist auf Reisen oft so, dass wenn Menschen das nicht bekommen, was sie bestellt haben, und wenn das nicht ganz genauso aussieht wie im Katalog, dann fangen sie das Meckern an oder das Vermessen oder wollen das Geld zurück oder so. Also das ist wirklich ein. Das Reisen früher war, glaube ich ein bisschen anders. Es war mir ein Abenteuer.

[00:18:14]

Was bei mir besonderen Nachhall erzeugt hat, ist die Trostlosigkeit der Orte. Der kleinen Gemeinden, die Sie da beschreiben, bei ihrem Landgang also, die die Hauptfigur dort erlebt. Diese Lakonie der Bewohner. Was? Was sind das für Menschen? Wie lebt es sich da oben? Und was macht die Umgebung mit einem, wenn man da immer wohnt?

[00:18:33]

Ich glaube, das können wir uns gar nicht vorstellen. Viele der Gemeinden, die ich besucht habe, auch auf meinen Recherchereise, also nicht nur in Nazir Wut, sondern auch in meiner Wut. So heißen die Gebiete, die kanadischen Gebiete. Die sind halt von Oktober bis Mai abgeschnitten und haben auch dann im Oktober die letzte Lieferung bekommen, entweder per Flugzeug oder per Schiff und müssen dann mit dem auskommen, was sie da haben. Sie sind eigentlich in so einem I.A.

[00:18:59]

Lockdown. Aber bei denen ist eben die große Schwierigkeit den Menschen geht's da nicht gut. Wie die wenigsten haben haben ein Auskommen. Es gibt eine hohe Arbeitslosigkeit, es gibt häusliche Gewalt in Kanada. Insbesondere sind viele Gemeinden geprägt durch das Residenzmodell Schulsystem. Das wird auch aufgearbeitet von der kanadischen Regierung und auch durch durch Reparationszahlungen in Kanada. Die machen da schon was. Aber da wurden wirklich über Jahrzehnte die Kinder der First Nations den Familien weggenommen und ihn zwang in Internaten zwangs erzogen.

[00:19:34]

Also man wollte kleinen Europäer aus den Menschen machen und hat ihnen so ein bisschen, dass das First Nation sein ausgetrieben. Also das war nicht nur bei den Inuit so, sondern auch bei den Kåre oder bei anderen. Das führt natürlich dazu, dass Generationen von Familien kaputt sind und diese Heilung kann nur lange, langsam stattfinden. Und es gibt eine hohe Rate an Pflegekindern, die gar nicht mehr bei ihren Eltern leben können.

[00:20:02]

Sie beantworten in dem Buch auch die Frage, ob die Inuit tatsächlich 100 Wörter für Schnee haben.

[00:20:09]

Das ist lustig. Das habe ich erst, habe ich gelernt. Für das hab ich gelesen bei Barry Lopes. Es ist auch ein Autor, der ein unglaublich tolles Buch über die Arktis geschrieben hat. Das heißt Arctic Dreams, der die, der induktiv tut, nochmal genauer untersucht. Das ist induktiv. Tut ist die Sprache der Inuit. Und da gibt es nicht 100 Worte für Schnee, sondern da sind Bezeichnungen, die ein bisschen ausführlicher sind, immer ein Wort, also z.B. der Schnee, der da hinten liegt.

[00:20:35]

Oder in Ihrem Fall, Herr Rupp, wären Sie der Mann mit der Brille auf der Nase, der jetzt gerade nickt, oder das Boot wäre jetzt das Boot, was gerade an der Wiese vorbei fährt. Also das ist das sind eben immer alles, alles Worte. Und insofern gibt's natürlich mehr als 100 Worte für Schnee.

[00:20:49]

Das Buch heißt ja beinahe Alaska. Kommt da noch ein zweiter Teil, nämlich endlich Alaska. Ausrufezeichen.

[00:20:57]

Da hab ich noch gar nicht dran gedacht. Das könnte man eigentlich machen. Im Moment ist es so Ich bin ja ein großer Freund von Frederick, der Feldmaus, also von der Maus, die die Farben sammelt. Und ich hab mir ja eingebildet, als Reisereportagen hab ich jetzt so viele Reisen unternommen, dass mir das gar nichts ausmacht. Jetzt mal ein Jahr lang nicht zu reisen, das stimmt natürlich überhaupt nicht. Ich habe wahnsinniges Fernweh und Alaska ist natürlich ein Ziel.

[00:21:22]

Das würde mir jetzt gefallen.

[00:21:25]

Sie beschreiben ja eine gewisse Sucht. Das darauf wollte ich jetzt auch gerade hinaus, dass wenn man sich da einmal oben aufgehalten hat, dann möchte man immer wieder zurück.

[00:21:34]

Ja, das stimmt. Bei mir war es die Ambivalenz, die mich angezogen hat. Dieser scheinbare Widerspruch zwischen einer großen Kargheit und Kälte und einer menschenfeindlichen Umgebung, aber gleichzeitig auch an einem Ort zu sein, der so unglaublich schön ist und verwundbar. Und der einen berührt und mitnimmt. Das ist etwas, was nicht jede Region der Welt hat, diese, diese. Dieses nicht Vorhandensein von ganz vielen Dingen, die einen sonst ablenken. Und mal abgesehen jetzt. Von einer unglaublichen Stille da oben.

[00:22:12]

Von. Ja, man bildet sich ja auch manchmal ein, man hatte da vielleicht Gedanken, die irgendwie ein bisschen weniger verknotet und verstaubt sind oder schon gedacht als die, die man in einer engen Großstadt hat oder auf den Trampelpfaden, die man kennt. Das war ein sehr schönes Schlusswort, Frau Waldhäusl. Vielen Dank, dass Sie an Bord der Pagani O'Bannon waren und viel Glück weiterhin für Ihr tolles Buch und ich persönlich freue mich auf die nächsten. Danke, Herr Rob.

[00:22:52]

Vielen Dank Arisu Tools Holz und vielen Dank Steffen. Schön, dass ihr mich in Richtung Nordpol mitgenommen habt. Dorthin, von wo heute Nacht schon der Weihnachtsmann aufbricht, aufbricht, um die Kinder und die Einsamen zu besuchen. Ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie ein friedvolles Weihnachtsfest in der kommenden Woche. Führen wir diese kleine literarische Serie fort. Ich freue mich darauf. Bleiben Sie mir gewogen. Es grüßt Sie auf das herzlichste. Ihr Gabor Steingart.