„Keine Freiheit ohne Verantwortung“
Steingarts Morning Briefing – Der Podcast- 1,328 views
- 1 Sep 2020
Im Interview: Manuela Schwesig
Unsere weiteren Themen:
Die Corona-Milliardenhilfen des Bundes sind bisher kaum in Anspruch genommen worden. Bislang ist nur ein Prozent der 24,6 Milliarden Euro für kleine und mittlere Unternehmen abgerufen worden.
Prof. Lars Feld, der Chef der Wirtschaftsweisen, diskutiert im Interview mit Gabor Steingart die ‘Modern Money Theory’. Feld warnt unter anderem vor der Gefahr einer Inflation.
Unsere Börsenreporterin Anne Schwedt berichtet aus New York über die Amazon-Pläne für Paketzustellungen per Drohne. Außerdem steht eine erste Entscheidung zur TikTok-Übernahme an.
Shteyngart Morning Briefing der Podcasts. Einen schönen guten Morgen allerseits! Mein Name ist Gabor Steingart, und wir starten jetzt gemeinsam in diesen neuen Tag. Heute ist Dienstag der erste September.
Groß, größer. Olaf Scholz. Also sprach unser Bundesfinanzminister Wir wollen mit Wumms aus der Krise kommen.
Doch der Bumms erreichte lediglich die mediale Schlagzeilen Industrie, nicht aber die eigentliche Zielgruppe, zumindest nicht die der Solos Selbstständigen.
Denn die wollten ja auch gern mit Wumms aus der Krise kommen. Aber von den 25 Milliarden Euro, die da für kleine und mittlere Unternehmen reserviert waren, sind bislang lediglich ein Prozent an notleidende Firmen ausgezahlt worden.
Ein Prozent also im Grunde nichts. Und wer hat das herausgefunden?
Naja, auf jeden Fall schon mal nicht der Finanzminister und auch nicht der Wirtschaftsminister, sondern die grüne Oppositionspolitikerin, die Mittelstands, Expertin Claudia Müller. Die Frau ist 39 Jahre alt, stammt aus meck-pomm und war früher vor ihrem Einzug in den Bundestag freiberufliche Reiseleiterin. Und so hat sie denn aus den Gesprächen mit vielen Selbstständigen gelernt, dass es irgendwie mit dem Mittelzufluss von oben nach unten klemmt. Irgendwie schien da ein Knoten drin.
Es ist wirklich erschreckend wenig, und es heißt nicht, dass keine Hilfe gebraucht wird. Es heißt schlicht und ergreifend Sie kommt nicht an..
Also stellte Claudia Müller eine kleine Anfrage an die Regierung. Und siehe da Der Bundesfinanzminister, der sonst seine Kritiker so gerne abriegelt Papperlapapp.
Wenn ich das mal sagen darf, war er jetzt geständig.
Und die offiziellen Zahlen von dem Rettungsprogramm, das gar nicht rettet, wurden der grünen Abgeordneten übermittelt, die dann schnell verstanden, warum das Geld nicht fließt. Weil der Staat nur Kosten erstattet und Kostenfallen nun mal an bei Firmen mit vielen Beschäftigten, aber nicht bei den Solos Selbstständigen. Und was dort an Kosten anfällt, die Lebenshaltungskosten nämlich, die zahlt das Programm natürlich nicht. Dafür, sagt der Staat, gebe es ja Hartz IV. Na ja, das findet Claudia Müller zurecht, empörend.
Und es ist wirklich absolute Fehlkonstruktion. Und dass die Selbstständigen im Regen stehen. Was ist daran besonders schlimm? Finde man unterteilt arbeitende Menschen in zwei Klassen diejenigen, die angestellt arbeiten, und diejenigen, die freiberuflich selbstständig arbeiten, die werden komplett im Regen stehen gelassen. Ich finde, das ist einfach. Aus sozialer Sicht ist das einfach furchtbar und ein furchtbares Zeichen an die moderne Arbeitswelt, die die Bundesregierung schlicht nicht verstanden hat.
Da drängt sich doch die schlitzohrige Frage geradezu auf. Vielleicht ist er ganz froh, dass die Gelder nicht abgerufen werden. Dann wird es nachher nicht so teuer.
Das möchte ich nicht hoffen, denn es geht unglaublich viel dadurch verloren. Wir brauchen ja gerade die Selbstständigen mit ihrer Kreativität. Und dann festigen wir jetzt alte Wirtschaftsstrukturen und machen auch mit den Soforthilfen und grundsätzlich mit überbrückungshilfe nichts dafür, dass wir tatsächlich die Wirtschaft weiterentwickeln an dieser Stelle. Es ist ein Festhalten am Status quo, an ein eigentlich nicht mal mehr den jetzigen Status quo, sondern dem von vorgestern.
Wenn der Minister Scholz jetzt zuhört, dann darf er seine eigenen Worte formen.
Wir wollen mit Wumms aus der Krise kommen. Spätestens jetzt kassieren. Scholz schlägt Scholz, und zwar mit Scholz, und sagt heute Morgen am besten vor seinem SPIEGEL zu sich selbst. Dieses Programm war papperlapapp, wenn ich das mal sagen darf.
Unsere weiteren Themen? Manuela Schwesig, die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, hat uns an Bord der Payerne wann besucht und gesprochen über die große Demo in Berlin. Auch wenn diese Minderheit gerade die Macht der Bilder für sich genutzt hat. Die große Mehrheit Millionen von Menschen in Deutschland halten sich gerade an die Regeln.
Außerdem Wir sprechen über eine Debatte, die unter den ökonomen derzeit die Gemüter erhitzt. Es geht um die moderne Monetary, die von unserer Börsen Reporterin Anne Schwed, die im Urlaub so viel Schimanski vertritt, erfahren wir mehr über die futuristischen Pläne von Jeff Bezos, Amazon-Chef der Zukunft seine Päckchen per Drohne zustellen. Und wir stellen ein Restaurant vor, ein Restaurant auf der Schwäbischen Alb, das von sich behauptet, dass es den kleinsten und feinsten ökologischen Fußabdruck Deutschlands besitze. Der Pionier war in unserem Redaktionsgebäude beobachten wir Politiker nicht nur, manchmal laden wir sie auch einfach zu uns.
Gestern kam Manuela Schwesig gut gelaunt zu Besuch. Die SPD-Ministerpräsidenten von Mecklenburg-Vorpommern. Mein Kollege Gordon Repin, Vize Chefredakteur unserer neuen medienmarke Pionier, hat sie in Empfang genommen und vor zahlreichen Pioniers mit ihr gesprochen. Hören wir hinein.
Wir haben alle diese Bilder gesehen, am Wochenende bei den Demonstrationen gegen die Politik hier in Berlin der Durchbruch der Demonstranten. Und dann dieser Marsch auf die Stufen des Reichstagsgebäudes, der dann abgehalten wurde von drei Polizisten. Was waren Ihre Gedanken, als Sie das gesehen haben?
Ich war erschrocken und erschüttert. Solche Bilder kenne ich und meine Generation zum Glück nur aus den Geschichtsbüchern. Und auf der anderen Seite ist es für mich der Beweis dafür, dass rechtsextreme Reichsbürger genau diese Fantasien haben, die sie da aus gelebt haben. Und eins ist klar dass wir natürlich dafür sorgen müssen, dass sich so etwas nicht wiederholt. Ich will aber auch sagen, wovor solche Leute jetzt tage und wochenlang die mediale Aufmerksamkeit haben, sollte man noch einmal ganz nüchtern auf die Zahlen und Fakten gucken, auch wenn diese Minderheit gerade die Macht der Bilder für sich genutzt hat.
Die große Mehrheit Millionen von Menschen in Deutschland halten sich gerade an die Regeln. Und wenn ich von Regeln spreche, dann meine ich auch Demonstrationen, Demonstrations und Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut. Aber es hat auch Grenzen da, wo zum Beispiel rechtsextremistische Parolen verbreitet werden und wo Angst und Schrecken verbreitet werden und wo man sich vor allem nicht an die Vorgaben von solchen Demonstrationen hält. Dann sagen Sie doch noch einmal, was für Sie jetzt der dominierende Gedanke ist, ist der dominierende Gedanke, dass da eigentlich viel zu viel Aufmerksamkeit geschoben wird auf diejenigen, die eigentlich in der Minderheit sind.
Oder ist es so, dass man tatsächlich sagen muss Das war ein massiver Angriff auf die Demokratie? Und wir müssen jetzt den Reichstag mit einem Graben, mit mehr Polizei, mit was auch immer schützen? Freiheit geht ja immer einher mit Verantwortung. Man kriegt keine Freiheit ohne Verantwortung. Das muss auch jeder wissen. Und Demonstrations und Meinungsfreiheit. Dazu gehört auch, dass man selber genau schauen muss Mit wem bin ich da eigentlich unterwegs und welche? Welche Parolen mache ich mir da zu eigen?
Das andere ist, dass es auch gute Gründe gibt, warum der Rechtsstaat bestimmte Dinge auch sichert. Daran muss ich mich halten, und das sehe ich schon mit Sorge. Da muss man hart gegensteuern. Ich bin aber nicht dafür, dass jetzt der Reichstag völlig abgeriegelt wird. Im Gegenteil, ich fand das immer hier in Berlin, und so ist es bei mir auch zu Hause vor der Staatskanzlei. Ich finde es ein hohes Gut unserer Demokratie, dass die Dinge eigentlich sehr bürgernah sind.
Also wenn man mich fragt, dann sage ich immer Der Unterschied zur DDR und heute ist, dass jeder vor der Staatskanzlei und auch vor dem Reichstag demonstrieren kann. Bei mir wird sogar manchmal gezeltet von Demonstranten, und ich bringe dann noch den Kaffee, wenn es kalt ist, runter. Das ist der große Unterschied, ist ein hohes Gut, und das, finde ich, dürfen uns jetzt solche Leute auch nicht wegnehmen. Auf der anderen Seite gilt auch der Gedanke Es ist schlimm, diese Ausschreitungen.
Wir müssen uns damit auseinandersetzen und jetzt hier und heute auch. Aber die wenigen dürfen nicht die Mehrheit, die nicht so eine Bambule macht, die nicht solche Ausschreitungen machen, sich jeden Tag an die Regeln halten. Die dürfen nicht den Eindruck haben, sie sind die Doofen, weil sie nicht vorkommen. Ich glaube, die Mehrheit in Deutschland interessiert sich gerade dafür. Wie kommen wir gesund durch die Krise? Was ist mit unseren Arbeitsplätzen? Wie geht es wirtschaftlich weiter?
Das ist ein sehr wichtiges Thema.
Aber die SPD hat neben Corona und der Arbeit in der Großen Koalition noch eine weitere Mission Sie will zurück zu mehr Relevanz, zu besseren Umfragen, zurück zum Status einer Volkspartei und der Wumms Kandidat Olaf Scholz. Kurz zu Beginn über ihn gesprochen. Der soll es jetzt richten. Der will, damit er es richten kann, von den Besserverdienern nur das Beste also.
Ihr eigener Vizekanzler, Bundesfinanzminister Olaf Scholz, plädiert dafür, dass sehr Wohlhabende gerade wegen der Coruña Folgen höhere Steuern zahlen sollten. Ist das der richtige Weg aus Ihrer Sicht?
Ja, die Debatte hatten wir schon vor Coruna. Und es ist doch völlig klar, dass wir jetzt in einer totalen großen Herausforderung sind. Wir hatten ja. Ich sage mal Haben wir uns auch zur deutschen Einheit damals entschieden? Diese Herausforderung mit zusätzlichen Mitteln zu unterstützen. Und ich finde, jetzt ist es doch erst recht gerechtfertigt zu sagen, dass die, die sehr, sehr wohlhabend sind, auch einen zusätzlichen Beitrag leisten, also eine Art Coruna Soli, bevor der Soli überhaupt ganz abgeschafft wurde.
Er wird ja definitiv zum 1. 1. für 90 Prozent der Einkommen abgeschafft. Und das soll nach wie vor richtig und wichtig. Aber man darf schon mal drüber nachdenken, ob nicht die oberen 10 prozent mehr bezahlen müssen.
Und wer mit Manuela Schwesig spricht, der denkt unwillkürlich an die Stärke, mit der sie ihre persönliche Erkrankung zur Kenntnis genommen, sie dann gemeistert und sich ins öffentliche Leben zurück gekämpft hat. Auch darüber hat sie, und zwar aus freien Stücken, von den Anwesenden Auskunft gegeben. Auch Sie haben ja im kommenden Jahr Wahlen vor sich in Mecklenburg-Vorpommern, Sie haben sich zugleich zurückgezogen von Ihrer Bundesämter nicht mehr Bundesfinale. Ist das eine Entscheidung für immer und ewig? Oder sagen Sie, das ist jetzt eine Entscheidung für den Moment, dass ich mich auf Mecklenburg-Vorpommern konzentriere, je nachdem, was ich im letzten Jahr erlebt habe.
Und fast auf den Tag genau jetzt die Konfrontation mit der Diagnose Krebs, die im letzten Jahr bekommen hat, nachdem, was ich alles in diesem Jahr erlebt habe. Erwarten Sie nicht von mir, dass ich zu irgendeiner Frage sage, was auf immer und ewig ist, sondern ich kann sagen, wie es jetzt handhabe. Und zwar, dass ich mich auf das Amt der Ministerpräsidentin im Land konzentriere. Und ich bin beratendes Mitglied des SPD-Präsidium. Ich habe den Eindruck, dass ich über diese Rolle und auch meine Rolle zum Beispiel als Vorsitzender des Vermittlungsausschusses genug Einflussmöglichkeiten auf die Bundespolitik habe.
Man muss nicht immer dafür ämter inne haben. Vielleicht reicht manchmal auch einfach das Vertrauen in meine Position. Sie haben Ihre Krebserkrankung selber angesprochen. Im Juni dieses Jahres wurde das als geheilt erklärt. Das heißt also auch ein sehr anstrengendes und fundamentales Jahr für Sie einfach zu Ende gegangen. Hat sich Ihr eigener Blick auf Politik auch verändert? Es gibt ja immer die Frage Mache ich jetzt etwas anders? In der Coruña Krise? Durch diese Erfahrung. Ich kann sagen, dass ich jede meiner Entscheidungen auch ohne die Krebserkrankung getroffen hätte.
Aber was schon eine solche Diagnose und der Kampf gegen eine solche Erkrankung macht, ist, dass man. Ich bin gestärkt daraus hervorgegangen und gleichzeitig demütiger, gestärkter in dem Sinne, dass ich erfahren habe, was man auch wirklich schaffen kann, wenn man zuversichtlich bleibt, wenn man natürlich auch die Familie und die Freunde und die Unterstützer hat, die in so einer schweren Zeit helfen. Gleichzeitig aber bin ich demütig davor, dass es echten Riesenglück ist, wenn man eigentlich sagen kann, man ist gesund, man lebt in diesem demokratischen, freiheitlichen Land.
Mir ging es immer so, dass ein guter Bekannter zu mir gesagt hat, nachdem ich meine Erkrankung öffentlich gemacht habe, so Mano, und jetzt musst du etwas ganz Tolles vornehmen als Motivation. Du musst dir eine tolle Radtour oder einen Berg besteigen, und dann hab ich immer nur gesagt Nicklaus, Ich will mir gar nichts vor. Ich will eigentlich nur, dass mein Leben so weitergeht. Ich habe eine tolle Familie. Ich habe das große Glück, am 30. Jahr der deutschen Einheit eins der vermeintlich neuen Bundesländer führen zu dürfen.
Und wenn es genau so bleibt, dann ist alles gut für mich. Politik und der Umgang mit Krankheit ist eine eigene Geschichte.
Viele Politiker versuchen, Krankheiten, so weit es geht, aus der öffentlichkeit fernzuhalten. Sie haben sich anders entschieden, womöglich gar nicht anders ging. Aber ich frage Sie Was war Ihr persönlicher Ansatz? Warum haben Sie sich dann so entschieden, das so zu machen, wie Sie es getan haben? Also ich bin immer dafür, die Karten offen auf den Tisch zu legen. Die Leute, die mit mir zusammenarbeiten, wissen, dass das nicht immer bequem. Aber darum geht es ja auch nicht.
Ich bin dafür, dass die Bürgerinnen und Bürger wissen, woran sie sind. Und natürlich war es eine große Herausforderung, die Krankheit zu bekämpfen und trotzdem meinem Amt gerecht zu werden. Deswegen habe ich mich auch klar entschieden, das Amt der kommissarischen Parteivorsitzenden abzugeben. Und auch wenn damals viele gesagt haben, er sei doch froh Der SPD geht es eh nicht so gut. Ich habe es immer gerne gemacht. Die SPD ist unabhängig von Umfragen meine Partei, für die ich auch gerne in Verantwortung gestanden habe.
Gerade in schweren Zeiten. Das war für mich persönlich ein schwerer Schritt. Aber er war konsequent und richtig, damit ich genau die Kraft hatte, für den Kampf gegen den Krebs und auch mein Amt weiter gut auszufüllen. Und zum Schluss ist ja die Krise dazugekommen. Das war eine sehr schwierige Kombination. Krebs und Coruna ist dann doch ganz schön eine Hausnummer. Da bin ich dann auch froh, dass sich da gut abschließen konnte. Und jetzt gilt alle meine Kraft, auch das Bundesland, weiter gut durch die Krise zu führen.
Und deswegen war es mir von Anfang an wichtig, auch offen mit umzugehen. Und ich war positiv überrascht, dass ich dafür eigentlich fast nur gutes und unterstützendes Feedback bekommen habe.
Danke an Manuela Schwesig für den Besuch und für die offenen Worte, die für uns alle. Ich glaube, das kann ich so sagen. Heute Morgen auch alle Tröstung. Ein alter Kalauer unter ökonomen lautet Das Geld ist niemals weg, es ist nur immer anders. Aber wo kommt das Geld eigentlich her? Darüber streiten sich ökonomen und Politiker jetzt wieder ganz besonders. Es haben sich zwei Lager herausgebildet, schärfer und polarisiert, vielleicht noch als in der Vergangenheit. Da sind zum einen die klassischen ordoliberalen Wirtschaftswissenschaftler, die sagen ganz getreu der Ludwig Erhard Schule und von Müller-Armack gelernt ist gelernt.
Geld ist ein Wert, der erwirtschaftet werden muss. Wer also ohne Gegenwert dauerhaft die Welt mit Geldscheinen aus der Notenpresse flutet, der erntet Inflation. Also der bezahlt mit der Entwertung des Geldes. So weit, so bekannt. Die andere Strömung, die jetzt wiederum sehr selbstbewusst auftritt, sagt Nein. Defizite sind nicht so schlimm. Da der Staat das Monopol zum Gelddrucken besitzt, soll er es auch tun. Und zwar reichlich, damit er seine vielen Staatsaufgaben auch erledigen kann.
Die Inflation kein Problem wird dadurch verhindert, dass der Staat das von ihm gedruckte Geld durch von ihm erhobene Steuern auch wieder einziehen kann.
Modern Monetary Theory nennt sich das Ganze. Und das hat Zulauf z.B. bei linken Demokraten in den USA. Alexandria Ob Casio, Cortés und auch Bernie Sanders sind zwei prominente Vertreter. Ich habe dieses Thema auch mit Professor Lars Feld besprochen, dem Chef der Wirtschaftsweisen, den Sie schon gestern Morgen haben. Aber diesen Teil des Gesprächs über das Abrücken der amerikanischen Notenbank vom strengen Inflationsziel. Und ob das Ganze, was mir der modernen Monetary Theory zu tun haben könnte? Das hören wir jetzt exklusiv.
Wie stehen Sie dieser modernen Theorie gegenüber?
Sehr skeptisch. Wir sehen schon diese Diskussionen, die in die Richtung gehen. Nach der Vorstellung, dass die Notenbank im Grunde die Zahlungsfähigkeit des Staates sicherstellt und sich die Finanzpolitik eigentlich nur noch um Beschäftigung und produktionslücke kümmert. Das ist die Vorstellung dahinter. Das ist meines Erachtens erstens nicht neu, sondern wurde im Grunde schon Mitte der 80er Jahre diskutiert. Es gibt dieses berühmte Buch von Abba Lerner, der damals die sogenannte funktionale Finanzpolitik verlangt hat, die vollständig auf Beschäftigung ausgerichtet sein sollte, auf Vollbeschäftigung.
Und genauso ist die Matthey ausgerichtet. Der Unterschied, den wir feststellen müssen, ist, dass in den vergangenen zehn Jahren trotz der sehr, sehr starken Liquiditätsschwemme in der Wirtschaft im Grunde die Inflation ausgeblieben ist, und zwar nicht nur im Euro-Raum, sondern auch in anderen Regionen dieser Erde. Und das ist Anlass für die Diskussion. Meines Erachtens wird dabei vergessen, dass wir nach Bankenkrisen, wie wir sie 2009 hatten, immer auch Schwierigkeiten bei der Kreditvergabe bestehen. Und wenn die Banken wenig Kredit aushändigen, dann wird auch letztlich in der Wirtschaft nicht viel Nachfrage geäußert werden können.
Und die Inflationsrate bleibt niedrig. Das muss jetzt nach Coruna nicht so sein, denn es ist eine realwirtschaftliche Krise, die wir haben, die auch das ein oder andere Unternehmen auf der Strecke lässt. Und da werden wir vielleicht auch Schwierigkeiten haben, Preissteigerungen zu unterbinden.
Und wenn man den Aktienmarkt mal mit einbezieht in den Warenkorb, dann kann man doch zum Teil nur den Kopf schütteln über diese Form der Entkopplung. Wir haben zu tun mit einem Unternehmenssektor, der wirklich in großen Schwierigkeiten steckt, was Umsatz und Gewinn, also die harten Kennziffern, angeht. Und trotzdem melden fast alle Indizes und sehr, sehr viele Einzelunternehmen Höchststände.
Das hat sicherlich damit zu tun, dass wir von staatlicher Seite sowohl Geld als auch finanzpolitisch sehr, sehr viel Liquidität in die Märkte fließen, also auch weltweit. Das machen ja im Moment alle entwickelten Volkswirtschaften und auch die Schwellenländer. Aber im Grunde beunruhigen mich die Aktienmärkte noch sehr, sehr wenig. Denn wenn man dann irgendwann feststellen müsste, dass eine Korrektur notwendig ist, dann werden die Aktienwerte runtergehen. Und die Leute, die mit ihrem Eigenkapital am Aktienmarkt aktiv sind, werden auch entsprechende Korrektur in der Höhe ihres Vermögens Bestandes hinnehmen müssen.
Aber insgesamt kann man doch feststellen, dass die Kreditschöpfung und die Geldschöpfung der letzten Jahre verliert. Das Verschämte, dass man es als Ausnahme empfunden hat, dass man wieder zurück wollte zu normalen Zinssätzen, das Geld wieder einen Preis bekam. Die. Geld Theorie das ja zu einem Dauerzustand machen und sagt Ja, bisher ist ja gar nichts passiert, wie Sie es ja auch gesagt haben bei der Inflation, unserer Hauptgefahr, die wir bisher gesehen haben. Und deswegen können wir das jetzt perpetuieren?
Ja, manche denken so Ich empfinde die Veränderungen der amerikanischen Geldpolitik nicht wirklich eine Orientierung an dieser neuen Strömung, sondern man nimmt die letzten zehn Jahre zum Anlass zu sagen Wir waren vielleicht im Hinblick auf unser Beschäftigungs Ziel, das ja Teil des Mandats der Fed ist. Waren wir zu zurückhaltend? Und wir müssen das jetzt höher gewichten. Und dann schauen wir mal weiter und gehen deswegen auf dieses durchschnittliche Inflationsziel. So wird das ja letztlich auch von Pavel begründet. Er geht ja jetzt nicht ins Lager der Empty über.
Das wäre auch schlecht für seine persönliche Glaubwürdigkeit. Aber hört man da die Nachtigall trapsen?
So weit würde ich nicht gehen, dass man die Nachtigall trapsen hört. Denn auf der anderen Seite ist das normal, auch das Mandat der Fed. Im Unterschied zur EZB ist sie nicht in der Hierarchie, bei der die Preisstabilität ganz oben an oberster Stelle steht, sondern muss immer auch Beschäftigung mit abwägen auf der gleichen Ebene.
Umso mehr habe ich mich gewundert, da ich das ja weiß. Da alle ökonomen das auch wissen, dass hier tatsächlich nicht die eine Fixierung auf das eine Ziel so stark ist Geldmenge, Steuerung, Inflation wie bei uns, wäre doch diese nach Justierung, diese Klarstellung, dass die Inflation nicht diese Bedeutung für die Geldpolitik der USA hat. Doch vielleicht gar nicht nötig gewesen.
Da bin ich nicht so sicher, ob das nicht nötig ist. Ich will Ihnen die Argumente nicht ausreden an der Stelle. Wir werden ja abwarten müssen, was am Ende passiert. Ich sehe schon und befürchte schon, dass wir auf die Art und Weise auch in den USA deutlich höhere Inflationsraten in den nächsten Jahren sehen werden. Und das wird ja auch Auswirkungen haben auf die Weltwirtschaft, indem Wechselkurse und anderes mit beeinflusst werden. Mal abwarten, was das am Ende bedeutet.
Aber ich sehe zumindest keinen Anlass, dass wir das in Europa in irgendeiner Form kopieren sollten.
Ich versuche mal, über die Politik der EZB zu ziehen. Das Mandat der EZB ist ja eindeutig. Es muss nicht geändert werden.
Meines Erachtens auch. Der ökonom Dr. Daniel Stelter, einst Chef der Boston Consulting Group hier in Deutschland, bespricht in der neuesten Folge seines Podcasts Biernat die App, wie es ein Teilnehmer originell, im übrigen dieses Thema Tee und seinen Gesprächspartner ist. Dirk ENS, ein leidenschaftlicher deutscher Vertreter der Fraktion. Und der erklärte uns jetzt nochmal, was diese Theorie in den Grundzügen für ihn bedeutet.
Ich denke mal, die wesentliche Erkenntnis ist, dass es quasi im Geldsystem zwei Spieler gibt in Anführungsstrichen. Das heißt, einer gibt es den Schöpfer des Geldes. Das ist die Zentralbank in den meisten Systemen, und die Zentralbank kann auch über ihre Käufe von Staatsanleihen, beispielsweise das Finanzministerium, ebenfalls sein Schöpfer der Währung, aufwerten. Das andere ist die Sicht, aus der wir sozusagen das Geld betrachten, das heißt die individuelle Sicht der Währung. Und was sehr stark deutlich macht, ist, dass dem Staat das Geld nicht ausgehen kann, weil der Staat das Monopol auf die Geldschöpfung hat.
Das heißt also, dass das Monopol der Geldschöpfung beispielsweise in der Eurozone bei der EZB liegt? Es ist wahrscheinlich allen bekannt, aber die Frage ist natürlich Was folgt daraus?
Das klingt jetzt für ökonomen der klassischen Theorie erstmal ein wenig abenteuerlich, denn es ergeben sich dazu natürlich eine Menge weiterer Fragen. Auch für Daniel Stelter, die er im Gespräch kritisch vorträgt Quasi aktiv ist Der Staat gibt mehr Geld aus.
Das gibt mehr Sicherheit, auch die privaten Banken mehr Geld zu verleihen. Während sich im Vermögenspreise Entwicklungen völlig ausgeblendet.
Oder wie sollte man damit umgehen, wenn man es die Vermögenspreise angucken und sagen Das ist eher eine Folge von Leverage und von Finanzmarktregulierung als eine Folge von üblichen realwirtschaftlichen Phänomenen?
Das ganze spannende und natürlich sehr kontroverse Gespräch zur modernen Monetary Theory hören Sie in der neuen Folge von Daniel Stelter. Björn, die ab jetzt überall da, wo es Podcasts gibt, und in der Morning Reading App ja sowieso. Und danach wissen Sie wenigstens, warum Sie gegen die wundersame Geldvermehrung sind. Und was?
Gabor ist eigentlich heute in der Hauptstadt los? Na ja, wenn es Probleme gibt, dann denkt man sich auch in der Hauptstadt gern einen neuen Posten aus. Ein Posten für einen neuen Beauftragten. Und bei mir ist jetzt Michael Bröker von der Pionier. Und Michael? Was für ein Beauftragter wird denn da jetzt schon wieder neu installiert?
Aus meiner Sicht endlich mal einer, der es wirklich wert ist, installiert zu werden, nämlich ein Beauftragter für die Opfer des SED-Regimes, rechtzeitig 30 Jahre nach der deutschen Einheit. Es endlich im Bundestag einen Ansprechpartner geben für all jene, die unter dem SED-Regime gelitten haben. Er soll eine Funktion bekommen, wie der Wehrbeauftragte des Bundestages Ansprechpartner sein, öffentlichkeit herstellen und dann vielleicht auch die richtigen Debatten lenken. Er heißt Egon Krenz. Nein, der Name steht noch nicht fest.
Das Gesetz muss erst durchs Kabinett, dann von den Fraktionen beschlossen werden. Und dann wird diese Person noch gesucht. Und die Linken sind auch dafür? Das wird sich zeigen. Ich bezweifle das aber sehr, denn sie finden ja noch nicht einmal, dass die DDR ein Unrechtsstaat war. Also werden Sie sicherlich auch keinen Beauftragten installieren wollen, der diesen Unrechtsstaat aufarbeitet.
Und mehr dazu auf der neuen Medien. Plattform Pionier? Punkt.
Und was war heute Nacht an der Wall Street los?
Amazon plant ja schon seit einiger Zeit eine eigene Fluggesellschaft, die primär nur schick Jeff Bezos statt Flugzeugen Drohnen in die Lüfte. Denn er befördert ja gar keine Passagiere, sondern am liebsten Pakete. Das ganze Projekt scheint schon sehr ausgereift. Der nächste Schritt sollte eine offizielle Genehmigung und damit Absegnung der amerikanischen Luftfahrtbehörde sein. Näheres weiß jetzt unsere Börsen. Reporterin in New York Anne Schwed. An wunderschönen guten Morgen, alle Guten Morgen, Gabor!
Die Behörde hat dazu tatsächlich ihren Segen gegeben, oder? Ja, genau. Und das als echten Meilenstein für Amazon. Mit der Genehmigung hat Amazon jetzt die Erlaubnis, Pakete mit kleinen Drohnen zu transportieren und dem Empfänger effizient zuzustellen. Ganz ohne Postbote soll es im nächsten Schritt mit ersten Kunden Lieferungen getestet werden, erst mal mit kleinen Paketen und in ländlichen Gebieten. Ziel ist es, dass Kunden mit Primer ihre Bestellungen innerhalb von 30 Minuten oder weniger bekommen. Bis es tatsächlich soweit ist, kann es zwar noch etwas dauern, aber mit der Genehmigung ist Amazon dem Ziel jetzt schon mal echten großen Schritt näher gekommen.
Dann lasst uns doch jetzt noch über die gerade bei jungen Menschen so beliebte Social-Media-Plattform Tock sprechen. Da kreist die Berichterstattung in den letzten Wochen ja von Verbot bis übernahme. Und heute könnte ein entscheidender Tag werden, wie es mit tickte weitergeht.
Oder tatsächlich zumindest, wenn man Insidern glauben will, die sagen das Ticket wohl bereits entschieden hat, an wen die Mutterfirma bei seiner Tinktur Geschäftszweige in den USA, Neuseeland und Australien verkaufen will. Und schon heute könnte dieser Deal verkündet werden. Wahrscheinlich bekommt entweder Microsoft in Zusammenarbeit mit Walmart oder die Softwarefirma Oracle den Zuschlag. Der Verkaufspreis wird wohl zwischen 20 und 30 Milliarden Dollar liegen. Der Deal könnte jedoch noch von der chinesischen Regierung gestoppt werden. Die muss im Verkauf nämlich zustimmen.
Falls der Deal nicht bis zum 20. September zustande kommt, will die US-Regierung Tick tock in den USA komplett verbieten.
Was hatte ich heute Morgen wirklich überrascht? Das ist auf der Schwäbischen Alb ein Restaurant, das tatsächlich behauptet, die nachhaltigsten Gerichte des Landes zu servieren. Jede Zutat ist mit ihrer CO2-Bilanz auf der Karte aufgeführt, und die Karte kann sich sehen lassen. Denn der Küchenchef Simon Tres legt Wert darauf, dass all seine Zutaten für seine Fünf-Gänge-Menü aus dem Umkreis von nur 25 Kilometern stammen. Das ist ambitioniert, aber auf der Schwäbischen Alb immerhin doch umsetzbar. Umweltfreundlichste Teller allerdings ist der, auf dem nichts drauf ist.
übrigens Bei der Weinkarte wird großzügig auf die 25 Kilometer Regel verzichtet.
Frankreich und Italien liegen bekanntermaßen außerhalb dieser CO2 Bannmeile. Gott sei Dank ist der Umwelt bewegte Gastronom kein Dogmatiker.
@scaver geht eigentlich gar nicht, dass Lidl die deutsche Supermarktkette drauf und dran ist, dem Lieblings Kino von John Lennon in Liverpool den Garaus zu machen. Das Abi ist ein Art déco Bau aus dem Jahr 1939 und steht jetzt zwar seit einigen Jahren leer, und Needle würden dort gerne mit einer neuen, wahrscheinlich wunderschönen Filiale einziehen. Das löst Proteste aus. Die kennt man auch in England. Die großen Tageszeitung haben alle schon berichtet, dass ehemalige John Lennon Kino könnte so die nicht ganz unberechtigte Befürchtung entweiht werden.
Per Online-Petition setzt man sich jetzt für den Erhalt des Kinos ein. Und ein Twitteraccount Save the Aby gibt es auch schon. Was jetzt noch fehlt, ist die Einsicht des deutschen Konzerns. Oder um es mit den Beatles zu sagen Erleide help from my friends.
Ich wünsche Ihnen einen humorvollen Start in diesen neuen Tag. Bleiben Sie mir gewogen. Es grüßt das Herzlichste. Gabor Steingart.